Internet Statement 2008-23

 

Einiges zu den Hintergründen der Energie-Preistreiberei

Walter Grobe, 12. Juni 2008     

Schon wieder bricht ein Alarm aus in der kapitalistischen Welt: das unaufhörliche Steigen der Spritpreise führt in mehreren Ländern der  EU, so in Spanien, Portugal, Polen, Belgien wie auch in anderen Teilen der Welt mittlerweile zu massiven Protesten. Spanien und Portugal werden derzeit von Streiks von Lastwagenspediteuren erschüttert. Den Berichten zufolge handelt es sich vorwiegend um selbständige Fahrer und kleinere Unternehmen. Bereits zwei Streikposten wurden durch Fahrzeuge von Streikbrechern getötet. Inzwischen hat die spanische Regierung 25.000 Polizisten zur Unterdrückung der Streiks aufgeboten.

„Die Exzesse sind nicht zuletzt auf blank liegende Nerven zurückzuführen, die die seit zwei Tagen andauernden Proteste gegen die hohen Mineralölsteuern nach sich ziehen: Zahlreiche Autobahnen sind blockiert der Verkehr staut sich über viel Kilometer. Am Dienstag brachten die Spediteure am Dienstag den Verkehr auf den wichtigsten Zufahrtsstraßen nach Madrid und in der Umgebung anderer Städte zum Erliegen. Auch aus Irland, Schottland und Portugal wurden Proteste gegen die hohen Energiepreise gemeldet.

Streikposten hinderten Lieferanten auch daran, Großmärkte in Madrid und anderen Städten mit Lebensmitteln zu versorgen. Bei La Junquera an der Grenze zu Frankreich saßen infolge des Streiks 2500 Lastwagen fest. In Barcelona gewährte die Polizei Tankwagen Geleitschutz, die die Tankstellen in Katalonien versorgen sollten. In der Region im Nordosten Spaniens hatten am Montag fast 40 Prozent der Tankstellen schließen müssen, weil ihnen das Benzin ausgegangen war. In Spanien kam es vielerorts zu Hamsterkäufen, weil die Bevölkerung sich für die kommenden Tage mit Lebensmitteln eindecken wollte.“ (So berichtete der „Spiegel“ und ähnlich auch andere am 10.6. und danach.)

Während Politiker in Deutschland gegenüber der Krise noch ungestraft Kinkerlitzchen wie das Radfahren und alle möglichen - angeblich - energiesparenden Investitionen in noch teurere „grüne“ Autos und bestisolierte Immobilien empfehlen, gehen in anderen Ländern wie Spanien inzwischen Teile der Massen zur Sache. Auch in Brüssel war es bereits vor einigen Tagen zu massiven Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen, als Fischer aus EU-Ländern, die den Diesel für ihre Fangboote nicht mehr bezahlen können, EU-Büros attackierten.

Zur Zeit will von der Partei der Grünen kaum jemand ihre alte zentrale Forderung öffentlich wiederholen, daß der Spritpreis auf 5,- DM, sprich derzeit 2,55 Euro erhöht werden müsse. Mitten drin in der Verwirklichung dieser Wahnsinnspolitik, sieht heute jeder, daß dies die Devise der brutalsten kapitalistischen Abzocker ist, die kaltschnäuzig Hunderttausende und Millionen Existenzen gefährden und nur die ganz Reichen und oberen Staatsbürokraten ungeschoren lassen. Aber die permanenten Energiepreissteigerungen sind als politische Leitlinie beileibe nicht das Monopol der Grünen geblieben, sondern finden sich heute rundum bei allen bürgerlichen Parteien einschl. der sog. „Linken“. Sie alle sind mit ihrer Politik mitverantwortlich für die jetzige Entwicklung, alle vertreten, wenn auch mit unterschiedlichen Gewichten, die faktische verstärkte Ausrichtung der Energieversorgung auf Öl und Gas und deren Teuerung, weil das bei Abschaltung bzw. Einschränkung der Kernenergie nicht anders sein kann, und sie setzen die sog. erneuerbaren Energien durch, die in Wirklichkeit die Ausfälle nicht ersetzen können und zusätzlich die Preise treiben.

