Internet Statement 2008-39

 

Zwei Blinde, die dem Lahmen auf die Sprünge helfen wollen

Gabriel und Steinmeier (SPD) als rettende Ratgeber der USA in der Krise

Walter Grobe, 29.9.2008   

Am 29.9. ist in der „FAZ“ ein skurriles Stück Politikastertum zu lesen, verantwortet von „Bundesumweltminister“ Sigmar Gabriel und dem Außenminister der SPD, Frank-Walter Steinmeier, der gleichzeitig „Kanzlerkandidat“ für die SPD spielt.

Es handelt sich um ein Angebot an den zukünftigen Präsidenten der USA, ganz gleich ob Obama oder McCain, für eine „transatlantische Klimabrücke“. Unter der Phrase „Wer, wenn nicht wir?“, mit der sich die Autoren anscheinend selbst Mut machen wollen, wird den USA die Partnerschaft einer ganz im Zeichen der Ökopolitik stehenden Bundesrepublik Deutschland angeboten:

„Wer auch immer das Rennen für sich entscheidet: Unsere Hand ist ausgestreckt, gemeinsam mit den Vereinigten Staaten den Klimaschutz und eine zukunftsfähige Energiepolitik voranzubringen.“

„Gemeinsam mit den Vereinigten Staaten können wir eine Führungsrolle im internationalen Klimaschutz einnehmen, technologische Durchbrüche erzielen und ein erfolgreiches Kyoto-Folgeabkommen verhandeln.“

Auch wenn es vielleicht einigen rückwärtsgerichteten Gemütern die Stimmung trübt, muß hier einmal mehr festgehalten werden, daß solche Vorschläge auf idiotischen Voraussetzungen beruhen, wie daß der Welt eine „Klimakatastrophe“ drohe. Es gibt vielleicht ein paar Klimaänderungen wie immer in der Erdgeschichte - derzeit heißt es übrigens von mancher Seite eher mal wieder, es werde kälter -, aber die reale Katastrophe, die derzeit am Anrollen ist, ist die des Kapitalismus. Gibt es eigentlich im derzeitigen Phrasenkarussel der kapitalistischen Politiker etwas Abgedroscheneres als die ewige Litanei vom „Überleben unseres Planeten“ (Gabriel/Steinmeier)? Das sind und waren schon immer Tarnphrasen für die hinterlistigsten und sozial schädlichsten kapitalistischen Manöver, Überlebenstricks von Reaktionären. Den Herrschaften fällt einfach nichts mehr ein.

Alle Welt weiß, daß

„die aufstrebenden Staaten wie China, Indien, Brasilien, aber auch Russland von einem nachhaltigen und klimaschonenden Wachstumsmodell [zu] überzeugen“

bisher schon sich als mühseliges und vom Prinzip her sehr unwahrscheinliches Ziel herausgestellt hat. Auch gerade die USA war in der Vergangenheit immer wieder einmal als zusätzlicher Quertreiber in Erscheinung getreten und hatte den deutschen Strategen Wasser in den Wein geschüttet. Jetzt aber könnte es so sein, daß die deutschen Öko-Apostel in den enormen Schwierigkeiten der USA aufgrund der immer weitertreibenden Zusammenbrüche im Finanzsystem und der drohenden tiefen Rezession mit sozialen Unruhen (gespeist allerdings aus auch viel weiter zurückreichenden Entwicklungen wie der weitgehenden Entindustrialisierung der USA und ihrer wahnsinningen verbrecherischen Kriegspolitik) einen besseren Ansatzpunkt wittern. Könnte nicht die offensichtliche Schwäche eines Obama und McCain bzw. der dahinterstehenden politischen Cliquen der US-Oligarchie genutzt werden? Man könnte doch einen deal anbieten in der Art: ‚wenig Freunde habt ihr in der Welt, ihr Häupter der USA; aber wir, die Ökochefs aus Deutschland, sind bereit, euch zu helfen, vorausgesetzt, ihr schließt euch unserem Bruchprogramm an’. Dann, so orakeln Gabriel und Steinmeier, werde es vielleicht auch möglich sein – welche Illusion – „China, Indien, Brasilien, aber auch Russland“ in die Front der Begrenzer und Abtöter des industriellen Wachstums mit hineinzupressen. Vielleicht hoffen sie auch darauf, daß auch in herrschenden Kreisen dieser Länder wegen der Zunahme der sozialen Widersprüche nur die verstärkte Hinwendung zum Ökologismus und Ökofaschismus noch als Rettung gesehen wird, daß diese Länder daher für solche internationalen reaktionären Bündnisse nach und nach aufgeschlossener werden.

