Internet Statement 2005-99

 

Gasstreit zwischen Rußland und der Ukraine!

Zwischen Rußland und der Ukraine eskaliert ein Streit um die Gaslieferungen. Rußland hat der Ukraine ein Ultimatum gestellt, bis zum 1. Januar neuen Verträgen mit erhöhten Gaspreisen zuzustimmen, andernfalls würden die Lieferungen gestoppt werden. Gleichzeitig ging heute eine kleine andere Meldung durch den Ticker: der Abriß des radioaktiven Gebäudes des Kernkraftwerkes Stade beginnt. Ein Kernkraftwerk, das noch für Jahrzehnte hätte Strom erzeugen können, wird hier mit großen Unkosten ohne technische Notwendigkeit abgerissen.

Der Streit zwischen Rußland und der Ukraine über die Gaspreise zeigt die Brisanz, die in der Abhängigkeit von den Lieferungen fossiler Energieträger aus einzelnen Staaten liegt. Die Ukraine bezieht den größten Teil des Gases aus Rußland und durch die Ukraine laufen zugleich die Pipelines, durch die der größte Teil der russischen Gaslieferungen nach Westeuropa geht. Die Ukraine pocht auf Verträge, die bis zum Jahre 2013 gelten und ihnen Niedrigst-Gaspreise von derzeit 50 Dollar pro tausend Kubikmeter Gas gewährleisten. Rußland seinerseits erklärt, daß es im Vertrag eine Klausel zu seinen Gunsten gäbe, die eine Anpassung der Gaspreise ermögliche und verlangt auf der Stelle eine Erhöhung auf 230 Dollar je tausend Kubikmeter, also mehr als eine Vervierfachung des Preises. Die Ukraine ihrerseits droht zurück, daß sie, falls ihnen die Zufuhr des Gases gestoppt würde, dann von je 1000 Kubikmetern, die durch die Pipelines in Richtung Westeuropa strömen, für den eigenen Verbrauch 150 Kubikmeter als Bezahlung für die Durchleitung des Gases durch die Ukraine und die dafür geleisteten Arbeiten innerhalb der Ukraine entnehmen würden. Rußland wiederum bezeichnet ein solches Verfahren als Diebstahl. Das zeigt die in dieser Angelegenheit liegende Brisanz. Theoretisch kann es durch einen solchen Streit sogar zum Erliegen der Gaslieferungen nach Westeuropa kommen.
Noch mehr: ukrainische Politiker erwägten, die Kosten für die Schwarzmeerflotte zu erhöhen. Daraufhin drohte der russische Verteidigungsminister Iwanow, daß eine Infragestellung dieses Vertrages über die Stationierung der Flotte, die Grenzfragen zwischen Rußland und der Ukraine aufreißen könnte. Eine Andeutung von Kriegsdrohung.

Die Abhängigkeit der Ökonomien von den fossilen Energieträgern Öl und Gas hat schon seit langem verheerende Auswirkungen. Aufgrund der forcierten Industrialisierung Asiens sind die Preise für alle Bodenschätze rasant in die Höhe gegangen. Die Energiepreise bilden in Europa einen wesentlichen Faktor, warum der Druck zur Verlagerung der Produktion außer Landes zusätzlich verstärkt wird. In Rußland wiederum war es der Öl- und Gasverkauf, der ein System ermöglichte, das lange Zeit die industrielle Produktion an den Rand drückte und eine Politik der Erpressung der Arbeiter und der anderen Werktätigen in einer außerordentlichen Weise ermöglichte. Nur mittels dieser Öl- und Gaslieferungen und der daraus hereinströmenden Einnahmen konnte überhaupt das System, das weitgehend eigene Industrie in Rußland liquidierte, in dem anfänglich Management, Bürokratie und Glücksritter die eigenen Anlagen zu ihrem Vorteil verkauften und die Betriebe sich selbst überließen, längere Zeit überleben.
Man kann verstehen, daß vor kurzem noch Meldungen über die Medien kamen, die Ukraine wolle die Kernenergie auf ihrem eigenen Territorium ausbauen, denn auch die Ukraine strebt nach Vergrößerung der eigenen Unabhängigkeit.

In der Bundesrepublik flammte vor kurzem noch einmal der öffentliche Streit um die Frage der Kernenergie auf, als einige Politiker den Wahnwitz der völligen Liquidation der Kernenergie noch einmal angriffen. Da meldete sich die Sozialdemokratie zu Wort und sagte, eine neue Diskussion komme nicht in Frage (obwohl sie das gar nicht allein zu bestimmen hat), die Kernenergie würde angeblich die Monopolstellung der großen Konzerne fördern. Das kommt von einer Partei, deren vorheriger Bundeskanzler mit dem sogenannten “Konsensbeschluß” die Monopolstellung der Energiekonzerne quasi festschrieb, in Verbindung mit dem gleichzeitigen Abkommen zur Liquidation der Kernenergie in langsamer Weise. Das schreibt eine Partei, deren gleicher Bundeskanzler jetzt beim Joint Venture mit dem russischen Konzern “Gasprom” für die Lieferpipeline des Gases nach Deutschland in den Aufsichtsrat geht, nur wenige Tage nachdem er sein Amt niedergelegt hat. Die Partei, die selbst mit den Energiemonopolen aufs Engste liiert ist und den Druck des Erpressungshebels verzehnfachte, argumentiert damit, daß angeblich mit der teilweisen Aufhebung des Kosensbeschlusses die Stellung der Energiemonopole gestärkt würde! Die Heuchelei und der Betrug dieser Argumentation, die übrigens von einem Großteil sogenannter “Linker” gedeckt wird, ist schamlos.

Der neue Streit zwischen der Ukraine und Rußland, der möglicherweise in einigen Tagen beigelegt wird, vielleicht aber auch nicht, der aber in jedem Fall auch schnell wieder aufs neue ausbrechen kann, macht klar, daß die forcierte Abhängigkeit, wie sie insbesondere von der Sozialdemokratie und den Grünen betrieben worden ist, beseitigt werden muß. Dies ist nicht nur eine Frage für das Kapital, sondern es ist insbesondere auch eine Frage für die werktätige Bevölkerung in diesem Land, denn ein Land, das auf diese Weise erpreßbar ist, neigt auch dazu, bei verstärktem äußerem Druck die Maßnahmen gegen die Mehrheit der Bevölkerung im eigenen Lande zu verschärfen.

RedakNE
28.12.2005

 

 

 

 

 


 

 

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