Einer der Experten der SPD für Energiepolitik, Staatssekretär Michael Müller, hat „Spekulation“ als die Ursache für die Preissteigerungen ausgemacht. Spekulation mag eine gewisse Rolle spielen, aber wie wäre es denn, wenn sich Müller und seine ganze Partei einmal an die eigene Nase fassen würden? Hat diese Partei denn nicht im Bündnis mit den Grünen, Schröder plus Trittin, im Jahre 2000 den sog. Atomausstieg durchgepaukt, der den Strompreis jedenfalls auf längere Sicht in ungeahnte Höhen treiben muß und bereits unmittelbar nach Inkrafttreten zu massiven Steigerungen geführt hat? Zwar handelt es sich zunächst einmal um Strompreise, aber mittelbar sehr wohl auch um Sprit- und Gaspreise, denn eine Politik der Liquidation der Kernenergie muß den Run auf die Öl- und Gasquellen verstärken. Kernkraftwerke können zwar keinen Sprit erzeugen, aber wenn sie einen großen Teil der Stromerzeugung übernehmen, entfällt ein erheblicher Teil der Nachfrage nach Öl, Gas und Kohle. Nebenbei bemerkt gehört es daher zu den auffallendsten Widersprüchen der Propheten der Erschöpfung der fossilen Energien, daß ihre Politik der Kernenergie-Blockade den Prozeß beschleunigen muß, vor dessen Folgen sie angeblich die Menschen schützen wollen und der als Rechtfertigung der extremsten Preissteigerungen herangezogen wird: die angebliche Erschöpfung der fossilen Energieträger.

Wenn es sich um ausländische Quellen handelt, im Falle Deutschlands bekanntlich zumeist russische, wird die Auslandsabhängigkeit noch verstärkt und die Erpreßbarkeit für Preissteigerungen erhöht. Der Ausstiegsbeschluß war ein bewußter Akt der Energiepreistreiberei.

Leute wie Müller und der sog. Umweltminister Gabriel stehen weiter für die Politik des Kernenergieausstiegs, der vermehrten Öl- und Gasimporte und der Schimäre der erneuerbaren Energien. Fast ihre ganze Partei ist inzwischen auf diese Form der Mißwirtschaft und des Drucks auf die Lebenshaltung gerade der weniger Verdienenden und Arbeitslosen eingeschworen. Der oberste Energie-Guru der SPD, ein gewisser Hermann Scheer, geht weiter und läßt seinen Vorstellungen von prinzipieller Gesellschaftsveränderung nach rückwärts durch Abhängigkeit von versiegendem Öl manchmal freien Lauf: 

„Was jetzt ganz schnell zusammenstürzen kann, ist das industrielle Entwicklungsmodell, das über 200 Jahre lang prägend war, sich immer mehr ausgeweitet hat und das getrieben worden ist von der überwiegend fossilen Energieversorgung. Dieses steht zur Disposition, das ist ganz eindeutig.“ (zitiert im wiki-Artikel „Ölfördermaximum“)

Es steht nicht zur Disposition, was u.a. durch die gerade in Gang befindliche Industrialisierung derjenigen Länder wie China bewiesen wird, die viel größere Anteile an der Weltbevölkerung haben als die bisherigen Industriemächte. Diese Industrialisierung ist dementsprechend umfangreicher und im Weltmaßstab durchgreifender als alle bisherige in der Geschichte. Was Scheer zum Ausdruck bringt, ist keine reale Perspektive der Weltentwicklung, sondern ein Strohhalm der Hoffnung von Reaktionären, die die Industrie wenigstens im eigenen Land möglichst zurückfahren wollen und von einer „Dienstleistungsgesellschaft“ schwärmen, weil sie die geballte Lohnarbeiterklasse mit ihren sozialen Forderungen zusammenstutzen wollen, die früher für dieses Land charakteristisch war.

