Internet Statement 2005-18

 

Was wird unter der Bewegung gegen Islamfeindlichkeit verstanden
-Die Aufklärung des Dimitri Tsalos

Was verbirgt sich hinter dem Begriff "Bewegung gegen Islamfeindlichkeit"? Im Vorfeld der Diskussion um die Konferenz zur Irak-Solidarität kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen über die Frage des Islam, die bis zu massiven, schriftlich formulierten Anfeindungen gegen unsere Vertreter gingen, die es auch nur gewagt hatten, die Problematik des Islamismus zu berühren und eine Unterstützung von demokratischen, säkularen und kommunistischen Organisationen in den Mittelpunkt zu stellen und nach dem Charakter der verschiedenen Widerstandskräfte zu fragen. Allein daß sich unser Vertreter gegen die Formulierung im Protokoll, "…gegen Desinformation, gegen Antiislamismus" wandte, führte zu einem belehrenden Brief, in dem uns Dimitri Tsalos aufklärte, wie er den politischen Islam einschätzt und was sich hinter der "Bewegung gegen Islamfeindlichkeit" verbirgt.

In dem jetzigen Aufruf zur Irak-Konferenz versucht man den Eindruck einer allgemeinen Konferenz über den Widerstand zu vermitteln. Man hatte ursprünglich vorgeschlagen, daß die Bewegung gegen Irak-Krieg und Besatzung sich auch als eine Bewegung "gegen Islamfeindlichkeit" verstehen solle. Professoren und bekannte Publizisten sprechen nun, aber die anzustrebende Bewegung wird weiterhin als "Bewegung gegen Krieg, Rassismus und Islamfeindlichkeit" festgelegt

Auf der zweiten Tagung zur Vorbereitung wurde betont, der Brief von Tsalos sei eine eigene Initiative des Autors, aber als von unserem Vertreter in Berlin aus diesem Brief zitiert wurde, fanden dessen Ausführungen keinen Widerspruch bei den wesentlichen Initiatoren.. Er kann als ein Beleg dafür gelten, was dort unter der Bewegung gegen Islamfeindlichkeit verstanden wird.

Der Brief beginnt gleich:
"Was aber ist ‚Islamismus'? Ist das
nicht exakt der Kampfbegriff von Bush, CNN, Bild, Beckstein und
Antideutschen?

'Reaktionärer Islamismus', das ist der extrem undifferenzierende,
eurozentrisch-kulturalistische Terminus, der jeden Muslimen auf der Welt
unter Generalverdacht steht."

Was soll denn das für ein eurozentristisch-kulturalistischer Terminus sein, der hier angeklagt ist? Es ist schon seit langem ein elementarer Bestandteil des Marxismus und jeder halbwegs realistischen Geschichtsanschauung, daß die europäische Gesellschaft über eine längere Zeit eine progressive Rolle in der Welt durch die Entwicklung des Kapitalismus eingenommen hat, daß sie ein Stoßkeil bei der Zerstörung der alten Gesellschaften in der Zeit von etwa 1400 bis kurz vor 1900 war. Die Entwicklung einer Gesellschaft, die in ihrem Schoße überhaupt die Überwindung der Ausbeutergesellschaft mit sich bringt, beinhaltet eine äußerst revolutionäre geschichtliche Rolle, die zweifellos auch eine Reihe von negativen Seiten hatte und hat, die aber im Wesen als eine Pionierrolle in der menschlichen Geschichte gesehen werden muß. Auch die früheren Formen des Kolonialismus bis zum Zeitalter des Imperialismus und die Erschließung der Weltverkehrswege waren insgesamt eine umwälzende Leistung, die auch die Herrschaft des Islam - zum Glück - schwer erschütterte. Die Quelle für diese Umwälzung lag in der Klassenstruktur der europäischen Gesellschaft selbst, so wie sie sich mit dem Ende der Völkerwanderung herausentwickelt und seitdem weiterentwickelt hatte. Was soll nun bei solch einem Hintergrund der Begriff "eurozentristisch-kulturalistisch" besagen? Er besagt nichts als die Denunziation eben dieses geschichtlichen Vorganges, er ist Hetze gegen die Progressivität als solche, er ist Ausdruck von Reaktion, die ebenso wie die Islamisten gerade diese geschichtlichen Ergebnisse rückgängig machen möchte.

