NEUE EINHEIT Internet-Statement  #9/98
 
 
Im Kosovo-Konflikt lauert eine Falle !
 
Über die Heuchelei der NATO-Propaganda
 

Die Vorbereitungen für einen Einsatz der NATO im Kosovo und gegen Serbien laufen auf vollen Touren. Zugleich wird für diesen Einsatz der NATO, die bisher noch nicht einmal über ein Mandat der UNO verfügt, also mit nichts anderem als der unmittelbaren selbstherrlichen Anmaßung arbeitet, auf allen Kanälen der Medien die große Trommel gerührt. Man wolle die Flüchtlinge der Kosovo-Albaner vor dem Verhungern und Erfrieren bewahren, so heißt es.

Es wird aber damit ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Und die Befürchtung, daß hier in Wirklichkeit vielmehr die Interventionsrolle in vielen anderen Unruheherden vorbereitet werden soll, drängt sich dem politischen Erfahrenen umso mehr auf. Dabei treten sog. "Demokraten" in einer besonderen Weise hervor, die in Wirklichkeit die krudeste militärische Intervention auf der internationalen Ebene, ohne jede Legitimation, als das selbstverständlichste Recht einführen. In Wirklichkeit ist der Schutz eines wackeligen Kapitalismus, der jeden Monat Millionen Opfer kostet, und auch der Schutz der Machtstrukturen, die gegenwärtig existieren, das Gebot dieser Leute. Aus Deutschland waren der designierte Bundeskanzler Schröder (SPD) und der Sprecher der Grünen, Joschka Fischer, zu Bill Clinton gereist, um diesen Einsatz vorzubereiten. Die Grünen, die früher einmal mit dem moralischen Zeigefinger gegenüber allen Linken gekommen sind, man solle jeder Art von Gewalt abschwören, planen als erstes einen Angriff mit unmittelbarer Gewalt. Schon vorher ist der bisherige "Verteidigungs"-Minister der CDU, Volker Rühe, auch ein früherer Pazifist, in besonderer Weise für die militärische Intervention eingetreten.

Wir meinen aber, daß man diesen gefährlichen Präzedenzfall attackieren muß. Allerdings muß auch die serbische Führung unter Druck gesetzt werden, nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen. Es war ihre frühere Politik der Konzentrationslager, der Massenvergewaltigungen und der abscheulichen Massenmorde an Zivilisten, die dieser gefährlichen Politik der NATO den Vorwand liefern soll. Entschieden muß aber unterstützt werden, daß Kosovo ein historischer und ein zentraler Bestandteil Serbiens ist. Eine Lösung mit einem selbständigen Bundesstaat Kosovo würde letztlich auch auf eine Abtrennung hinauslaufen. Nach der Rolle, die die albanische Bevölkerung in der Vergangenheit gespielt hat, muß man auch befürchten, daß sie bei einer Unabhängigkeit in keiner anderen Weise die serbische Minderheit behandeln, als es jetzt umgekehrt ist .

Sicherlich hat Serbien die Provinz Kosovo mit ihrer mehrheitlichen albanischen Bevölkerung seit dem Jahre 1981 stark mißhandelt. Bereits zehn Jahre, bevor es zu den Aggressionen gegen Slowenien, dann gegen Kroatien, dann zu dem Krieg in Bosnien kam, gab es Mißhandlung der Albaner im Kosovo. Die Sache steht allerdings auf einem komplizierten geschichtlichen Hintergrund. Wenn aber die NATO zum Bombenterror gegen Kräfte, die ihnen mißfallen, übergehen kann - haben diese nun richtig gehandelt oder nicht -, dann werden diese Hauptkräfte der internationalen Ausbeutung, die Missetaten an vielen Punkten der Welt dulden und durch die Hinterhand mitschüren, sich ermutigt fühlen, auch in Zukunft in der gleichen Weise in anderen Zusammenhängen aufzutreten. Wir verurteilen diese Bemühungen und fordern, daß der Konflikt auf dem Verhandlungswege gelöst wird.

Es ist doch zu auffällig: als zuerst der Krieg z.B. gegen Kroatien wütete, als in Ostslawonien ungeheuerliche Grausamkeiten passierten, wurde keinerlei Idee geäußert, insbesondere nicht von Großbritannien und den USA und auch nicht von Deutschland, irgendwelche kriegerischen Maßnahmen zu ergreifen. Als der fürchterliche angestiftete Massakerkrieg in Bosnien wütete, bei dem es zu Verbrechen von allen Seiten kam, aber insbesondere auch von der serbischen Seite, gab es noch nicht einmal die Idee einer militärischen Intervention. Großbritannien stand damals im Grunde mehr oder minder mit Sympathien auf Seiten Serbiens, und die USA standen anfänglich ebenfalls auf serbischer Seite, dann später etwas stärker auf bosnischer Seite; Deutschland stand mit seinen Sympathien stärker auf der bosnischen Seite.
Die NATO übte eine militärische Blockade aus, die vor allem die damals am meisten gequälte und waffenmäßig unterlegene Nation, Bosnien, traf, da dieses nicht über die Rüstungskapazitäten wie Serbien verfügte. Der Krieg zog sich somit geduldet und vom Fernsehen kommentiert mit den schwersten Verbrechen über vier Jahre hin.
Unter direkter Beobachtung von holländischen UNO-Soldaten, die angeblich eine Schutzzone zu gewährleisten hatten, wurde noch 1995 das Massaker von Srebrenica begangen, das größte Massaker seit dem Zweiten Weltkrieg. Erst ganz am Ende des Krieges, als dessen Ergebnisse schon feststanden, wurden Beschlüsse über Militärintervention gefaßt und die eine oder andere bedeutungslose kleine Luftwaffenaktion - gegen die bosnischen Serben - durchgeführt.