Die anderen Parteien in Deutschland sind auch nicht besser. Insbesondere die CDU-Führung unter Merkel hat gemeinsam mit Gabriel und anderen die erneuerbaren Energien  zum künftigen Eckstein der wirtschaftlichen Weiterentwicklung dieses Landes und seines Exports erklärt. Derzeit sind diese Herrschaften dabei, sogenannten Windparks in Nord- und Ostsee den Weg frei zu machen, deren Stromerzeugungskosten, wenn sie denn überhaupt in nennenswertem Umfang laufen, die Kosten der Windräder im Inland noch unschwer verdoppeln werden. Die Möchtegern-Betreiber fordern einen Erzeugungspreis von rd. 14 Cent pro kWh Windstrom, der einem Erzeugungspreis von 2-3 Cent für Kernstrom gegenübersteht. Im normalen Haushalt können daraus leicht bald 30-40 Cent für den alltäglichen Stromverbrauch werden, wenn nicht mehr. Und noch immer bekommt der Staat rund zwei Drittel von den 1,50 Euro, die ein Liter Sprit inzwischen kostet, und weigert sich strikt, auch nur einen Cent davon abzulassen. Wer radikale Preistreiber suchen will, findet sie hier in ihren verknöchertsten Formen zuhauf im eigenen politischen Laden.

Die Superreichen in den alten reichen Ländern und ihre Energiepolitik seit den 70er Jahren

Aber natürlich sind die Regierungen und Parteien Deutschlands nicht die einzigen Energiepreistreiber. Sehen wir uns einmal um in der Welt der großen internationalen Energiekonzerne, in der Welt der bürgerlichen Parteien in anderen Ländern wie den USA, und Europa. Allüberall, nicht nur in Deutschland, heißt bereits seit Ende der 60er Jahre die dominierende Parole: ‚Energie ist knapp, daher muß sie teurer und immer teurer werden.’ Man erinnere sich an die Forderungen des sog. „Club of Rome“, einer internationalen Vereinigung von Bankern und Managern, eines Sprachrohrs der internationalen Hochbourgeoisie, das übrigens verbandelt war mit dem seinerzeitigen Regime des endgültigen Verfalls des Sozialismus in der UdSSR. Dieser Club trat Ende der 60er mit der Prophezeiung auf, im Jahre 1995 seien die Weltvorkommen an Erdöl im wesentlichen erschöpft und daher müsse weltweit, insbesondere in den aufstrebenden Ländern der damaligen Dritten Welt, aber auch in den etablierten Produzentenländern die Industrialisierung weitgehend gestoppt und sogar zurückentwickelt werden, um nicht diese und andere Ressourcen zu gefährden, die vor der Erschöpfung stünden.

Selten wurde eine Prognose so komplett von der Praxis als unverschämte pseudowissenschaftliche Bemäntelung der Politik der obersten kapitalistischen Halsabschneider widerlegt, aber nach dem Motto ‚was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern’ wird sie derzeit leicht verwandelt neu aufgelegt. Jetzt heißt es, die großen Ölfelder der Welt seien dabei, den Förderhöhepunkt zu durchschreiten und bald sei mit noch weniger Ausbeute bei gleichzeitig steigender Nachfrage zu rechnen. In Wirklichkeit ist erst einmal festzuhalten, daß die großen Energiefirmen des Westens und wohl auch viele privilegierte Förderländer seit den 90er Jahren immer weniger Geld in die Erforschung neuer Vorkommen gesteckt haben, daß wohl auch der zunehmende Zugriff von sog. Finanzinvestoren auf die Energiewirtschaft zu noch mehr Kurzatmigkeit und Gewinnentnahmen geführt hat als zuvor. Das darf allerdings öffentlich kaum erwähnt werden, man kann es mit etwas Glück im Kleingedruckten von Wortmeldungen kritischer Experten lesen. Zweifellos sind die Vorkommen fossiler Energieträger wie Öl und Gas endlich, aber wie groß sie noch sind und wann sie tatsächlich enden, das ist nicht systematisch objektiv erforscht und wird es wohl auch nicht, weil die kapitalistischen Interessen es erforderlich machen, mit apokalyptischen Voraussagen die Menschen einzuschüchtern.