Der Begriff "Islamismus" ist ein Begriff gegen politisch-religiöse Strömungen, und er stellt nicht alle Muslime unter Generalverdacht. Hier versucht Tsalos, indem er die Muslime in der Gesamtheit von vornherein als Opfer darzustellen gedenkt, von der Natur dieser Strömungen abzulenken. Bei Tsalos heißt es weiter:


"In der Medienpropaganda läuft es doch nur
auf die Aussage hinaus: ‚Muslime sind per se antidemokratisch.' Das
ist als rassistisch zu benennen und dient letztlich der psychologischen
Kriegsmobilisierung in Europa, dies zu entlarven zu bekämpfen ist
eine zentrale Herausforderung.

Eine Bezeichnung, die sehr viel genauer als der pauschal-diffamierende,
manipulative Begriff ‚Islamismus' ist, ist der politische
Islam."

Die Bürger islamischer Staaten sind nicht per se antidemokratisch, aber einen
"Politischen Islam" - den müssen wir ablehnen. Das ist jedenfalls eine politisch-religiöse Richtung in Richtung Theokratie, und die muß bekämpft werden. Wir leben nicht im 15., sondern im 21. Jahrhundert.

Es heißt weiter bei Tsalos:

"Aufgrund des Unterganges der kommunistischen Bewegung in der
islamischen Welt blieb den verarmten Massen vielfach nur der politische
Islam zur Schaffung und Verteidigung einer eigenen Identität. Dies
erfolgte und erfolgt unter durchaus sehr fortschrittlichen Aspekten."

Was heißt das? Warum ist die kommunistische Bewegung in der islamischen Welt untergegangen? In Pakistan gab es 1977 eine islamistisch-fundamentalistische Konterrevolution, die von den USA maßgeblich mit angestiftet wurde und auch in Afghanistan fortgepflanzt wurde. Diese Bewegungen in Pakistan und Afghanistan haben die kommunistischen Bewegungen innerhalb dieser Länder entschieden bekämpft. In Afghanistan, so kann man sagen, haben die islamistischen Killerorganisationen sich an der Ausrottung der Kommunisten egal welcher Richtung beteiligt. Zu sagen, daß der Untergang der kommunistischen Bewegung den Massen quasi nur den Islam belassen hat, ist blanker Zynismus. Genausogut könnten unter dem Naziregime Leute gesagt haben: ‚da die Nazibewegung der KPD zeitweilig das Rückgrat gebrochen hat, wird die Nazibewegung selbst in ihren verschiedenen Facetten die einzige Identität, an die wir anknüpfen können und die wir fördern müssen.' Es hat tatsächlich auch Leute gegeben, die dergleichen vertreten haben. Das ist Schurkengesindel, das muß raus, raus mit faschistischen Subjekten aus der linken Bewegung! Erst schlachtet der Islam die Kommunisten ab, und dann heißt es hinterher: jetzt haben die Massen nichts mehr zur Identifikation, jetzt müssen wir die islamische Bewegung unterstützen. Wer das auch nur ansatzweise vertritt, für den gibt es unserer Ansicht nach nur eines: Raus!

Es wird ferner übersehen, daß der Islamismus auch in einer besonderen Beziehung zur deutschen Reaktion steht. In neuerer Zeit unterstützten die staatlichen Administrationen in der Bundesrepublik stillschweigend den Islamismus, weil sie in ihm einen Kontrolleur der hier ansässigen türkischen Bevölkerung sahen. Die ganze sogenannte "Multi-Kulti-Richtung" deckte den politischen Islam, mit Duldung maßgeblicher Parteien wie der Sozialdemokratie und erst recht der Grünen, weil sie dessen reaktionäre Rolle innerhalb unserer Gesellschaft sahen. Der islamische Fundamentalismus gedieh so ausgerechnet unter bundesdeutschen Verhältnissen prächtig. Und jetzt soll unter dem Vorwand der angeblichen Unterstützung des irakischen Widerstandes die aufbrechende Kritik am islamischen Fundamentalismus abgebrochen werden? Das kommt nicht in Frage.

