Internet Statement 2006-60-A

 

 

Kurzbericht vom Bündnistreffen am 8.8.06
(Aktionsbündnis für die Demonstration am 12.8.06 in Berlin)

 

Bei diesem Bündnistreffen lag gleich ein Papier der PDS auf dem Tisch, betitelt „Positionen der Linkspartei“. Der gleiche Abgesandte der Linkspartei, Oliver genannt, der sich am Samstag nicht mit seinen Positionen hatte durchsetzen können, saß  nun da und erklärte, entweder dieses Papier werde so als Grundlage angenommen, oder die PDS mache nicht mit.

 

Zu Anfang der  Sitzung wurde vom Versammlungsleiter, einem Vertreter der arabischen Vereine, zunächst den Hergang der letzten Tage so geschildert, daß man auf die Annahme des PDS-Ultimatums eingestimmt wurde. Er sagte, daß die Einigung vom Samstag, 5.8.06, nicht so zu  verstehen gewesen sei, daß das nicht mehr geändert werden konnte.  Da seien ja auch nicht alle Kräfte da gewesen, die man gerne dagehabt hätte. (Schon bei diesem Treffen hatte bei der  Einladung eine Auswahl stattgefunden und mehrere Anwesende hatten nur über Umwege davon erfahren.)  Am Sonntag Abend habe dann „ein weiteres Treffen zur Vorbereitung“ stattgefunden, von arabischen Vertretern mit Leuten von „Achse des Friedens“. (Zu dem überhaupt nicht eingeladen wurde.) Zuvor hatte schon die Friko (Friedenskoordination), die an den vorherigen Verhandlungen um die Forderungen nicht teilgenommen hatte, versucht, die Forderungen zu verändern.

 

Nun habe die PDS eben noch Änderungswünsche und da müsse man eben jetzt drüber reden, denn man wolle auf die PDS nicht verzichten. Es seien ja angeblich die gleichen Forderungen, nur etwas anders formuliert. Der Abgesandte  des PDS-Vorstands Oliver vertrat dann, ein Kompromiss sei nicht drin, entweder es werde so angenommen, oder es gäbe keine Zusammenarbeit mit der PDS. Speziell der Punkt  mit der Koexistenz von Israel und Palästina sei unverzichtbar, auch für die Teilnahme von Gewerkschaften.

 

Ich meldete mich sofort zu Wort, als die Diskussion eröffnet  wurde, und vertrat, daß dies nicht die gleichen Forderungen seien. Was vorher Forderungen waren, ist nun Verhandlungsgegenstand eines „in Gang zu setzenden Verhandlungsprozesses“. Was sei  denn z.B. nun mit den unverzichtbaren Forderungen der libanesischen Regierung, die vorher  als unabdingbar erklärt  worden waren und die ersten drei Forderungen des ersten Katalogs gebildet hatten. Dieser neue von der PDS vorgelegte Forderungskatalog ist so für uns nicht  annehmbar, sagte ich und äußerte außerdem deutlich meine Missbilligung des undemokratischen Vorgehens. Der gleiche Vertreter hatte vorher bei der Diskussion dabei gesessen und seine Positionen nicht durchsetzen können und nun will er hier seine Positionen gestützt auf die Macht seiner Organisation per Diktat durchsetzen.

 

Im weiteren vertraten noch mehrere ihre Ablehnung des Verfahrens. Die Wogen waren nicht so leicht  wieder zu glätten. Man wollte erst abstimmen ohne Diskussion, dann die Diskussion auf eine halbe Stunde begrenzen, schließlich jeden nur einmal reden lassen (als ich mich ein zweites Mal meldete), aber alles wurde durch den Unmut mehrerer Anwesender durchbrochen. In einem zweiten Beitrag wies ich nach, daß der Punkt drei des PDS-Papiers übel ist, der den „Stopp aller Waffenlieferungen in die Region“ fordert, weil er vor allem gegen die Gegner Israels wirksam ist,  die ja zur Verteidigung Waffen brauchen, während Israel zu den am höchsten gerüsteten Staaten in der Welt gehört, es belegt Platz vier in der Rangliste. Dieser Punkt ist also überhaupt nicht inhaltlich identisch mit der am Samstag beschlossenen Forderung „Keine deutschen Waffen für Israel“. Aus „Rückkehr und Entschädigung“ der  Flüchtlinge wurde bei der PDS-Vorlage „Rückkehr oder Entschädigung“, also ist die Rückkehr der Flüchtlinge nicht mehr unabdingbare Forderung. Unsere  Organisation will unter solchen Forderungen nicht drunterstehen. Außerdem, sagte ich an die arabischen Vertreter gewandt, sind das doch nicht mehr die Forderungen, die noch am Samstag für unverhandelbar erklärt wurden, weil sie so von der libanesischen Regierung vertreten werden.  --  Aber es erwies sich immer mehr, daß eine ganze Reihe der Teilnehmer in irgendeiner Weise der PDS nahe stehen, manche waren sogar Mitglieder, und deshalb wollten die allermeisten einlenken. Auch „American Voices Abroad“, die Vertreterin  von Linksruck und andere waren für Einknicken gegenüber der PDS, denn man müsse sie unbedingt dabeihaben.