In Ausnutzung der Ereignisse des Mittelostkriegs 1973 kam es zu einem sog. Ersten Ölpreisschock. Die illustren internationalen Ölkonzerne, die damals noch einen ziemlich exklusiv angelsächsischen Klub bildeten, konnten die Politik der Verknappung und Verteuerung des Erdöls zum ersten Mal massiv durchsetzen, auch gestützt auf die Komplizenschaft solcher Regimes wie des saudi-arabischen. 1979 sahen sie dann im Zusammenhang mit dem Sturz des iranischen Schahregimes und mit dem Umsturz des Sozialismus in China im Hintergrund die Chance zu einer weiteren Erhöhungswelle. Sie reden noch heute von den „Ölpreisschocks“ als von einem Schicksal, das ihnen fremde Mächte aufdiktiert hätten. Aber sie selbst und die mit ihnen verbundenen Regierungen der USA und anderer Länder waren alles andere als unbeteiligt an den politischen Ereignissen und nahmen auf die politischen Resultate der Umstürze massiv Einfluß. So ist die Etablierung des Mullahregimes in Iran als Waffe gegen die damals anstehende demokratische Revolution des iranischen Volkes maßgeblich auch von ihnen begünstigt worden. Weltweit hatte die Ölpreistreiberei damals u.a. eine massive Verschuldung fast der gesamten damaligen Dritten Welt zur Folge, was für das internationale Kapital damals die Politik der Wahl war, um für lange Zeit dort vermehrten Einfluß und Kontrolle zu schaffen.

Wenn der Ölpreis strategisch steigen sollte, mußte andererseits die Frage der Entwicklung der Kernenergie als Entlastung zentrale Bedeutung erlangen, und der Kampf um die Kernenergie entbrannte entsprechend hart zu Anfang der 70er Jahre. Eine der wichtigsten Konsequenzen aus der Behauptung vom Versiegen der sog. fossilen Energieträger hätte logischerweise der Ausbau der Kernenergie sein müssen, und so war das allgemein in diesen Jahren auch aufgefaßt worden. Aber damit hätte es zugleich auch einen wichtigen weiteren Schub für die weltweite industrielle und zivilisatorische Entwicklung gegeben, ganz entgegen den Bedürfnissen der Spitzen der Bourgeoisie in den damals führenden kapitalistischen Ländern. Zahlreiche wichtige Länder hätten sich in der Perspektive vom Erdölkartell unabhängiger gemacht, und deshalb waren die Verteuerer und Verknapper von Öl und Gas, die Propheten von deren Versiegen gleichzeitig diejenigen, die die Kernenergie zum Stop gebracht haben, obwohl das oberflächlich gesehen das Gegenteil von logisch zu sein scheint.

