NEUE EINHEIT  -  Internet Statement 2003-10

 

Zur Bedeutung der weltweiten Einheitsfront gegen den Irak-Krieg der USA. Wie soll man zur Opposition Frankreichs und Deutschlands stehen?

Über das Pro-Bush-Treiben gewisser “Linker”

Es ist richtig, daß Frankreich oder Deutschland oder beide zusammen unter bestimmten Bedingungen vielleicht einmal eine europäische Supermacht bzw. der Kern einer solchen werden könnten. Niemand darf bestreiten, daß die Entwicklung des Kapitalismus/Imperialismus in jedem der Länder in solch eine Richtung gehen kann. Da, wo der Kapitalismus oder auch der Revisionismus herrscht, kann es eine imperialistische Entwicklung geben. Aber es kommt nicht darauf an, was in der Zukunft einmal sein könnte, sondern jetzt kommt es darauf an, was im gegenwärtigen Zeitpunkt ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist an einen gemeinschaftlichen europäischen Imperialismus gar nicht zu denken, denn diese Staaten sind untereinander bei weitem nicht einig, sie haben politisch gesehen äußerste Widersprüche - das sieht man ja auch daran, wie leicht die USA das Lager gespalten haben- , und es sind eine Menge kleiner Staaten dabei, die ihre eigene Meinung haben. Von einem europäischen Imperialismus zu sprechen, ist gegenwärtig Unsinn, weil diese Staatenagglomeration, die Europa darstellt, ja kaum einheitlich handlungsfähig ist. Es ist ein Vorgriff, der 2 bis 3, ja 4 mögliche Etappen überspringt. Und die einzelnen Staaten wie Frankreich oder erst recht Deutschland sind militärisch Null im Vergleich zu den USA, sind nicht größer als die Fußzehe der USA, was Atomwaffen, Weltraumbewaffnung, internationale Seestreitkräfte angeht – Deutschland schon gar nicht, und auch Frankreich ist da nicht vergleichbar. Auch wenn nur diese beiden Staaten sich enger verbinden würden, würde das noch nichts Grundlegendes ändern. Abgesehen davon, daß in den Militärs auch starke proamerikanische Kräfte sitzen, die die USA sich hier in Europa überall reserviert haben, und daß die NATO-Strukturen sowieso von den USA beherrscht sind. Von einem jetzt irgendwie selbständig agierenden deutschen Imperialismus zu sprechen, der alleine oder auch im Bündnis mit Frankreich nennenswert den USA Konkurrenz machen könnte, ist deswegen schon allein in sich abwegig, weil er einfach nicht vorhanden ist. Es geht nicht darum, was potentiell einmal sein kann, sondern was real jetzt da ist.

Auch Rußland ist derartig innerlich marode, derartig unterwandert und politisch und ökonomisch von den USA abhängig, viel stärker als von den Europäern, daß auch da nur von einer bedingten Unabhängigkeit gesprochen werden kann. Am ehesten ist noch China zu nennen als ehemaliges sozialistisches Land, mit heute eindeutig kapitalistischen Strukturen, das zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu Widerstand fähig wäre. Aber auch da haben die USA ihre Eisen im Feuer und wollen in die Klassenkämpfe dieses Landes auf ihre Weise eingreifen, mit "Menschenrechten und demokratischem Kampf" und mit einer neuen Variante von bürgerlicher Demokratie in China hausieren gehen gegen die revisionistischen Strukturen. Und da haben sie gar nicht einmal so schlechte Karten, da dort schwere Konflikte anstehen. Außerdem gedenken sie die sog. tibetische Unabhängigkeit, die sog. Unabhängigkeit von Sinkiang und möglicherweise von weiteren Teilen auszuspielen, um auf diese Weise auch gegen China voranzukommen. Deswegen ist auch die chinesische eigenständige Position nicht so sehr weit gediehen.

Alles in allem sind also die USA der absolut dominante Faktor zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Wie ist das gekommen? Worauf beruht das? Es beruht darauf, daß wir zwei Supermächte hatten, daß der moderne Revisionismus den größten Teil der früher kommunistischen Welt ruiniert hat und gleichzeitig Zuarbeit für die alleinige Machtmonopolstellung der USA geleistet hat, bis hin zur Selbstauflösung der Sowjetunion und des mit ihr verbündeten Staatensystems und dem alleinigen Übrigbleiben der USA. Und diese außergewöhnliche Konstellation des Imperialismus, die wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben, ist das, was jetzt die Lage prägt. Aufgrund der objektiven Gesetzmäßigkeiten zerbröselt die Macht der USA, international politisch gesehen, d.h. es sind Tendenzen des Auseinanderreißens ihrer Pax Americana da, und diese wollen sie jetzt durch alle ihre politisch-militärischen Maßnahmen wieder reparieren. Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist es unserer Ansicht nach keineswegs falsch, zu begünstigen und zu fördern, daß die Europäer, Rußland und China gemeinschaftlich auftreten, am besten noch zusammen mit anderen, z.B. mit Brasilien, mit Südafrika, Mexiko, nach Möglichkeit auch Kanada gegen die USA auftreten und sie isolieren. Das würde zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese miese Marotte der USA zum Scheitern bringen. Und es ist meiner Ansicht nach der einzige materielle Faktor, der jetzt wirklich die USA zum Scheitern bringen könnte. Denn einen Klassenkampf oder Klassenkrieg, der nennenswert die USA angreifen könnte, gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, da müssen wir noch vielleicht zehn Jahre vielleicht auch weniger warten, und Demonstrationen können die Maßnahmen der USA sowieso nicht aufhalten - aber die USA müßten eine Totalkonfrontation mit faktisch allen übrigen Staaten fürchten. Das ist der einzige Faktor, der sie behindert, und dieser Faktor muß gestärkt werden.

