Internet Statement 2007-39

 


Der Streikbeschluß bei der deutschen Telekom

Hartmut Dicke  10.5.07  

Bei hoher Abstimmungsbeteiligung haben 96,5% der 22.000 Ver.di-Mitglieder bei der deutschen Telekom für einen Streik votiert. Und sie konnten auch gar nicht anders entscheiden, denn der Vorstand und das Kapital lassen ihnen keine andere Wahl.

50.000 Mitarbeiter sollen bis zu 30% weniger verdienen und zugleich erheblich länger arbeiten. Dies ist Folge der Zwangslage, in der sich die deutsche Telekom befindet und die wiederum in hohem Maße Folge des Versagens und des völligen Verfalls des Telekom-Managements ist, ein Management, das sich seine Hunderttausender-Gehälter bezahlen läßt und natürlich nicht daran denkt, für die Auswirkungen der eigenen Unfähigkeit gerade zu stehen.
Und es kann auch gar nicht anders sein.
Sie sind ein Teil der Spitzenklasse der Bourgeoisie, die sich bis zur Besinnungslosigkeit bereichert und die jeden Tag erklärt, daß sie auf den Werktätigen herumtrampeln kann, wie sie will. Seien es nun die relativ hochbezahlten Fachkräfte oder seien es die Beschäftigten in den Sektoren, in denen längst Niedrigstlöhne, dauerhafte Leiharbeit und sogar illegale Beschäftigung in großem Stile vorherrschen.

Mit den 50.000 betroffenen Beschäftigten der deutschen Telekom kommt hier nun ein Widerstand auf großer Ebene, der unterstützt werden muß. In dem Konflikt gibt es keinen Ausweg außer dem, daß die Führung der Telekom um jeden Preis ihre Zielsetzung durchsetzt und die eigenen Beschäftigten demütigt, oder daß die Beschäftigten der Telekom sich durchsetzen und dem ganzen Management, und nicht nur dem der deutschen Telekom, einen schweren Schlag versetzen. Dieser Kampf der Beschäftigten der deutschen Telekom muß unterstützt werden.
Aber es stellt sich vor der Gesellschaft auch die Frage, wie kann er gewonnen werden?
Es geht zwar um 50.000, aber es ist nur ein Sektor in der großen Volkswirtschaft. Längst existieren andere Sektoren der Telekommunikationsbranche, in denen viel niedrigere Löhne als bei der deutschen Telekom bezahlt werden. Die Beschäftigten der deutschen Telekom gehören gegenüber den heute zahllosen Billig- und Niedriglohn-Beschäftigten noch zu den relativ gesicherten und gut bezahlten Positionen innerhalb der arbeitenden Schicht. Und das Kapital spielt rücksichtslos die Armut der anderen gegenüber den Telekom-Beschäftigten aus. Es ist jetzt bekannt geworden, daß die Führung der Telekom Leiharbeiter mit einem Bonus von 300 € für Streikbruch bezahlen will. Das macht klar, um was es der Führung der Telekom geht und daß sie dafür offensichtlich Geld genug hat.

In der ganzen Gesellschaft existieren heute Millionen von Zeit- und Leiharbeitern, Niedriglohnarbeitern und illegal Beschäftigten, die sich jede Willkür gefallen lassen müssen. Deswegen steht jede streikende Belegschaft vor der Aufgabe, die kapitalistische Wüstenei, die in unserem Lande und in der ganzen Welt herrscht, zu bekämpfen.

Es gibt jetzt einige Vertreter von Ver.di, die die Telekom-Führung anklagen, daß sie nicht bereit sei, Verhandlungen über ein abgefedertes systematisches Vorgehen zur Umwandlung der deutschen Telekom-Sektoren in private Sonderfirmen mit ganz anderen Konditionen durchzuführen. Wenn das nur das Ziel ist, dann hieße das, daß der Abbau nicht verhindert, sondern nur verlangsamt wird.
Man gewinnt aber zunehmend den Eindruck, daß auch außerhalb der Telekom der Widerstand gegen das Kapital in den verschiedensten Bereichen wächst. Das muß auf der ganzen Linie gefördert werden. Irgendwelche Spektakel mit symbolischem Kampf gegen Konferenzen des Kapitals, die an diesem grundsätzlichen Widerstand in der Breite vorbeigehen, dienen in letzter Konsequenz nur der Ablenkung.

Auf Veranstaltungen im Land in Zusammenhang mit diesem Streik sollte auch darüber beraten werden, wie die bei der Telekom noch existierende größere Verbindung von Beschäftigungsmacht sich mit anderen faktisch in Rechtlosigkeit stehenden Beschäftigten verbinden kann. Das Angebot, mit 300 € Prämie Streikbrecher zu ködern, zeigt, wo das Problem liegt.

 

 

www.neue-einheit.com


neue-einheit.com

 

 

Die Telekom-Beschäftigten müssen unterstützt werden!  
Hartmut Dicke/Uwe Müller 17.4.07


 +++  96,5 Prozent der Verdi-Mitglieder für Streik 
de.internet.com, 10.05.07

Verdi-Tarifinfo Nr. 12 vom 7.5.07
 

  Telekom:  "Der Streik wird flächendeckend sein"    WDR.de 4.5.2007   

Pfiffe für Telekom-Chef auf Hauptversammlung - Obermann droht Beschäftigten  3.5.07

 Interview mit Telekom-Chef Obermann 
"Die Welt" 28.4.07