In Deutschland kam hinzu, daß die wichtigsten Ideologen der CDU-CSU, die Müller-Armack, Röpke, Rüstow und andere, zutiefst von der Teuflischkeit der Kernenergie überzeugt waren und schon immer von der Stagnation als Prinzip, genannt „Kreislaufwirtschaft“, schwärmten, die ihnen Sicherheit vor dem Wachsen des Proletariats und entsprechenden revolutionärer Gefahren geben sollte. (Heutzutage gibt sich eine Vereinigung wie die sog. „MLPD“ als der authentische Erbe der „Kreislauf-„ vorstellungen und verrenkt sich in grotesker Weise, sie mit dem Marxismus zu verbinden.) CDU-CSU gaben aber dann in den fünfziger Jahren dem Einstieg in die Entwicklung der Kernenergie in Deutschland nach. In Deutschland war insbesondere die SPD in den 50er und 60er Jahren der Matador des Ausbaus der zivilen Kernenergie gewesen. Anfang der 70er Jahre setzte dann von den internationalen Spitzen des Kapitalismus her eine massive Propaganda gegen die Kernenergie ein; die entsprechenden politischen Bewegungen von Kleinbürgern, Kirchen und einer Pseudolinken, die sich instrumentalisieren ließ und deren Reste bis heute nicht davon wegkommen, wurden organisiert und in den entscheidenden Ländern, in Deutschland, aber auch den USA selbst und anderen Ländern begannen unendliche staatsbürokratische und gerichtliche  Behinderungen der Kernenergie. In Deutschland war es insbesondere der „Spiegel“, der 1973 sich zum Übermittler neuer „Erkenntnisse“ aus den USA machte, daß die Kernenergie doch nicht die Lösung der Energieprobleme sein könne, da dabei angeblich alles Mögliche nicht funktionieren könne und die Gefahren erst richtig entdeckt würden. Zwei Großereignisse, die Reaktorhavarien von Harrisburg 1979 und Tschernobyl 1986, deren Zustandekommen allerdings bis heute nicht wirklich geklärt ist und Fragen nach politischen Hintergründen provozieren muß, sorgten im weiteren für den notwendigen Stimmungsschub. Nach und nach schwenkten die SPD, die Gewerkschaften und dann auch die übrigen bürgerlichen Parteien auf die Politik gegen die Kernenergie ein. In den Jahren 1988-1990, kurz vor und nach der  Ausdehnung des Systems der Bundesrepublik Deutschland auf das Gebiet der vormaligen DDR, fielen im Zusammenspiel von CDU, CSU und SPD mehrere prinzipielle Entscheidungen gegen die Weiterentwicklung der Kernenergie in diesem Lande, gegen die Wiederaufarbeitung, gegen den Schnellen Brüter und gegen den Hochtemperaturreaktor

Jedenfalls wurden in Deutschland und international die Bewegungen zur Verminderung der Abhängigkeit der Länder vom Erdöl etc. in den 70er bis 90er Jahren zum großen Teil blockiert, und die Masse der Kapitalisten arrangierten sich auf ihre Art, wenngleich unter Grummeln wegen ökonomischer Nachteile.

Unsere Organisation stand mit ihrer Verteidigung des industriellen und wissenschaftlichen Potentials dieses Landes einschließlich der Kernenergie sowie mit der Verteidigung der grundsätzlich positiven Einstellung des Marxismus zum technischen Fortschritt fast allein gegen den Strom. Erst in den letzten Jahren kommt es zu Forderungen nach einer „Renaissance der Kernenergie“,  vor allem auch getrieben von der Industrialisierung von Ländern wie China, Indien und vielen anderen, die mit dem Regime der allzu knappen und allzu teuren Energie, das vom Ausland kontrolliert wird und demgegenüber sie am kürzeren Hebel sitzen, sich nicht mehr abfinden können. Bereits seit den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben die USA ihre führende Weltmachtstellung im Kapitalismus bekanntlich nicht nur auf die Feuerkraft ihrer Expeditionskorps und Flugzeugträger, sondern auch auf ihre weltweite Dominanz in der Ölwirtschaft und die daran gekoppelte weltweite Dominanz des Dollars als „Weltleitwährung“ der kapitalistischen Welt begründet. Man kann in den politischen Devisen, die die Weltwirtschaft weiterhin dem Diktat des ang. knappen Öls und der uferlosen Preiserhöhungen unterwerfen sollen, durchaus auch Zeichen des Überlebenskampfes des US-Imperialismus sehen, der dem Zerfall seiner Stellung ins Auge sieht und keinen Ausweg weiß als die vermehrte Aggression gegen die große Mehrheit auf der Welt.