Deswegen muß man spitze Ohren kriegen, wenn jetzt sog. Linke, die die ganze Zeit über dem Pazifismus hinterhergelaufen sind, ausgerechnet jetzt Bewegungen angreifen, die diese Einheitsfront mit stützen, wie die Friedensbewegung, und auch die Bewegung dieser Staaten.

Es geht darum, die USA an diesem verbrecherischen Krieg zu hindern. Wenn das nicht möglich ist, müssen sie aber wenigstens gezwungen werden, diesen Krieg alleine oder nur mit Großbritannien durchzuführen. Dann wäre trotzdem noch etwas gewonnen, weil sie damit ihre eigene Machtposition entschieden untergraben. Von daher ist das Bemühen der C. Rice und C. Powell durchaus verständlich, daß sie mit allen Mitteln versuchen, diese Isolierung zu durchbrechen. Und man konnte Zweifel daran haben, daß die USA es wagen werden, gegen die übrige Staatenwelt das durchzuführen. Wenn sie es aber machen, dann entsteht eine neue Lage, die neue Aufgaben nach sich zieht.

Es gibt viele Schwachpunkte in dieser Front. Nehmen wir einmal Deutschland. Diese deutsche Regierung fährt die Ökonomie gegen die Wand. Mit großen Reden ist nichts gewonnen. Die Ökokonzeption, auf Windmühlenflügel gestützt unter Ruinierung der eigenen Industrie und Bevorzugung von Dienstleistungen, wie Schröder das vor einiger Zeit propagiert hat, ist vollkommen out. Die deutsche Ökonomie befindet sich im freien Fall nach unten, und es ist nur eine Frage der Zeit, daß diese Regierung, wenn sie es nicht schnallt, von einer anderen bürgerlichen Regierung gestürzt wird. Daher könnten die USA auch Hoffnungen darauf setzen, daß irgend jemand wie Merkel an die Macht käme, es dann zum Bruch in Europa käme und die Begünstigung der USA resultierte. In der CDU ist ein Gefahrenpotential für Europa gegeben.

Immer wieder möchte ich betonen: Obwohl wir zu denen gehören, die den Marxismus schöpferisch anwenden und die nicht erklären, daß der Marxismus vor die Wirklichkeit zu setzen ist oder etwas Unantastbares darstellt, so wie es in den Formulierungen einiger Programme auftaucht, obwohl wir also zu denjenigen gehören, die die konkrete Analyse der Realität an die erste Stelle setzen, unter Verwertung aller historischen Erfahrungen, unter denen der Marxismus eine außerordentliche besondere Rolle einnimmt, so gehören wir trotzdem auch zu jenen, die gerade die Grundsätze des Marxismus wie Diktatur des Proletariats oder die Leninsche Analyse des Imperialismus, die Analyse der Unversöhnlichkeit, die Notwendigkeit der Entwicklung des Kapitalismus im demokratischen Stadium, also ganz klassische marxistisch-leninistische Thesen, weiterhin als Grundlage haben. Wir analysieren die Kultur, wir analysieren die Probleme, die sich bei der Entwicklung oder Umsetzung aller dieser Prinzipien ergeben, und berücksichtigen diese. Wir versuchen immer, die konkrete Situation zu erfassen, und in bestimmten Situationen ist es manchmal so, daß eine bestimmte diplomatische Konfrontation im internationalem Maßstab eine hervorragende Rolle einnimmt, die nicht im Gegensatz zu dem sozialen Kampf gesetzt werden kann. Im Gegenteil, die demokratische Entwicklung begünstigt die Entwicklung des Klassenkampfes, die erst noch kommen muß auf der Welt, die zwar Ansätze hat auf der gegenwärtigen Welt, die aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht fähig ist, in größerem Umfang in die internationale Entwicklung einzugreifen.

Die Angriffe und Machenschaften des USA-Imperialismus, oder etwa der Ökowahnsinn der deutschen Bourgeoisie oder andere besonders reaktionäre Phänomene dienen alle im Grunde genommen dazu, den Klassenkampf schon in der Wiege, in der Entwicklung des demokratischen Ansatzes zu erdrosseln. Diese Ultrareaktion hat unserer Ansicht nach bald ausgespielt, denn sie verheddert sich an allen Ecken und Enden in die tiefsten Widersprüche.

-ks-
13.3.2003

 

 

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