Es ist ferner als grundlegender Punkt zu erwähnen, daß die gesamte Aufwertung des Islam sich auf die Bedeutung der Bodenausbeutung im Mittleren Osten - vor allem Öl und andere Bodenschätze - stützt, die seit dem Jahre 1974 durch die entsprechende Energiehochpreispolitik und die dann folgende finanzielle Erpressungspolitik gegenüber zahllosen Staaten eine entsprechende Stützung erfahren hat. Riesige Extraprofite sind nicht nur in die Ölmonopole, sondern auch in den Mittleren Osten gewandert und haben dort die parasitären islamistischen und quasi-feudalen Regime gestützt und erzeugt, die den ganzen Raum vom Mittelmeer bis zum Indischen Ozean mit ausbeuten und ein Zentrum der internationalen Reaktion, genauer gesagt der Lakaienreaktion des US-Imperialismus sind. Es sind diese Ölmilliarden, die die Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus in den benachbarten Räumen, nicht zuletzt in Europa, im Kaukasusgebiet und auch in Zentralasien lancieren. Wir aber sollen laut den Veranstaltern der sog. Irak-Konferenz noch nicht einmal den Terminus "Islamismus" benutzen dürfen, weil dieser eben jener Tendenz auf die Füße tritt.

Es sind übrigens die in dieser Hinsicht charakteristischen Golfstaaten, die eben auf nichtnationaler Basis die Arbeitssuchenden aus dem gesamten Gebiet des Indischen Ozeans anlocken und als zeitweilige Arbeitskräfte dort ausbeuten, ohne daß eine Chance besteht, daß sie als Lohnabhängige irgendwelche Rechte erwerben. Dies bildet einen wichtigen Bestandteil der weltweiten Migration. Auf der einen Seite sind sie imstande, auf Grund der Extraprofite den Migranten höhere Löhne als in ihren Heimatländern zu zahlen, auf der anderen Seite fördern sie die völlige Rechtlosigkeit. Die Golfstaaten haben eine korrumpierende Wirkung auf die gesamte Region. Und sie gehören zu den Financiers des Islamismus und Fundamentalismus rund um den Erdball.

Aufgrund der Ölgelder ist früher schon der Boden für diese Ausrottung der Kommunisten und revolutionären Demokraten entstanden. Am gefährlichsten war die soziale Situation in Indonesien und im Irak, weil das Staaten waren, die zwar über Öl verfügen, aber auch eine starke werktätige Bevölkerung haben, eine wirkliche Nation bilden. Die Abschlachtung der kommunistischen Bewegung in Indonesien 1965-66 mit mehr als einer Million Opfern kommt von ihrem Gewicht her schon dem nazifaschistischen Umsturz nahe. Auf Grund der Gesamtheit der damaligen Vorgänge müssen wir nicht nur von einer Hintergrundrolle der USA ausgehen, sondern auch von einer unterstützenden Rolle der damaligen sowjetischen revisionistischen Führung.

Für die heutige Ausbreitung des politischen Islam muß entschieden bestritten werden, daß dies erfolgt sei "unter durchaus sehr fortschrittlichen Aspekten". Die Hizbollah z.B., die Hamas, sind bestochene Organisationen, die im Falle der Hamas von den israelischen Zionisten, die ebenfalls eine theokratischen Komponente haben, massiv gefördert worden sind, weil die israelischen Zionisten wissen, daß mit solch einer diskreditierten Bewegung letztlich keine internationale Solidarität entstehen kann und die Palästinenser isoliert werden.