  Die Politik der Energieverknappung und -verteuerung, die die Zurechstutzung der Kernenergie zum Auslaufmodell oder bestenfalls ihre begrenzte Zulassung als Ergänzung im Spektrum der Energieerzeugung einschließt, ist mittlerweile längst zur dominierenden Politik der Superreichen der traditionell reichen Länder geworden. Wenn jetzt Regierungen, die politischen Vertreter dieser Schichten, sich den Anschein geben, für einen teilweisen Ausgleich mit den Interessen der Massen einzutreten und ihnen vor den Auswirkungen zu hoher Energiepreise wenigstens einen gewissen Schutz zu geben, sollte man nicht vergessen: sie selbst sind an zentraler Stelle verantwortlich für diese Gesamtentwicklung, und hinter den Kulissen treiben sie die Preise mit ihrer ganzen Politik weiter hoch, weil das zu ihrem ganzen kapitalistischen Überlebenskonzept gehört.

Auch Frankreich, das für die eigene Stromversorgung die Kernenergie in den vergangenen Jahrzehnten stark ausgebaut hatte, stimmt inzwischen in das Geheul der „erneuerbaren Energien“ ein. Dabei dürfte der Wunsch nach Teilhabe an der derzeit noch äußerst profitträchtigen Subventionswirtschaft der erneuerbaren Energien eine Rolle spielen, aber mehr noch die allgemeine Furcht der Bourgeoisie vor technischer Umwälzung und der daraus folgenden sozialen und internationalen Umwälzung. Von dieser existentiellen Angst ist die französische Bourgeoisie nicht freier als die der anderen Länder. Außerdem übt die Bundesrepublik auch auf Frankreich wie auf die ganze EU Druck aus, sich noch vermehrt an ihre Ökopolitik anzupassen.

Es ist von unserer Organisation schon oft auf eine Grundtendenz dieser internationalen Bourgeoisie in den letzten Jahrzehnten nach dem Verschwinden der letzten sozialistischen oder auch nur pseudosozialistischen Gegenmächte hingewiesen worden, die sich in dem Motto zusammenfassen läßt: Energiepreise hoch, aber runter mit dem Preis der Arbeitskraft, d.h. den Löhnen und der Lebenshaltung der Massen. Die menschliche Arbeitskraft gilt dem Kapital als lästiges Übel, die so billig zu sein hat, daß sie sich kaum noch ernähren, geschweige denn Nachwuchs hervorbringen kann, und die vielen Millionen, die nicht einmal mehr als Billig-Arbeitskräfte für das Kapital interessant sind, sind noch lästiger und bekommen die entsprechende Behandlung zu schmecken. Die Energiepreise aber müssen hoch, nicht nur und nicht einmal vorwiegend weil bestimmte Konzerne dadurch Traumprofite realisieren, sondern vor allem weil die Bourgeoisie damit die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt in die Zwangsjacke zu stecken hofft, sowohl in den eigenen Ländern als auch in der internationalen Konkurrenz, denn sonst wächst sie ihr über den Kopf. Das wird die Entwicklung allerdings auch trotz dieses Abwehrkampfes tun, der letztlich erfolglos bleiben muß, aber jedenfalls zum Konto der Verbrechen der Bourgeoisie an der großen Masse noch sehr schwere Pfunde hinzufügt.  

