Internet Statement 2006-25

 

Überraschungen im Wahlergebnis der Ukraine

29.3.06       

Nach den desaströsen Resultaten der Präsidentschaft Juschtschenkos im Gefolge der sogenannten orangenen Revolution von Ende 2004/Anfang 2005 war mit einer deutlichen Verschiebung zugunsten des vorher verfemten Janukowitsch, des Kandidaten der Oligarchen im Osten, gerechnet worden. Juschtschenko hatte seine frühere Mitstreiterin Julia Timoschenko angegriffen, aus der Regierung entfernt und verkündet, daß im wesentlichen keine Enteignungen der alten Oligarchen stattfinden sollen. Er versuchte als Präsident die Verbindung fast aller großen Oligarchen in der Ukraine herzustellen. Von Demokratie konnte unter solchen Bedingungen natürlich kaum die Rede sein, sie war eine rein formale Angelegenheit. Eine Lösung für die verarmte Bevölkerung konnte es dabei nicht geben. Julia Timoschenko, die von manchen Leuten als „verhinderte Oligarchin“ bezeichnet wird, machte auf Opposition gegenüber Juschtschenko und Janukowitsch. Und sie kritisierte auch insbesondere das Gasabkommen zwischen der Ukraine und Rußland, bei dem sich Rußland weitgehend durchgesetzt hatte.

Das jetzige Ergebnis zeigt, daß sich der Druck der Massen doch wieder in gewisser Weise Kanäle verschafft. Der Erfolg von Julia Timoschenko mit – nach vorläufigen Angaben – rund 23% ist weit stärker als vorhergesehen, der Erfolg von Janukowitsch hält sich in Grenzen. Juschtschenko wurde mit ca. 14% erwartungsgemäß weit abgeschlagen, und jetzt es ist völlig unklar, in welcher Koalition regiert werden soll.

Die Ukraine wird ein wichtiger Brennpunkt bleiben. Das Begehren des Volkes der Ukraine nach mehr demokratischen und sozialen Rechten muß unterstützt werden. Unter Juschtschenko ging die Produktion radikal zurück, was Janukowitsch sicher für sich auszuschlachten trachtete. Aber es zeigt sich schon jetzt, daß Janukowitsch, der Vertreter der älteren und größten Oligarchen im Osten, auch keine Konzeption vorweisen kann. Deshalb werden die Dinge in der Ukraine jetzt weitergehen und neue Impulse hervorbringen.

In einer möglichen Koalition mit Juschtschenko und vielleicht der Sozialistischen Partei hätte Timoschenko das größte Gewicht. Wenn sie Ministerpräsidentin wird, werden die gegebenen Strukturen im Lande versuchen, mittels ihrer Machteinflüsse diese Stellung zu untergraben.

Die sogenannte orangene Revolution hat natürlich alle Elemente der westlichen Unterwanderung, der typischen Menschenrechtspropaganda, die den Menschen die Freiheit und allgemeine Rechte verspricht und am Schluß sie im Regen eines völlig barbarisierten Kapitalismus stehen läßt. Diese Propaganda steckt in der sogenannten orangenen Revolution drin, aber diese beschränkt sich nicht darauf. Der Druck der Massen nach Demokratie, nach Überwindung der autokratischen Elemente in der Gesellschaft ist wirklich vorhanden. Man kann, auch nach diesem Wahlergebnis, davon ausgehen, daß er nicht nur im Westen der Ukraine vorhanden ist, sondern auch im östlichen, russischsprachigen Teil.

Wir sind dafür, daß das Volk der Ukraine das autokratische und oligarchische System, das von völliger Korruption beherrscht wird und ein Ergebnis des Revisionismus ist, erfolgreich bekämpfen und die minimalen Rechte, die ja eigentlich in einem bürgerlichen Staat vorhanden sein sollten, bei sich etablieren kann. Man kann sich nicht auf den Standpunkt stellen, daß der Erhalt des früheren oligarchischen Systems gegenüber etwa einem völlig vom Neoliberalismus durchtränkten System - das übrigens ebenfalls mit der Oligarchie paktiert – das kleinere Übel darstelle, um noch Schlimmeres zu verhindern. Es muß eine Weiterentwicklung in der Ukraine geben, Stillstand ist auch die Vernichtung des ukrainischen Volkes.

Es wird deutlich, daß die Ukraine eine möglichst selbständige Politik braucht, die sich von US-imperialistischen oder auch europäisch-imperialistischen „Menschenrechts“-Interessen nicht beherrschen läßt, sich aber gleichzeitig auch nicht von Alt-Autokraten, Oligarchen mit Rückwärtsdeckung durch Rußland beherrschen läßt, sondern sich gegen diesen beiden Kräfte durchsetzen kann. Das ist die notwendige Resultante.

Redak NE -hd

 

 

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