Internet Statement 2006-86

 

Blackout in Westeuropa – in Deutschland verursacht

Uwe Müller  6.11.06      

Der Stromausfall am Samstagabend in großen Teilen Deutschlands, Frankreichs, Belgiens bis hinab nach Italien, Spanien und Marokko. Der Blackout hatte seine Ursache in Deutschland, genauer gesagt im Netz der E.on. Soviel ist sehr schnell klar geworden. Die genauen Ursachen indes sind noch nicht aufgeklärt. Allerdings gibt es konkrete Hinweise und Anhaltspunkte. Die routinemäßige Abschaltung der Hochspannungsleitung im Emsland zwecks Überführung eines Kreuzfahrtschiffes jedenfalls war bloß der Auslöser, nicht aber die Ursache des Blackouts. Das hat selbst E.on mittlerweile eingestehen müssen.

Die Beteuerungen von E.on, daß der Blackout schon nach ca. 30 Minuten wieder beseitigt werden konnte, sind ein schwacher Trost. Das spricht zwar durchaus für die Leistung der Ingenieure und Techniker und deren schnelle Reaktion. Das kann aber über die grundlegenden Schwächen des Stromnetzes und der hiesigen Energieversorgung und der darin liegenden Gefahren nicht hinwegtäuschen. Laut Aussage von Pierre Bornard, Vorstandsmitglied des französischen Zulieferers RTE, entging Westeuropa nur knapp einem totalen Blackout.
Was sich hier zeigt, ist alarmierend. Die kleinste „Störung“, wie jetzt die routinemäßige Abschaltung einer Hochspannungsleitung, kann die gesamte Stromversorgung in Deutschland und gar in weiten Teilen Westeuropas lahmlegen. Es weist auf ein Stromnetz hin, das knapp vor der Überlastung betrieben wird. Wie konnte es soweit kommen? Dieser Frage muß nachgegangen werden. Die Ursachen dafür müssen herausgefunden und die entsprechenden Lehren und Konsequenzen daraus gezogen werden.

Der Blackout hat zu Recht die Diskussion um die Rolle der vier großen Energiekonzerne weiter angefacht. In der Tat ist es nicht einzusehen, daß bei Milliardengewinnen und immer steigenden Strompreisen die Investitionen für die Instandhaltung und den Ausbau des Stromnetzes stagnieren bzw. relativ reduziert werden. Spätestens beim Stromausfall in NRW im letzten Winter, bei dem ganze Regionen tagelang ohne Strom waren, wurden die Mängel im Stromnetzausbau und zu niedrige Investitionen in dessen Erhalt und Ausbau offenkundig. Auch schon beim Blackout 2003 in den USA wurde dies zum breiteren Thema hier in der Öffentlichkeit. Niemand konnte ernsthaft den Beteuerungen der hiesigen Stromkonzerne glauben, so etwas könne bei uns nicht passieren. Über den Zustand des Stromnetzes in Deutschland gibt es durchaus widersprüchliche Angaben. Der jetzige Blackout - wie auch der Blackout in NRW letzten Winter - sind allerdings bedenkliche Anzeichen, daß die Kritiker, die vom maroden Stromnetz sprechen, näher an der Realität liegen, als Diejenigen, die heute noch immer von einem der modernsten Stromnetze der Welt reden.

 

Windenergie als mögliche Ursache

Es gibt Hinweise darauf, daß die mit Milliarden von Steuergeldern und Stromzuschlägen subventionierte Windenergie als eine, wenn nicht gar als die Ursache für den jetzigen Blackout und für die Überlastung des Stromnetzes im Norden Deutschlands in Frage kommt.

„Ferner habe eine Panne bei der Einspeisung von Strom aus Windkraft ins Netz nach Darstellung des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums den Stromausfall mit verursacht. Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums erläuterte am Sonntag, je nach Menge des zugeführten Windkraft-Stroms müsse der Anteil von Strom anderer Energieträger angepasst werden. Am Samstag habe es eine erhöhte Einspeisung von Windkraft-Strom gegeben, im Gegenzug sei vermutlich die übrige Strommenge nicht ausreichend reduziert worden.“    (aus netzeitung.de vom 5.11.)