In dieser Zeit übrigens, als diese scheußlichen Kriege liefen, waren Albanien und Kosovo-Albanien ein wesentlicher Pfad, über den die Waffenlieferungen und Schmuggel und damit entscheidende Versorgungswege Serbiens liefen. Und dies doch, obwohl andere Nationen einen anfänglich verzweifelten Krieg gegen die serbische Übermacht führten. Man muß sich fragen, welche Rolle der albanische "Untergrund" in dieser Phase des Krieges spielte.

Jetzt soll um Kosovo-Albaniens willen ein Exempel statuiert werden, daß die NATO ein Bombardement starten kann, das den Weltfrieden gefährden kann, mit Sicherheit aber in keiner Weise in der Welt die Zahl der Greueltaten und Kriege vermindert. Die USA, Großbritannien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und andere Staaten sind keine Weltpolizisten und sollten in dieser schmutzigen Rolle bekämpft werden!

Diese Mächte sind im Gegenteil die Garanten einer internationalen Ordnung, die überall unter kapitalistischen Vorzeichen Verbrechen, Hunger und ein noch nicht dagewesenes Elend produziert. Ist nicht die jetzt kommende Krise, die den gesamten Kapitalismus zu erfassen droht, in Asien aber bereits jetzt ganze Länder erfaßt hat, eine Aufgabe, die zu bewältigen ist? In Indonesien hungern 80 Millionen Menschen. Im heute kapitalistischen Rußland sind es auch schon sehr viele.
Es gibt in vielen Ländern einen Absturz ganzer Schichten. Sollen sich diese Mächte, die dies alles zu verantworten haben, hier hinstellen und jetzt einen Krieg angeblich zur Bestrafung von Greueltaten führen? Das ist in jeder Beziehung unglaubwürdig.
Deswegen verlangen wir, daß vom Bombardement und der darum laufenden Heuchelei Abstand genommen wird!

Zweifelsohne muß man die serbischen historischen Rechte beachten. Warum wird überhaupt von dem serbischen historischem Recht gesprochen?
Es kann nicht außeracht gelassen werden, daß Serbien durch die frühere osmanische Türkei und deren Hilfstruppen, die vorwiegend aus Albanern bestanden, jahrhundertelang in seiner Entwicklung geschädigt worden ist, und daß das "Amselfeld" (Kosovo) eben auch heute noch für die Serben ein Symbol dieser Unterdrückung ist. Die türkisch- osmanische Herrschaft bedeutete jahrhundertelang auf dem Balkan die Unterdrückung von Völkern, die eine höhere Entwicklung hatten als diese militaristischen Usupatoren selbst.
Kann dies aber heute noch von Wichtigkeit sein bei der Beurteilung der Lage? Kann man der albanischen Bevölkerung von heute Vorhaltungen machen? Zweifelsohne eine schwierige Frage, die Ausgeglichenheit erfordert.

Schließlich kann man auch die Rolle des islamischen Fundamentalismus und seine aggressive Wühltätigkeit nicht außer acht lassen. Er ist in ganz Europa zu einem Phänomenen geworden. Auch er tritt übrigens unter der Maske von Anti-Kapitalismus und Anti-Finanzwucher auf, und verspricht so, den Menschen gegen Imperialismus und sogenannten Kommunismus Halt zu geben. In Wirklichkeit ist er überall eine Reserve der Reaktion. Von ihm geht zuweilen eine regelrechte Infiltration und Intervention innerhalb anderer Gesellschaften aus. Er muß bekämpft werden. Die Kosovo-Frage hat also durchaus eine Dimension, die nicht nur Serbien, sondern auch andere europäischer Staaten und sogar die Weltpolitik betrifft.

Was steht an? Man muß sich zusammensetzen und Aktionen planen. Eine bestimmte Richtung unter den Linken, die früher die serbischen Verbrechen gedeckt hat und jetzt über die NATO-Absichten kaum ein Wort verlieren mag, muß dabei scharf verurteilt werden.

Redaktion NEUE EINHEIT
10.10.98