Internet-Statement 2003-27

 

Ein Fundament für anstehende soziale Kämpfe schaffen

Rede von Petra Kapeki vom Berliner Bündnis für soziale Grundrechte-Stoppt die Hartzpläne (Antihartz-Bündnis) auf der Kundgebung gegen die Agenda 2010 beim SPD-Sonderparteitag in Berlin am 1.6.2003

 

Liebe Kollegen, liebe Freunde

 ich bin vom Berliner Bündnis für soziale Grundrechte-Stoppt die Hartzpläne (Antihartz-Bündnis). Wir haben uns im Oktober letzten Jahres gegründet, weil wir das Hartz-Konzept und alle ähnlichen Konzepte ablehnen und um dieser sogenannten Arbeitsmarkt- und Sozialreform solidarisch entgegentreten zu können. Seitdem haben wir verschiedene Veranstaltungen, Aktionen,  Seminare und zwei Demonstrationen organisiert.

Kollegen, wir brauchen uns nichts vormachen.

Auf diesem Parteitag, gegen den wir hier protestieren, werden voraussichtlich weitere Beschlüsse gefaßt, die der überwiegenden Mehrheit der Menschen in diesem Lande erheblich zusetzen werden. Diese Beschlüsse werden sich einreihen in die schon beschlossenen und teilweise auch schon umgesetzten Schweinereien des Hartz-Konzeptes, sowie der großen und kleinen Schweinereien, die diese SPD-Grünen-Regierung uns seit Jahren antut. Und damit nicht genug, sind schon weitere gravierende Verschlechterungen für die überwiegende Mehrheit angedacht, bzw. werden als Pläne auch schon öffentlich genannt.

Dies kann auch nicht verwundern, denn die Leute, welche auf diesem Parteitag versammelt sind, haben in ihrer überwiegenden Mehrheit schon immer versucht, die kapitalistischen Verhältnisse zu zementieren. Die Deindustrialisierung unseres Landes verbunden mit der verschärften Ausbeutung anderer Länder ist bei solchen Leuten Programm, und dieses Programm wollen sie inzwischen erklärtermaßen bis zum Hindukusch militärisch absichern.

Betrachtet man deren Maßnahmen und Pläne in ihrer Gesamtheit, kommt man zu dem Ergebnis, daß dies die Lebensverhältnisse insbesondere der Arbeiter, der kleinen Angestellten sowie der Arbeitslosen nicht ins vorige sondern ins 19. Jahrhundert zurück katapultiert.

Das eigentliche Drama in dieser Situation aber ist, daß wir dem im Moment äußerst wenig entgegenzusetzen haben. Wir verfügen kaum noch über schlagkräftige zahlenmäßig starke Betriebsbelegschaften. Die relativ kleinen Belegschaften sind oft gespalten in Stammarbeiter, Leiharbeiter, Ost und West, Arbeiter mit Zeitverträgen und so weiter und so weiter. Hohe Gewerkschaftsfunktionäre mauscheln oft genug mit denen, die uns das Übelste antun und tragen das noch mit.

Wir selber haben diese Entwicklung zugelassen, wir haben uns gefallen lassen, daß die herrschende Kaste uns ein recht erträgliches Leben gestattete mit den Mitteln, die sie aus unseren Kollegen in weniger entwickelten Ländern herauspreßten. Das fällt uns jetzt sozusagen auf die Füße. Statt die solidarische Verbindung zu unseren internationalen Kollegen zu suchen, haben wir erlaubt, daß die Kapitalisten uns spalten. Sie spielen uns jetzt eiskalt gegeneinander aus. Der Kapitalismus zeigt seine wahre Fratze, nichts mehr mit Sozialstaat und sozialer Marktwirtschaft, knallhart packen sie uns jetzt und drücken uns die Kehle zu.

Aber Erkenntnis sollte auch hier der Weg zur Besserung sein.

Dieser Staat macht täglich deutlicher, daß es in ihm Klassen gibt, und daß die kapitalistische Klasse die Macht hat, unabhängig davon welche von den bekannten Parteien bzw. Parteienkoalitionen, inklusive der PDS, die Regierung stellt. Wir, die wir hier versammelt sind, haben ja offensichtlich schon einiges vom tatsächlichen Charakter dieses Staates erkannt. Viele, die in nächster Zeit aus einer vermeintlichen Sicherheit herauskatapultiert werden, durch die verschiedensten Maßnahmen, werden Perspektiven suchen.

Laßt uns helfen, Klarheit zu schaffen über die hier herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse.

Wir müssen dringend versuchen, uns hier eine Grundlage für kommende Auseinandersetzungen zu schaffen. Das Fordern und möglichst Durchsetzen der Schaffung industrieller Arbeitsplätze würde bestimmt die Unterstützung breiter Teile der Bevölkerung finden. Die Verbindung zu unseren internationalen Kollegen sowohl auf gewerkschaftlicher aber auch politischer Ebene muß unbedingt enger gestaltet werden.

Dies war und ist auch insbesondere eine Aufgabe der Gewerkschaftsfunktionäre. Diese müssen sich endlich klar äußern, auf welcher Seite sie eigentlich stehen, insbesondere die Gewerkschaftsfürsten. Diese Mauschelei, diese Speichelleckerei wie sie nicht nur, aber insbesondere gegenüber der SPD-Grünen-Regierung an den Tag gelegt wird, muß aufhören. Ansonsten muß man diese Leute aus unseren Gewerkschaften rausschmeißen, denn dann haben sie dort nichts verloren.

Ist es möglich, unsere Gewerkschaften zu dem zu machen, was sie eigentlich sein sollten, nämlich Kampforganisationen der Beschäftigten, um so besser.

Auf alle Fälle kann es nicht schaden, auf allen Ebenen Widerstand zu organisieren, wie z.B. auch in unserem Anti-Hartz-Bündnis. Demnächst wird sehr vielen Menschen äußerst drastisch beigebracht, in welcher Gesellschaftsordnung sie tatsächlich leben. Es wäre gut, wenn wir, die wir ja scheinbar schon unsere Erfahrungen gemacht haben, ihnen eine Perspektive aufzeigen können. Kleine Gruppen bilden, große Gruppen bilden, sich zusammenschließen, dies kann zur Mobilisierung der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung führen und uns in die Lage versetzen, dieses ausbeuterische, Menschen vernichtende System auf den Müllhaufen zu befördern, um den Weg frei zu machen für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft.

Wie hieß es doch so richtig in einem Lied:

Alles was uns fehlt, ist die Solidarität.

Kollegen, in diesem Sinne , laßt es uns angehen.

 

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