In die gleiche Richtung argumentiert auch Bernhard Hillebrand,  Chef des Berliner Energieforschungsinstituts in der Rheinischen Post vom 6.11.:

„'Offenbar sind hier zwei Dinge zusammengekommen', sagte Bernhard Hillebrand unserer Redaktion. Durch die Abschaltung der Höchstspannungsleitung im Emsland sei der Strom gezwungen worden, in andere Netze auszuweichen. Wenn diese Umgehungsnetze jedoch schon voll ausgelastet waren, etwa durch die Aufnahme von Windstrom oder durch die Lieferung an Endverbraucher, könne sich ein Netzengpass bilden. 'Dieser kann unter ungünstigen Bedingungen bis zum Zusammenbruch führen.'“

Auf die Frage, ob wir häufiger mit Stromausfällen zu rechnen haben werden, antwortete er:

„'Das ist nicht auszuschließen, vor allem wegen der unkoordinierten, stetig zunehmenden Einspeisung regenerativer Energien ins Netz', meint Hillebrand. Gegenwärtig sind die Netzbetreiber in Deutschland verpflichtet, jede nach dem Gesetz über erneuerbare Energien erzeugte Strommenge auch abzunehmen. 'An windreichen Tagen ist das Aufkommen an Windstrom vor allem in Norddeutschland deutlich höher als der Verbrauch', sagt der Experte. Dann leiten deutsche Versorger den Strom nach Polen oder in die Niederlande ab. Gelingt dies nicht, glühen im übertragenen Sinn die Drähte.“

In der Tat ist die Krux der Windenergie (mal abgesehen von der ökonomischen Unsinnigkeit) ihre völlige Abhängigkeit vom Wetter. Mal kein Wind, mal zu viel. Zusätzlich zu den Schwankungen auf der Verbraucherseite kommen so noch die Schwankungen auf Erzeugerseite aufgrund der mit Milliarden subventionierten Wind- und auch Sonnenenergie hinzu. Ohne echte Kraftwerke in der Hinterhand zum Ausgleich dieser unberechenbaren Schwankungen wäre eine stabile Stromversorgung von vornherein unmöglich. Anscheinend ist es aber mittlerweile schon soweit, zumindest in Norddeutschland, daß die Kraftwerksbasis und/oder die Stromnetze dies nur noch mühsam ausgleichen können. Und was schlägt nun Hillebrand als Lösung vor?

„'Regenerative Energiequellen sollten in absehbarer Zeit wie konventionelle Stromanbieter auch zum Lastmanagement angehalten werden - Strom also nur einspeisen, wenn der entsprechende Bedarf vorhanden ist', fordert Hillebrand. Dazu müssten sie etwa ihre überschüssige Energie in Pumpspeicherwerken lagern.“

Der erste Teil klingt noch einigermaßen vernünftig. In der Tat ist es gar nicht einzusehen, daß die Windkraftbetreiber ihren Strom, ob er gebraucht wird oder nicht, ins Netz stellen dürfen ohne Rücksicht auf dessen Stabilität. Ein „schönes“ Gesetz (EGG) ist das, das so etwas regelt. Die Idee mit der Stromspeicherung in Pumpspeicherwerken ist aber ökonomisch genauso absurd wie die Windenergie selbst. Wieso nicht statt dessen endlich Schluß machen mit dem Wahnsinn der sog. erneuerbaren Energien und die Kernenergie ausbauen, wie das derzeit sehr viele Länder weltweit tun?!

Auch Umweltminister Gabriel wurde in punkto Windenergie als mögliche Ursache befragt. In einem Interview mit dem NDR von heute (6.11.) sagt er u.a.:

NDR Info: Ihr Kabinettskollege Glos von der Wirtschaft hat eine eigene Erklärung für den Netzkollaps, hören Sie sich das mal kurz an: 'Es muss mehr für diese Zeit getan werden, was Netzverstärkungen anbelangt und die Investitionen müssen natürlich die Stromkonzerne aufbringen. Die Planungen sind weit gediehen und es zeigt sich, dass man einfach nicht mehr Windräder bauen kann, als man dann auch in der Lage ist, Strom zu transportieren.' Zu viel Windenergie und das Netz war überlastet. Halten Sie diese Erklärung auch für wahrscheinlich?