Die USA stecken in einer schweren Krise, die viele Länder auf der Welt mit in eine tiefe Rezession ziehen dürfte, möglicherweise eine tiefere als sie die USA selbst durchzumachen haben mögen, und man sollte sich keine Illusionen machen, daß etwa Deutschland davon stärker verschont bleiben werde. Im Gegenteil. Es spricht jetzt schon einiges dafür, daß Deutschland von den anrollenden Rezessionswellen besonders getroffen wird. Nicht nur, daß im deutschen Banken-und Finanzwesen selbst die wüsteste Spekulation, die verantwortungslosesten Gaunermanöver seit langem gang und gebe sind. Der Tag des Erscheinens der Gabriel/Steinmeierschen Bußpredigt ist auch der Tag der Meldungen über die Hypo-Real-Estate-Pleite und die zitternden Knie der deutschen Bankmanager und Politiker. Die Grundfesten sind erschüttert, wie ein Kommentator schreibt.

Weiter: Maschinenbaufirmen, Vertreter derjenigen Branche Deutschlands, die bisher mit zu den Hauptprofiteuren der kleinen internationalen Konjunkturwelle gehörten, die hierzulande als „Aufschwung“ verkauft wurde, melden drastische Einbrüche bei den Bestellungen und beginnen bereits mit dem Personalabbau. Da wird noch Einiges mehr kommen. Die deutschen Staatsfinanzen stehen auf dem wackligsten Grund, den man sich denken kann, 1600 Milliarden Schulden, die schon bisher nicht die geringste Chance auf Abbau hatten und bald noch deutlich mehr zu werden verheißen. Gemeinsam mit den bereits ausgebrochenen Wirtschaftskrisen in Spanien und GB wird die deutsche Krise für massiven Abbau in der EU sorgen. Und da wollen uns Gabriel-Steinmeier erzählen, mit dem Export von ein paar Windrädern und Solaranlagen nach Kalifornien könne man das Steuer herumreißen?

„Der Markt für grüne Technologien wächst rasch, allen voran in den Vereinigten Staaten. Bei Wind-, Solar- oder Effizienztechnologien haben wir die Nase vorn, sichern und schaffen viele neue und zukunftssichere Arbeitsplätze in Deutschland. Bereits heute gehören deutsche Unternehmen aus der Solarbranche zu den Marktführern an der Westküste der Vereinigten Staaten, ähnlich gut stehen deutsche Spezialanbieter bei Windkraft oder beim amerikanischen Wettbewerb um das beste Niedrigenergiehaus da.”

Manche sagen, daß internationale Finanzkreise nach den beiden Zusammenbrüchen der IT-Blase um 2001 und jetzt der Immobilienblase der USA schon an der nächsten spekulativen Blase basteln, die auf dem Energiesektor ihren Ausgangspunkt haben solle. Mag sein, daß Gabriel-Steinmeier mit in solche „Ideen“ involviert sind. Aber wenn es überhaupt einen Aufschwung im Energiesektor geben sollte, dann wird er an den krisenhaften Zuspitzungen des Kapitalismus nichts ändern, und außerdem wird er dann nicht hauptsächlich über Windräder und Niedrigenergiehäuser laufen, sondern über die Entwicklung und Weiterentwicklung moderner Massenenergielieferanten wie Kernkraftwerke oder ihrer Nachfolger, bspw. Fusionskraftwerke, die international gefragt werden, bei denen aber Deutschland aufgrund der Politik solcher Bankrotteure wie Gabriel-Steinmeier sich immer weiter ins Hintertreffen manövriert.