Spanien in der ökonomischen Krise 

In der spanischen Krise zeigen sich bestimmte Zusammenstöße dieser kapitalistischen Entwicklung schon in relativ deutlichen Formen. Die extremen Kraftstoffpreise gefährden bereits, den Berichten zufolge, wesentlich die Existenz zahlreicher Fahrer und kleiner Speditionsunternehmen, die für die Verkehrsinfrastruktur wichtig sind. Spanien wird gleichzeitig von einer Krise der Hypothekenkredite und des Bausektors gebeutelt, weil sehr viele insbesondere junge Leute mit ihren ohnehin schmalen Einkommen die Raten nicht mehr bezahlen können. Die Lebensmittelpreise steigen ebenfalls. Entsprechend ist die Verbitterung, die dort sichtbar wird. Spanien ist bereits seit dem letzten Jahr von einer schwelenden Immobilienkrise umgetrieben worden. In den vergangenen Jahrzehnten war dort ein ungewöhnlicher Bauboom entfacht worden. Große Teile insbesondere der jungen Generation wurden in eine extreme Verschuldung hineingetrieben durch den Kauf von Eigentumswohnungen, deren Preise leicht das Dreifache der in Deutschland üblichen ausmachen können, aber gleichzeitig durch trügerische Finanzierungsangebote der großen Banken hinnehmbar erschienen. Viele der ohnehin schmalen Einkommen sind auf Jahrzehnte hinaus schon verpfändet. Kinderlosigkeit grassiert. Weil in Spanien die Festlegung des Zinssatzes unüblich und die variablen Hypothekenzinsen jederzeit von Veränderungen im Finanzmarkt hochgetrieben werden können, drohen jetzt viele private Insolvenzen und Räumungen. Spanien zittert in der Aussicht auf einen heftigen ökonomischen Absturz, und die Auswirkungen einer solchen Entwicklung auf die Ökonomie der EU insgesamt, auch gerade Deutschlands, dürften ebenfalls nicht gerade klein werden. Es ist notwendig, die Entwicklung in Spanien zu verfolgen und die spanischen Werktätigen im Kampf um die Sicherung ihrer elementaren Lebensbedürfnisse zu unterstützen.  

Wir würden uns nicht wundern, wenn erneut versucht würde, das spanische Volk und die Weltöffentlichkeit erneut mit subversiven Akten einzuschüchtern und abzulenken. Daß die Anschläge von Madrid 2004 allein auf die Umtriebe islamistischer Fanatiker zurückgingen, das war schon damals nicht zu glauben und wurde durch Dinge, die im Zusammenhang mit den darauffolgenden Prozessen bekannt wurden, noch weniger glaubhaft. Wir hoffen, daß solche verbrecherischen politischen Manöver von den Volksmassen immer besser durchschaut und gegen ihre Urheber gewendet werden. 

  Die permanenten Kriegsdrohungen gegen Iran und anderswo  

Bei der ständigen Erhöhung der Ölpreise spielen auch noch weitere Dinge eine Rolle. Wenn eine US-Regierung im Bunde mit Israel seit Jahren mit militärischen Angriffen auf den Iran droht und diese Drohungen bei jeder Ölpreisrunde erneuert, dann ist das eine direkte Aufforderung, die Preise zu erhöhen und auf weitere Erhöhungen zu spekulieren. Bekanntlich ist Iran einer der wichtigsten Öl- und Gaslieferanten. Ein Krieg würde zu großen Versorgungsausfällen führen, umsomehr als wahrscheinlich nicht Iran allein betroffen wäre, sondern eine ganze Reihe von Nachbarländern, die gleichfalls bedeutende Öl- und Gaslieferanten sind. Für die kapitalistische Spekulation sind das blühende Gelegenheiten.  

Unvorhersehbare Steigerungen der internationalen Nachfrage?  