Gabriel: Das ist mindestens eine sehr eigene Interpretation des Problems. Klar ist jedenfalls, dass wir, da wir die Windenergie vor der Küste, also 40, 50 Kilometer vor der Küste offshore ausbauen wollen, dass wir dafür eine Verstärkung der Netze brauchen, aber die Anlagen gibt es ja noch gar nicht, insofern können sie auch nicht dafür verantwortlich sein. Und genau um diesen Netzausbau geht es und darüber gibt es vertragliche Regelungen, dafür gibt es ein Gesetz und jetzt müssen die Investitionen dafür fließen.“ 

Gabriel weist jeglichen Gedanken an die Windenergie als mögliche Ursache der Netzüberlastung und des Blackouts zurück. Angesichts der noch herauszufindenden Ursache(n) mag das noch angehen. Er geht aber viel weiter. Er leugnet doch glattweg die Überlastung des Stromnetzes im Norden Deutschlands aufgrund der jetzt schon installierten Windräder - ein Fakt, der hinlänglich öffentlich bekannt ist. Es ist eben genau dieser Fakt, der die Vermutungen nach der Windenergie als Ursache dieses Blackouts aufkommen läßt. Davon will er aber nichts hören, Fakten werden beiseite gewischt. Er geht in die Offensive: Er fordert vehement die Stromkonzerne auf, den Ausbau der Netze voranzutreiben – um noch viel mehr Windräder, ja ganze Offshore-Windparks, aufbauen zu können. Seine Kritik an den Stromkonzernen bezüglich des Netzausbaus ist heuchlerisch, ist doch die rot-grüne Regierung für die Verschlechterungen im Strombereich selbst zentral mit verantwortlich. Sie war es doch, die im so genannten Atomausstiegsbeschluß den Stromkonzernen ihre Monopolstellung garantiert hat, d.h. ihren Riesenreibach, ihre wachsende Unverschämtheit und ihre sinkenden Investitionen in den technischen Ausbau. Die rot-grüne Regierung hat den Ausbau des Windradunwesens forciert, was immer mehr technisches Chaos produzieren mußte. Das alles läuft auch jetzt unter der sogenannten großen Koalition munter weiter. Ginge es Gabriel, Merkel und anderen wirklich um die Verbraucher und um eine sichere und preiswerte Stromversorgung, müßte vor allem der gemeinsam mit den Konzernen betriebene Atomausstieg widerrufen werden.

Angesichts der Lage (überhöhte Strom- und Energiepreise, drohender Verfall der Stromnetzes, etc.) muß auch die Frage nach der Vergesellschaftung des Stromnetzes aufgeworfen werden. Appelle an die Stromkonzerne, sie mögen doch ihre Gewinne ins Netz investieren, helfen da gar nichts. Die Strommonopole verfolgen nur ihr eigenes Interesse: Profitmaximierung um jeden Preis, zu Lasten der Verbraucher und der ganzen Gesellschaft. Frei nach dem Motto: „Soll das Stromnetz doch verrotten, solange wir noch Milliardenprofite Jahr für Jahr einfahren, schert uns das gar nicht. Nach uns die Sintflut.“ Damit muß Schluß sein. Stromversorgung ist gesellschaftliche Aufgabe und muß auch gesellschaftlich geregelt werden. Der Netzausbau ist absolut vonnöten, um eine sichere Stromversorgung nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, auch zukünftig gewährleisten zu können. Ihn nur zu fordern, wie es nun Gabriel und Co. tun, bloß um noch mehr ökonomisch und technisch absurde Windräder anschließen zu können, ist von seinem Gehalt her genauso gegen die Verbraucher und gegen die Gesellschaft gerichtet, wie das Profitstreben der Strommonopole.

 

 

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