Schluß damit, daß Leute, die hinter Kommunistenschlächtern stehen, sog. progressive Bewegungen entfachen wollen, um weitere schmutzige Machenschaften gegen die kommunistische Bewegung in der ganzen Welt in die Wege zu leiten.

"Nach dem historischen Versagen der Linken war und ist für Millionen
Menschen der politische Islam die einzig mögliche Antwort auf die
'Segnungen' des Westens, die da lauten: Explodierende Verelendung,
politische Unterdrückung, kulturelle Unterwerfung, Krieg."

Der Islam ist kulturelle Unterwerfung, deswegen schon kann er keine Alternative sein. Der Islam ist erst recht politische Unterdrückung, deswegen kann er keine Alternative sein. Der Islam bedeutet auch Krieg, deswegen kann er keine Alternative sein. Und die Verelendung? Daran hat der Islam noch nie etwas geändert, im Gegenteil. Das Gesellschaftsmodell des Islam ist letztlich auch so aufgebaut, daß er einer kleinen Minderheit von Kaufleuten und der Theokratie, den Rechtsgelehrten, Vorteile verschafft, während die große Masse des Volkes im Elend lebt. Dafür gibt es den "Zakat", die Almosen-Unterstützung der Verelendeten, als "Ersatz". Aber die Herausbildung revolutionärer Klassen wird nicht zugelassen. Das muß entschieden bekämpft werden, das ist untolerierbar.

Die Demagogie wird fortgesetzt in dem Absatz:

"Was den irakischen Widerstand betrifft, der völlig unbestritten auch von
muslimischen Kräften getragen wird, möchte ich beispielsweise an
Al-Sadr verweisen und Dich fragen: Ist Al-Sadr, nur weil er ein
klerikaler und kein säkularer Führer ist, mitsamt seiner Basis
automatisch reaktionär?"

Das hat ja auch niemand behauptet. Deswegen, weil jemand ein klerikaler und kein säkularer Führer ist, muß er nicht unbedingt notwendig reaktionär sein, es hat immer Ausnahmen gegeben. Nur: welche Politik macht Al-Sadr denn? Hat er nicht die Scharia wiedereingeführt? Führt er nicht die Fatwas durch? Steht nicht in seinem Programm auch das theokratische Regime? Oder ist er etwa für eine säkulare Demokratie? Das letztere wäre uns jedenfalls gänzlich neu. Vielleicht kann uns Dimitri Tsalos einmal über Einzelheiten des Programms des Herrn Al-Sadr aufklären.

"Die politischen und sozialen Forderungen, die
ich jedenfalls von Al-Sadr kenne, sind nicht nur akzeptabel, sie sind
progressiv. Die Zukunft und Standfestigkeit von Al-Sadr mögen noch
offen sein, aber zumindest bisher konnte ich keinen reaktionären
Momente erkennen."

Das müßte man an Einzelheiten einmal sehen.

"Dann gibt es sicherlich noch Figuren wie Sarkawi. Aber gibt es Sarkawi
wirklich? Wir dürfen hier in keine Fallen hineinlaufen."

In der Tat ist Sarkawi solch eine blutige Marionettenfigur oder vielleicht nur ein Popanz, den die US-Imperialisten aufgebaut haben, um ihrer eigene Herrschaft Vorwände für ihre Verbrechen zu geben. Das schafft aber nicht aus der Welt, daß es auch einen tatsächlichen reaktionären Terrorismus gibt, der eben mit dieser "Dschihad"-Ideologie einhergeht. Verfolgt man die Meldungen über die Entwicklung im Irak, muß man sehen, daß dieser Art von "Widerstand" seit der Herrschaft der USA über den Irak 2003 in den Irak eingesickert ist.

Was D. Tsalos im Grunde in Abrede stellte, ist der reaktionäre Charakter des theokratischen faschistischen Islam, und das kann eben nicht geduldet werden. Damit wird die Bewegung selbst zum Henker geführt. Wir dürfen nicht zulassen, daß eine solche Richtung ungestraft in Deutschland und den europäischen Staaten verbrecherische Thesen verbreitet und die Pestilenz dieser Reaktion auch noch auf diesem Kontinent weiter verstärkt.