 

Der PDS-Vertreter Oliver brachte vor, man habe gerade Probleme mit Urlaub, deshalb sei der Entscheidungsprozess so langsam gelaufen. Gysi, Gehrke und Ramelow hätten das mitgetragen, was er hier als unverzichtbare Positionen vorbringt. Außerdem wolle Lafontaine auf der Demonstration sprechen, aber nur dann, wenn diese Punkte angenommen würden, sonst könne er nicht kommen. (Später kam heraus, daß es schon vor einer Woche eine Absprache mehrerer arabischer Vertreter mit Lafontaine in dieser Richtung gegeben hatte. Er habe „einen breiten Konsens“ zur Bedingung gemacht. )

 

Die Vertreterin der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ brachte als Erste den Vorschlag, man könne doch an die am Samstag beschlossenen Forderungen hinten anhängen:   „...der eine friedliche Koexistenz zweier unabhängiger Staaten, Israel und Palästina, zum Ziel hat.“ Damit sei der unverzichtbarste Punkt für die PDS doch enthalten. Schließlich hatte man die Idee, eine neue Fassung der Forderungen zu schaffen, die angeblich die Punkte vom Samstag bestehen lässt und die Punkte der PDS aufgreift.  Daraus wurde dann der folgende Katalog:

 

  1. Sofortiger, bedingungsloser Waffenstillstand
  2. Vollständiger Rückzug der israelischen Truppen aus Libanon und allen besetzten Gebieten
  3. Rückkehr der Flüchtlinge in ihre angestammten Orte und ihre Entschädigung
  4. Umfassende humanitäre Hilfe einschließlich Aufnahme von Verletzten und Kranken in Deutschland
  5. Unverzüglicher Stopp der Waffenlieferungen in die Region einschließlich der deutschen Waffenlieferungen an Israel (ausgerechnet dieser Punkt wurde 1 :1 übernommen!)
  6. Keine Nato-Truppen in den Libanon
  7. Einleitung eines politischen Verhandlungsprozesses zwischen allen Beteiligten für einen gerechten, dauerhaften und umfassenden Frieden gemäß allen diesbezüglichen UNO-Resolutionen
  8. Friedliche Koexistenz zweier unabängiger und lebensfähiger Staaten Israel und Palästina muß garantiert werden.

 

Das ist nicht mehr der am 5.8.06 beschlossene Forderungskatalog. Z.B. war die Reihenfolge dort:

- Erst die drei Forderungen der Widerstand leistenden Kräfte im Libanon selbst,
- dann Forderungen an die hiesige Regierung:  keine deutschen Waffen, keine Nato-Truppen, humanitäre Hilfe.
- Zuletzt Friedensverhandlungen (nämlich wenn die ersten Punkte erfüllt sind.)

Man hatte sich eben auch bei der Reihenfolge etwas gedacht. Zudem soll jetzt die PDS als weiteres Zugeständnis auch noch die  Reihenfolge weiter ändern können, also wahrscheinlich humanitäre Hilfe auf Platz zwei verschieben und den Rückzug der israelischen Truppen ganz ans Ende, wie sie das in ihrem vorgelegten Papier  gemacht  hat. Das verschiebt die Gewichte völlig. Es gibt außerdem noch eine Endredaktion, die noch Änderungen beraten kann.
Ein Vorstoß von MdB Sevim Dagdelen, die Parole  “Grenzen auf für Flüchtlinge“ hinein zu bringen, war allerdings nicht erfolgreich. Man will keine Fluchtwellen nach Deutschland fördern, weil das der israelischen Vertreibungspolitik entsprechen würde.

 

Man geht davon aus, daß das so von der PDS angenommen werden wird und dies bis morgen 12.00 Uhr  entschieden sein wird, jedenfalls stellte das besagter Oliver von der PDS  in Aussicht. Dann soll nämlich eine Presseerklärung raus, weil einen Tag  später um 10.30 Uhr im Haus der Demokratie die Pressekonferenz sein soll. Wenn die PDS nicht zusagt, will man trotzdem bei diesen Änderungen bleiben. Auf der Abschlusskundgebung der kommenden Demonstration sollen Lafontaine, die  Vertreterin der „Jüdischen Stimme“  sowie der palästinensische und der libanesische Botschafter  sprechen. Mehrere Kräfte auf dem Treffen sagten, daß ihre Organisationen die Änderungen des Aufrufs möglicherweise nicht annehmen, sie aber trotzdem für die Demonstration aufrufen wollen.

Auf dem geplanten Plakat sollen schließlich nicht mehr alle Unterstützer aufgeführt werden, nur ausgesuchte. Auf der Demo selbst gibt es eine Auflage des Innensenators, daß keine Werbung für Hamas und Hisbollah gemacht werden darf, keine Bilder des Hisbollah-Anführers Nasrallah gezeigt und keine Fahnen oder Puppen verbrannt werden dürfen.

 

Insgesamt wird jetzt klar, warum der erste Beitrag unserer Organisation, gehalten von Gen. Hartmut Dicke, auf dem Treffen am 2.8. so angefeindet wurde und warum man die Information über das Treffen am 5.8. so zurückhaltend ausgegeben hat. Wenn schon vor einer Woche  die Absprache mit Lafontaine gelaufen ist, wird das leicht erklärlich. Was solche Leute unter „breiter  Konsens“ verstehen, ist doch klar: Die Staatsräson der Bundesrepublik, der „Konsens der Demokraten“ muss berücksichtigt werden, und dazu gehört das „Existenzrecht Israels“, weshalb seine Erwähnung im Aufruf für solche Leute eben unverzichtbar und eine scharfe Verurteilung der Aggression dieses Staates unerwünscht ist.

 

(Gekürzte Fassung des ursprünglichen Berichts)