„Gemeinsam geben wir am 30. September in Berlin den symbolischen Startschuss für die transatlantische Klimabrücke. Eingeladen sind Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft von beiden Seiten des Atlantiks. Ziel sind neue, gemeinsame Projekte, Ziel ist ein „’Marktplatz der Ideen’, um die nächsten Schritte der Klimakooperation zu vereinbaren.“

„Symbolischer Startschuß“ – nun ja. Solche Schüsse in den Ofen sollen sie doch so viele geben wie sie wollen. Die Realität wird solche Symbolpolitiker wie Gabriel-Steinmeier bald aufs Altenteil befördern.

Angemerkt muß allerdings noch werden, daß die Konzeption einer sog. Klimaschutz-Ökonomie, die vor allem in den schon länger entwickelten Industrieländern wie USA, Deutschland und Europa die Desindustrialisierung noch verstärken und die Löhne der noch Beschäftigten weiter ins Prekäre drehen wird, von der CDU-CSU unter Merkel bisher massiv mit vertreten und umgesetzt wird, auch wenn da oder dort verbal eine gewisse Korrektur bezüglich der totalen Verneinung der Kernenergie zu hören war. Die große Koalition SPD-CDU-CSU war bisher geradezu der internationale Anker solch ruinöser Konzepte. Bayern, nebenbei bemerkt, mit solch großartigen Wirtschaftspolitikern wie Beckstein, Huber, Glos, aber zuvor auch schon Stoiber, war mit einer der Horte der Herunterrederei der Kernenergie und des subventionierten Aufbaus sog. grüner Industrien wie Solar- und Güllestrom, und es ist wirklich kein Wunder, wenn dort kaum noch jemand zur Wahl gehen will, weil faktisch alle Parteien, SPD, CSU, Linke usf. dort wenig mehr zu bieten haben als zur ökologistischen Schönfärberei des Abbaus ihr Amen zu sagen.

Die Realität wird ganz anders sein. Sie wird zahlreiche Länder, vielleicht auch europäische, zur Änderung ihrer Wirtschaftspolitik zwingen, sie wird, das ist zu hoffen, Millionen von Menschen aufwecken und in den Kampf für ihre sozialen Rechte führen, die bisher noch von Krisenerscheinungen einigermaßen verschont waren und geglaubt haben mögen, sie bräuchten sich nicht um solche Fragen zu kümmern. Wir wissen zwar nicht, wie stark sich der soziale Kampf in den USA, in Europa, in China entwickeln wird in der nächsten Zeit. niemand weiß auch, wie groß die Teile der Welt sind, die die Wellen der Finanzzusammenbrüche in die Rezession oder den Ruin führen. Aber eines kann man mit großer Sicherheit sagen: abseitige, idiotische und im sozialpolitischen Kern ultrareaktionäre Programme wie die von Gabriel-Steinmeier und ihrer Verbündeten wie Merkel usw. werden nicht mehr lange als Zukunft angepriesen werden können. Man wird sich den ökonomischen Notwendigkeiten stellen und das Klimageschwätz hintenrunterfallen lassen müssen. Man wird sich auch überlegen, ob man solchen „Strategen“, die es sich in der heutigen Situation europäischerseits besonders angelegen sein lassen, das korrupte und bankrotte System der USA-Oligarchien in der Krise zu stützen und in grotesker Verblendung weltprägende Bündnisse im Zeichen von Windrädchen anzubieten, nicht als den Ersten die rote Karte zeigt.

 

 

 

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