"Du schreibst weiter, ‚dass es eine sehr enge Zusammenarbeit gerade
zwischen Vertretern dem US-Imperialismus und dem Islamismus schon sehr
lange Zeit gegeben hat und noch gibt.' Ich sehe nicht, wo in der
gegenwärtigen Epoche eine essentielle Zusammenarbeit zwischen
US-Imperialismus und ‚Islamismus' bestehen soll. Noch nicht einmal die
Wahabbiten können sich fortan in Sicherheit wähnen. Dass es in der
Vergangenheit eine solche Zusammenarbeit gegeben hat, ist geschenkt."

Der millionenfache Massenmord, den die islamistischen Kräfte an der kommunistischen Bewegung ausgeübt haben, ist nicht geschenkt. Wir können auch nicht den Beginn dieser verbrecherischen Bewegungen, die mit der schlimmsten Reaktion zusammengearbeitet haben, übersehen, als nämlich in Indonesien in den Jahren 1965-66 die größte Metzelei betrieben worden ist. Es heißt übrigens bei Tsalos: "Das war die Phase, als die USA Teile des Islam im Kampf gegen die Sowjetunion instrumentalisierte." Da irrt er sich. Gerade die Sowjetunion hat in Beziehung auf Indonesien und die Verfolgung indonesischer Kommunisten eine sehr zweifelhafte Rolle gespielt, es war die Zeit, in der die Sowjetunion sich an den US-Imperialismus andienerte, mit ihm gemeinsam "Atomwaffen-Sperrverträge" entworfen hat und sich im Grunde nicht der Metzelei widersetzt hat. Hingegen wurde die Kommunistische Partei Indonesiens nicht zuletzt abgemetzelt, weil sie in ideologischer Nähe zur KP Chinas stand.

Überhaupt ist die Darstellung, daß der antikommunistische faschistische Charakter
des politischen Islam vorwiegend Folge der antikommunistischen Strategie gegenüber der Sowjetunion gewesen sei, falsch. Er liegt vielmehr im Islam selbst begründet. Lange bevor es eine Kalte-Kriegs-Globalstrategie gab, gab es schon fanatischen Islam, der sich die Ausrottung des Kommunismus aufs Panier geschrieben hatte.
Und was das Heute angeht: was ist denn mit den Mullahs im Iran? Die Unabhängigkeitsbestrebungen des Staates Iran verteidigen wir übrigens, trotz der Mullah-Diktatur, gegenüber dem US-Imperialismus, das ist für uns selbstverständlich. Was geschah bei der Machtergreifung der Mullahs 1979? Eine Revolution, die im Iran in Ansätzen vorhanden war, wurde auf die islamische Diktatur abgeleitet, und die Kräfte aus den Arbeiterkadern, die die Revolution im Kern getragen hatten, wurden von den islamischen Faschisten ermordet. War das nur Bestandteil der konterrevolutionären Globalstrategie gegen die Sowjetunion? Die Partei, die der Sowjetunion damals nahestand, die Tudeh-Partei, beging einen katastrophalen Fehler, indem sie diese islamistischen Kräfte auch noch unterstützte. Zum Dank dafür wurde sie abgeschlachtet.
Wir können noch nicht einmal daran denken, auch nur ansatzweise zuzulassen, daß die gleiche Methode und Taktik, die zur Abmetzelei der Kommunisten geführt hat, nun durch die Hintertür noch einmal propagiert und gefördert wird. Raus damit!

