Internet Statement 2005-03

mehr zum Seebeben
im indischen Ozean

Nach der verheerenden Flut die Flut der Heuchelei

Nach der verheerenden Seebebenkatastrophe im indischen Ozean und den Küstengebieten in Indonesien, Thailand, Sri Lanka und Indien sowie einigen anderen Ländern ging eine Welle der Hilfsbereitschaft über die ganze Erde. Niemand wird die Notwendigkeit von Hilfe bestreiten, die Notwendigkeit, die Toten zu bergen und würdig zu bestatten, Lazarette aufzubauen, um so viele Verletzte wie möglich zu retten und den Ausbruch von Seuchen zu vermeiden. Die Bemühungen darum erfahren die Unterstützung fast der gesamten Bevölkerung der Welt.

Inzwischen aber hat sich ein merkwürdiger Wettkampf darum entwickelt, wer die größten Spendensummen beibringt. Dabei sind Handlungen zu Tage getreten und Bestrebungen deutlich geworden, die andere Absichten als nur Hilfe vermuten lassen. Zurecht argwöhnen die Militärs und die Regierungen in den betroffenen Staaten, selbst dann schon, wenn Sanitätseinheiten oder fahrbare Lazarette anderer Armeen auftreten und dort Hilfe leisten, obwohl das unter den gegebenen Bedingungen auch akzeptiert wird. Man kann verstehen, daß ein solches Mißtrauen absolut berechtigt ist in einer Region wie Aceh, in der auf einen separatistischen Krieg Einfluß ausgeübt wird, um Einfluß auf einen der größten Staaten Asiens zu nehmen. Es wird versucht, ein strategisch äußerst wichtiges Gebiet an der Straße von Malakka, das durch seine Erdölvorkommen auch sehr reich ist, durch die Hintertür unter die Kontrolle zu bekommen. Das amerikanische Auftreten, dort mit dem Flugzeugträger „Hilfe“ zu leisten, ist überhaupt der unmittelbarste Ausdruck dessen, was vor sich geht. Aber unter der Hand sind auch viele andere Absichten erkennbar.

Der zentralste Punkt, der aber erst einmal beachtet werden muß, ist unserer Ansicht nach der Folgende: Sowohl Indien als auch Indonesien, schließlich Sri Lanka und Thailand, sind Staaten, die bisher weitgehend aus eigener Kraft ihre ökonomischen Strukturen entwickeln und fähig waren, ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten. Die Bevölkerung der betroffenen Gebiete lebte in der Hauptsache zumindest von ihrer eigenen Hände Arbeit, was, wie man weiß, für die Entwicklung eines Landes von fundamentaler Bedeutung ist. Wenn es jetzt z.B. in einem Kommentar einer Hilfsorganisation vor einigen Tagen hieß, man könne mit nur 800 € Spende das Boot eines ruinierten Fischers ersetzen, dann handelt es sich zum einen offensichtlich um einen Appell an Leute mit viel Geld, für die 800 € ein Nebensümmchen ist; denn mancher muß hier inzwischen schon mit 400 € und weniger leben. Aber die Sache geht noch viel weiter.

Wenn der Fischer das Boot von internationaler Hilfe geschenkt bekommt, wenn die Strukturen überhaupt vorwiegend von internationaler Hilfe wieder aufgebaut werden, dann verlieren diese Regionen den Charakter als auf eigene Ökonomie gestützt stehend. Auch angesichts der riesigen Katastrophe mit Zigtausenden von Toten ist es absolut wichtig und vorrangig, daß diese Staaten vorwiegend aus eigener Kraft diese Katastrophe bewältigen. Eine Hilfe, die darüber hinausgeht und diese eigene Kraft untergräbt, würde sich auf die Dauer als größere Katastrophe erweisen als der ganze Tsunami.
Naturkatastrophen in Asien hat es schon viele gegeben, auch größere als die jetzige. Alleine das Erdbeben von 1976 in China kostete 250.000 Menschen das Leben. Solange Erdbeben aufgezeichnet werden, sind größere Erdbeben fast jährlich in ganz Asien und Seebeben zumindest im Pazifik vorgekommen.

Der jetzige Wettlauf um die Riesensummen ist also durchaus problematisch. Es wird jetzt offen darüber gesprochen, daß Unternehmerverbände überlegen, wie sie angesichts der Hilfslieferungen ihr eigenes Geschäft auf den dortigen Märkten auch wieder durch die gespendeten Gelder und durch die Neuinvestitionen fördern. Von Anfang an wurde von den Versicherungen und der Bankenwelt spekuliert, daß der Wiederaufbau neue „ökonomische Impulse“ für die Weltwirtschaft  bringt. Mal kein Irakkrieg, sondern zur Abwechslung ein Tsunami zur ökonomischen Belebung.

Nein. Die Länder Asiens sind bis jetzt selbst fähig gewesen, ihre Problem zu lösen - und das muß so bleiben. In Afrika sind an verschiedenen Punkten durch Hilfe in einer falschen Weise verheerende soziale Folgen eingetreten. Erst ruiniert man die Länder durch Dumping-Importe oder angezettelte Kriege, und dann hinterher macht man die Menschen zu Bettelempfängern, die dann auch für jeden Druck der Imperialisten anfällig sind. Hier ist wirklich nicht alles Hilfe, was als Hilfe ausgegeben wird. Mißtrauen ist angesagt. Man kann die betroffenen Staaten nur auffordern, den Kurs der genauen Kontrolle dieser Hilfsmaßnahmen weiter zu betreiben. Indonesien hat allen Grund, die Aktivitäten z.B. in Aceh unter eine genaue Kontrolle zu nehmen. Staaten der Größenordnung Indiens und Indonesiens sind sowieso imstande, diese Hilfe und den Neuaufbau zu leisten.

Und im Westen sollte man auch nicht nur davon reden, daß diese oder jene Firmen oder Deutschland das Frühwarnsystem im indischen Ozean aufbauen wollen. Man sollte auch untersuchen, wieso das vorhandene Frühwarnsystem im Pazifik angeblich nicht fähig war, Thailand und Indonesien, die als Anrainer des Pazifiks Teilnehmer dieses Warnsystems sind, bezüglich des Tsunamis im indischen Ozeans zu warnen. Hier gibt es noch eine Reihe sehr, sehr offener Fragen. Es ist hier immer von Hilfe die Rede, aber es stellt sich die Frage, ob nicht mit den Hunderttausenden von Opfern und den Millionen von Obdachlosen eiskalt kalkuliert wurde.

RedakNE
-hd
11.01.2005

 

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