Internet Statement 2001-11

Der neue Krieg auf dem Balkan

Was hat der Krieg in Mazedonien mit dem Castor zu tun?

Im Gebiet von Tetovo/Mazedonien ist wieder Krieg, und es ist kein Ende dieser Auseinandersetzungen abzusehen. Was war es noch, was die Medien und die Politiker aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland vor ziemlich genau zwei Jahren geschrien haben, als der Krieg gegen Jugoslawien begründet werden sollte? Der Krieg liege einzig und allein an Milosevic und habe das einzige Ziel, gegen Milosevic und seine Gruppe die Menschenrechte durchzusetzen; hunderte Male wurde das wiederholt. Milosevic ist jetzt abgesetzt, ist eine persona non grata in Jugoslawien, das unter dem Druck des Boykotts und der faktischen Hungererpressung mehr oder minder in allem der NATO gefügig ist, zumindest was Djindjic angeht, und trotzdem herrscht Krieg, und zwar von seiten derjenigen Nationalität zuerst, die man angeblich vor dem "Völkermord im Kosovo" retten mußte. Die gleiche UCK, die damals schon kritisiert wurde, führt jetzt Krieg in Mazodonien zur Zersplitterung des dortigen Staates.

Und welchen Inhalt hat der Krieg der Albaner insgesamt? Unterstützt er das weltweit zunehmende Aufbegehren gegenüber der ökonomischen Ausplünderung der Welt und ihrer zunehmenden Zweiteilung in Arme und Reiche, die sich radikaler zeigt als je zuvor, unterstützt er Streikbewegungen? Nein, er unterstützt sogar lauthals diejenige Seite, die als Inbegriff für die Garantie dieser sogenannten Weltordnung steht. Die Albaner laufen mit NATO-Fahnen herum und haben sich zu Handlangern der Ölkonzerne und ihrer Interessen gemacht. Und amerikanische Zeitungen berichten Schlimmes darüber, daß der Kosovo sogar zu einem Zentrum des Menschenhandels geworden ist, in dem Menschen aus dem Mittelmeerraum, aus Osteuropa sowie aus den asiatischen Ländern "vermittelt" werden. Die gleichen Kräfte fangen weitere Spaltungen in anderen Ländern an. Da stellt sich doch jedem die Frage: Wie ist das möglich in einem Lande, das doch von der NATO streng kontrolliert wird?.

Die NATO hat erklärt, daß sie die Verteidigung der Integrität des Territoriums Mazedoniens unterstütze. Aber wenn man sieht, wie sehr die UCK diesen faktischen Angriff über die Grenze in Richtung Mazedonien vorbereiten konnte, dann kommen einem Zweifel daran, inwieweit das wirklich die Stellung der NATO ist, oder ob diese nicht doch die UCK auch in dieser Sache unterstützt. Daß die NATO jetzt die Unterstützung Mazedoniens erklärt, hat in Wahrheit damit zu tun, daß Mazedonien jetzt sieht, was es davon hat, daß es den anti-jugoslawischen Krieg unterstützt hat - jetzt steht seine eigene Aufsplitterung auf der Tagesordnung.

Es gibt zumindest Hinweise darauf, daß aus mehrerlei strategischen Interessen der Balkan weiterhin langfristig unter NATO-Kontrolle bleiben muß und die Albaner dabei eine wichtige Rückenstütze bilden. Die strategischen Interessen umfassen auch Pläne, den Balkan durch Pipelinebau für die Nutzung der Erdölvorkommen der ehemaligen GUS-Staaten, des Schwarzen Meers und des Kaukasus zu verwenden. Es ist die typische alte Politik der USA zusammen mit bestimmten Verbündeten, sich auf das Öl zu verlassen. Das war immer gleichzeitig die Politik, die diese Staaten buchstäblich auf territoriale und kriegerische Abenteuer verpflichtet und ihnen eine direkt aggressive Haltung gegenüber kleineren Staaten und Zwischenregionen nahelegt.

Die Kriegsmanöver, an denen auch die Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist, müssen schärfstens verurteilt werden. Welche Absurdität, daß ein paar rollende Castor-Behälter in Deutschland die tagelange Aufmerksamkeit erringen, während dieser Krieg im Grunde schon als selbstverständliche Sache angesehen wird und voll auf das Nebengleis der Berichterstattung geraten ist. Die Bundesrepublik ist jetzt möglicherweise schon in Kürze selbst in kriegerische Handlungen von seiten der albanischen Partei verstrickt.

Und das ist das "Schöne" an dieser Politik: hier im Lande wird gegen die Kernenergie demonstriert und damit nicht nur abgelenkt von diesem Krieg auf dem Balkan, sondern die beiden Felder greifen sogar ineinander, indem die Abhängigkeit vom Erdöl auf dem Energiesektor erhöht und somit im Grunde alles Andere als friedliche Politik gemacht wird. Auf der einen Seite wird permanent von "Gewaltlosigkeit", von absurden Aktionen, von Duldung sogenannter Bürgerrechtsaktionen - mit falscher Zielsetzung - gesprochen und diese in der Öffentlichkeit verteidigt, und auf der anderen Seite wird als Gegenstück dazu eine aggressive und kriegerische Politik weiter vorbereitet. Das wird nicht zur Ruhe kommen, das wird buchstäblich künstlich angeheizt. Man muß immer wieder eindringlich darauf hinweisen: Diejenigen, die sich auf die sogenannte pazifistische Politik, die Anti-AKW-Bewegung und die sogenannte Menschenrechtspolitik einlassen, werden das Gegenteil dessen ernten, was sie ursprünglich vielleicht beabsichtigen. Es gibt keine "friedliche" Politik in einer hart klassengespaltenen Welt, sondern diese Gegensätze prallen aufeinander, und letztlich geht es keineswegs nur um diese Region, sondern auch zunehmend um die proletarische Bewegung und die Volksbewegung, die in einer Reihe von Staaten schon ein kritisches Ausmaß erreicht hat.

Redaktion Neue Einheit
31.03.2001