"Der Kalte Krieg ist jedoch vorbei und
die USA führen nun nicht nur einen militärischen, sondern auch einen
kulturellen, okzidentalen Feldzug gegen die arabisch-persische Welt,
gegen Muslime in Zentralasien, auf den Philippinen und anderswo"

Die USA führen keineswegs nur einen Feldzug gegen die arabisch-persische Welt, auch nicht vorwiegend gegen die Muslime. Das ist eine Fiktion. Die USA führen einen Krieg, der sich faktisch gegen die gesamte Weltbevölkerung richtet, sie rivalisieren mit anderen imperialistischen Mächten und maßen sich lauthals an, gegenüber der gesamten Welt eine Diktatur auszuüben. Vergessen wir nicht, daß durch den sog. Neoliberalismus und durch die kapitalistischen Strömungen in der Sowjetunion auch Millionen von Menschen umgekommen sind, letztlich durch die Strategie des Kapitalismus. Und die größten militärischen Anstrengungen, die die USA heute unternehmen, sind gerichtet gegen mögliche europäische Rivalen, nach wie vor gegen Rußland und noch mehr gegen das heutige China, das möglicherweise zu einem kapitalistischen Konkurrenten der USA wird, nicht aber gegen islamische Staaten, die als Konkurrenten im Grunde nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die kriegerischen Töne gegen den islamischen Fundamentalismus, die die USA gelegentlich anschlagen, dienen ihnen nur als Vorwand, um gegen andere Völker aufzurüsten und den gesamten Diktaturanspruch auf der Welt deutlich zu machen. Das müßte doch klar geworden sein nach allem, was über die Beziehungen des Bush-Clans zur islamischen Welt und insbesondere zu solchen Kräften wie dem Bin-Laden-Clan offenbar geworden ist. Alles das wird schön unter den Tisch gewischt und so getan, als ob die USA ernsthaft einen Krieg gegen die "islamische arabisch-persische Welt" führen würden, und damit wird dieses Trugbild der USA unterstützt. Raus damit!

"Die antiislamische Hetze erreicht in Europa einen historischen
Höhepunkt."

Das hat noch gefehlt. Wahr ist, daß der Islam benutzt wird, um Reaktion in der ganzen Welt zu unterstützen, auch und gerade und schon seit Jahrzehnten in Europa. Deswegen haben wir uns auch hier mit dem Islam auseinanderzusetzen, und müssen dazu auch die Gemeinsamkeit mit der Bevölkerung mit islamischer Herkunft in Europa suchen, damit der Islam kritisiert wird, damit eine demokratische Position letztlich auch damit verstärkt werden kann. Vergessen wir doch nicht, daß der Anfang der marxistischen Bewegung unter anderem in der Kritik der Religion lag, die die neuzeitliche Voraussetzung für die gesamte kritische und bewußte Menschheit ist.

Angefügt waren an den Text des Herrn Tsalos ein Text einer Hülya Sekerci von einer islamischen Organisation " for Human Dignity and Rights", die sich schon in der Terminologie an den US-Imperialismus anlehnt, dann ein Aufsatz mit der Behauptung, der Anti-Islamismus halte sich genau an die Muster des Antisemitismus, und die Äußerungen von Ulla Jelpke, die behauptet, der Islam sei das neue Feindbild. Alles das unterstützt in Wirklichkeit gerade die Propagandamachenschaften des US-Imperialismus selbst. Es geht nicht um den Islam, es geht um die Errichtung der radikalisierten Diktatur der Bourgeoisie, der Islam ist dabei funktionalisiert.

Aus all diesen Gründen können wir solche Stellungen, wie sie von Dimitri Tsalos vertreten werden, in keiner Weise unterstützen. Im Gegenteil, Entlarvung ist angesagt. Wird eine Konferenz auf dieser Grundlage gemacht, muß sie auch vor der Bevölkerung entlarvt werden. Laßt euch keinen reaktionären faschistischen Islam aufschwatzen als sog. progressive Kraft!

Hartmut Dicke

10. März 2005


Es folgt hier noch zur Dokumentation der zusammenhängende Text des zitierten Briefes:

(Datum 3.Dezember 2004)


Lieber Genosse,

Du schreibst: "Ich bin der Meinung, dass der Islamismus eine äußerst
reaktionäre politische Strömung ist." Was aber ist "Islamismus"? Ist das
nicht exakt der Kampfbegriff von Bush, CNN, Bild, Beckstein und
Antideutschen?