Ein wichtiges Thema ist auch die steigende internationale Nachfrage vor allem aus den sich industrialisierenden Ländern, die immer wieder als Begründung für die angebliche Knappheit und die steigenden Preise angeführt wird. So plausibel das auf den ersten Blick erscheinen mag, so bringt es einen doch auch wieder ins Nachdenken über prinzipielle Mängel des Kapitalismus. Der industrielle Aufstieg von Ländern wie China etc. kommt ja nicht über Nacht oder aus dem Hinterhalt, sondern wird von demselben internationalen Kapitalismus seit Jahrzehnten mit vorangetrieben, der jetzt aus der Nachfrage Chinas etc. öffentlich eine Begründung für die Unausweichlichkeit von Knappheit und Preissteigerungen zimmern möchte. Unvermeidlich sind solche Krisen nur unter kapitalistischen Bedingungen, die langfristige Planungen und vor allem globale Abstimmungen so gut wie unmöglich machen, weil das Kapital von allgemeiner Chaotik, Kurzfristigkeit und dem Streben nach dem raschen Maximalprofit geprägt ist. Daß die Infrastrukturen, auch gerade die der Energieversorgung, in den meisten kapitalistischen Ländern wacklig und nicht selten sogar katastrophal sind, ist doch kein Geheimnis. In Deutschland kann man in diesen Jahren verfolgen, wie Infrastrukturen, die hier aufgrund früherer politischer Bedingungen relativ gut entwickelt worden waren, durch die mittlerweile ungebremste Raffgier des Kapitals und die kapitalistisch-ökologistische Politik der Zerstörung der Existenzgrundlagen größerer Teile der Gesellschaft begonnen haben, in die Mittelmäßigkeit oder sogar ins Defizit abzugleiten. Das kann man am Beispiel der Energieversorgung selbst oder auch des Verkehrswesens, der Entwicklung der Autostraßen oder der Bahn studieren.  

Die Zerfahrenheit und Unfähigkeit des Kapitalismus ist ein allgemeiner Nährboden für alle möglichen krisenhaften Zuspitzungen. Bei den heutigen Energieversorgungskrisen aber handelt es sich nicht bloß um die grundsätzlichen gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten des kapitalistischen Systems angesichts der heutigen weltweiten Vergesellschaftung von Produktion und Wissenschaft, sondern es sind auch die Zuspitzungen, die Krisen, die von der imperialistischen internationalen Politik und insbesondere der Ökopolitik noch zusätzlich und teilweise ganz gezielt, bewußt verursacht werden. Wenn Figuren wie Michael Müller von der SPD oder Organe wie der Spiegel „Spekulanten“ für die Ölpreiskrise verantwortlich machen, dann kann man demgegenüber auf alle Fälle festhalten: wenn es Spekulation gibt, die mit Hoffnung auf künftige weitere Energiepreissteigerungen die aktuellen Preise hoch und höher treibt, dann kann sie dies vor allem deswegen, weil die internationale Öko-Strömung im Kapitalismus zu einer grassierenden Seuche geworden ist und gerade solche Regierungen wie die deutsche zu den aktiven und bewußten Treibern der Energieknappheit und -verteuerung gehören. Ihr gesamtes Konzept des Exports von Windrädern und ähnlichem beruht auf der Unterdrückung preisgünstiger Energieerzeugung und der Hoffnung auf anhaltende internationale Steigerung der Energiepreise.  

Charakteristisch für die Geisteshaltung der überwiegenden Teile der sog. Linken in unserem Land war, daß Zeitungen wie die „junge Welt“ oder „Neues Deutschland“ das Thema der Proteste und Streiks gegen die Spritpreissteigerungen recht klein halten. Aus Spanien berichteten sie erst am 12.6.,  als es nicht mehr möglich war, dazu zu schweigen. Die ganze Entwicklung muß diesen Kräften höchst peinlich sein, denn sie sind selbst von der Ökopolitik, d.h. der Politik der systematischen Energieverteuerung äußerst stark beeinflußt und vertreten diese massiv mit, zusammen mit Merkel und den anderen Schranzen des Kapitals.

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Die gegenwärtige
Krise und die
Abwiegelei der
Revisionisten

Redaktion NE -hd
28.01.2008



Zur
Finanzkrise die
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krise – das
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IS 2008-18 - 15./26.4.2008

 

Nokia -
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 – das abstruse
Konzept von
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Das Hartz- Konzept
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Angriff auf die
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Die Bedeutung
des sog. Konsenses über die
Stillegung der
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Memorandum
von Hartmut
Dicke

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zur Frage
der Kernenergie