Internet Statement 2004-61

 

Zur Lage bei Opel


Die Belegschaft von Opel Bochum hat mit ihrer Arbeitsniederlegung klargemacht, daß sie sich dieser Erpressung nicht beugen will. Und in der Tat läuft die Konzeption, die von General Motors verkündet wird, wohl letztlich darauf hinaus, die Betriebe in Bochum und Rüsselsheim im Laufe einiger Jahre ganz zu schließen.

Wenn Peer Steinbrück, der Ministerpräsident von NRW, nun der Belegschaft droht, sie solle ja keinen Streik machen, dann muß man fragen: Wann soll sie sich denn dann wehren? Vielleicht dann, wenn es zu spät ist?

Jetzt oder nie – das ist unweigerlich eine Frage, die für alle Belegschaften aufkommt. Und es geht um ungeheuer viel. Noch ist General Motors mit Sicherheit auf seine Betriebe auf dem europäischen Kontinent angewiesen.

Wenn der Gesamtbetriebsrat von General Motors Europa insgesamt Aktionen plant, dann ist das vollkommen richtig. Aber das muß Substanz haben. Man muß an die Frage herangehen: Wie kann man unter den Bedingungen des enormen Lohngefälles auf der Welt eine Solidarität bekommen? Ohne die Frage zu stellen nach den sozialen Bedingungen, nach den Regimen, unter denen ein Großteil der Arbeiter auf der Welt heute für wahrliche Schinderlöhne arbeitet, ohne die Frage zu stellen nach dem Verhalten vieler Gewerkschaften, die diese Umstände beiläufig viel zu lange akzeptiert haben und nach den dahinterliegenden Ursachen, kann keine wesentliche Änderung herbeigeführt werden.

Die Konzerne wollen radikal den Lohn absenken. Und die Betriebsliquidationen, die in Deutschland laufen, die angehende Krise, bei der sich schon verschiedene große Konzerne und Finanz- und Investmentgesellschaften die Hände reiben um hier abzustauben, all diese Fakten zeigen auch noch eine andere Sprache, die Sprache der Zerstörung gegenüber ganzen Volkswirtschaften ! - Das ist auch nicht so neu, denn derartiges wird gegenüber den Staaten der dritten Welt schon seit langem betrieben. Und wir werden langsam schon selbst wie ein Staat der dritten Welt behandelt. Aber das hat man sich auch selbst zuzuschreiben. Das Regime hier hat jahrelang alle moderne Entwicklung blockiert und dadurch den Trend zur Verlagerung in extremer Weise begünstigt. Heute sind zig Tausende von Existenzen gefährdet. Das Volk, die Arbeiter und die meisten Angestellten und diejenigen, die sich in sog. selbständigen Jobs durchschlagen müssen, sind diejenigen, die das bezahlen sollen, was Konzerne und politische Parteien rücksichtslos verpraßt und verjubelt haben. Es heißt auch, es habe bei General Motors große Managementfehler gegeben. Aber es werden keine Manager gefeuert, sondern die Belegschaft!

Aus allen diesen Gründen sind Maßnahmen wie „Arbeitsverlangsamung, Information beim Betriebsrat“ oder wie immer man das unter den gegebenen gesetzlichen Bedingungen nennen will, unbedingt gerechtfertigt.

Wenn jetzt gehandelt wird und es wirklich zu einer großen Widerstandswelle kommt, besteht auch die Chance, ganz prinzipiell die Frage der Industrialisierung und der Beibehaltung der Arbeitsplätze und des Verbleibes der erprobten Beschäftigten und wertvollen „Arbeitskraft“, die sich im Laufe von Jahrzehnten und gar der letzten 150 Jahre hier entwickelt hat, aufrollen zu können. Nur wenn wir uns jetzt verteidigen, kann die Verteidigung erfolgreich sein. Und nicht dann, wenn alles schon abgebaut ist und es nur noch um Reste geht! Die Automobilindustrie ist eines der Standbeine, die diesem Lande noch verblieben sind. Neben der Chemie- und Pharmaindustrie und einigen Branchen des Maschinenbaus ist hier fast nichts mehr verblieben. Und man irrt sich, wenn man sich rein auf den Dienstleistungssektor konzentriert. Dieses Märchen haben Schröder, seine Partei und die „Grünen“ lange Zeit erzählt, wie auch die FDP und die CDU. Die Dienstleistungen wandern in letzter Konsequenz auch dahin, wo die Produktion ist. Das kann man nicht dauerhaft voneinander trennen.

Deswegen ist die größte Solidarität von allen Betrieben, Belegschaften und aufgeklärten Menschen in diesem Land mit diesem Widerstand bei Opel und den weiteren Widerständen der Belegschaften erforderlich.

Redaktion Neue Einheit
15.10.04

 

 

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