"Reaktionärer Islamismus", das ist der extrem undifferenzierende,
eurozentrisch-kulturalistische Terminus, der jeden Muslimen auf der Welt
unter Generalverdacht steht. In der Medienpropaganda läuft es doch nur
auf die Aussage hinaus: "Muslime sind per se antidemokratisch." Das
ist als rassistisch zu benennen und dient letztlich der psychologischen
Kriegsmobilisierung in Europa, dies zu entlarven zu bekämpfen ist
eine zentrale Herausforderung.

Eine Bezeichnung, die sehr viel genauer als der pauschal-diffamierende,
manipulative Begriff "Islamismus" ist, ist der politische
Islam. Aufgrund des Unterganges der kommunistischen Bewegung in der
islamischen Welt blieb den verarmten Massen vielfach nur der politische
Islam zur Schaffung und Verteidigung einer eigenen Identität. Dies
erfolgte und erfolgt unter durchaus sehr fortschrittlichen Aspekten.
Ein Beispiel: Im Libanon fördert der politische Islam im Rahmen einer
strengen Geschlechtertrennung die Bildung und die Berufstätigkeit von
Frauen und unterhält dazu eigene Einrichtungen.

Nach dem historischen Versagen der Linken war und ist für Millionen
Menschen der politische Islam die einzig mögliche Antwort auf die
"Segnungen" des Westens, die da lauten: Explodierende Verelendung,
politische Unterdrückung, kulturelle Unterwerfung, Krieg.

Was den irakischen Widerstand betrifft, der völlig unbestritten auch von
muslimischen Kräften getragen wird, möchte ich beispielsweise an
Al-Sadr verweisen und Dich fragen: Ist Al-Sadr, nur weil er ein
klerikaler und kein säkularer Führer ist, mitsamt seiner Basis
automatisch reaktionär? Die politischen und sozialen Forderungen, die
ich jedenfalls von Al-Sadr kenne, sind nicht nur akzeptabel, sie sind
progressiv. Die Zukunft und Standfestigkeit von Al-Sadr mögen noch
offen sein, aber zumindest bisher konnte ich keinen reaktionären
Momente erkennen.

Dann gibt es sicherlich noch Figuren wie Sarkawi. Aber gibt es Sarkawi
wirklich? Wir dürfen hier in keine Fallen hineinlaufen.

Du schreibst weiter, "dass es eine sehr enge Zusammenarbeit gerade
zwischen Vertretern dem US-Imperialismus und dem Islamismus schon sehr
lange Zeit gegeben hat und noch gibt." Ich sehe nicht, wo in der
gegenwärtigen Epoche eine essentielle Zusammenarbeit zwischen
US-Imperialismus und "Islamismus" bestehen soll. Noch nicht einmal die
Wahabbiten können sich fortan in Sicherheit wähnen. Dass es in der
Vergangenheit eine solche Zusammenarbeit gegeben hat, ist geschenkt.
Das war die Phase, als die USA Teile des Islam im Kampf gegen die
Sowjetunion instrumentalisierten. Der Kalte Krieg ist jedoch vorbei und
die USA führen nun nicht nur einen militärischen, sondern auch einen
kulturellen, okzidentalen Feldzug gegen die arabisch-persische Welt,
gegen Muslime in Zentralasien, auf den Philippinen und anderswo.

Ich bin froh darüber, dass wir mit Dr. Ghayasuddin Siddiqui, den ich
persönlich kenne, einen aussichtsreichen Referenten haben, der auf eine
seriöse Art und Weise entlarvt, warum Widerstand gegen die
"Islamismus"-Keule eben doch ein Gebot der Stunde ist.

Die antiislamische Hetze erreicht in Europa einen historischen
Höhepunkt. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen, schon gar
nicht auf der Konferenz.

Anbei lasse ich Dir drei sehr aufschlussreiche Texte zukommen, die sich
auf unterschiedlicher Art mit dieser Thematik auseinandersetzen.

Mit solidarischen Grüßen
Dimitri Tsalos



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