Internet-Statement 2011-46

 

Sahra Wagenknechts „sozialer Kapitalismus“ - eine europäische Träumerei


Maria Weiß 21. / 26.11.2011       

Warum kommt Sahra Wagenknecht mit Ludwig Erhard an und behauptet, er hätte einen „sozialen Kapitalismus“ gewollt?

Gut, soziale Marktwirtschaft, so etwas hat der tatsächlich vertreten. Die Frage ist aber trotzdem: warum hat er das vertreten? Ist sein Motor, sein Antrieb dazu eine besonders soziale Einstellung eines kapitalistischen Politikers, oder was war das? Das wäre idealistisch und verkehrt, das so zu sehen. Sehen muß man das im konkreten Zusammenhang des Klassenkampfes zur damaligen Zeit, Mitte der fünfziger Jahre, und der bestand eben darin, daß es durchaus auf der Welt verschiedene sozialistische Staaten gegeben hat, die sich durchgesetzt hatten, zum Beispiel die Volksrepublik China seit 1949, aber auch die Sowjetunion war damals noch keineswegs völlig degeneriert. Das kann man nicht sagen. Es gab auch noch die DDR, die auch nicht völlig weg vom Sozialismus war, das kann man ebenfalls nicht sagen. Und diese Faktoren haben eben eine Rolle gespielt bei dem Vorantreiben der westlichen Bourgeoisie, vor allen Dingen natürlich im westlichen Teil Deutschlands, welche sich nämlich in gewisser Weise konfrontiert gesehen hat mit dieser anderen sozialistischen Gesellschaftsordnung. Das hat sie dazu bewogen, ein solches angeblich „soziales“ Modell über den Kapitalismus zu entwerfen, und dafür stand Ludwig Erhard.

Wie sieht es aber heute aus? Bekanntlich ist dieses Modell längst passé, und längst haben sich die Widersprüche des Kapitalismus soweit verschärft, vor allem durch seine globale Ausdehnung, daß die ganze Sache nach rückwärts gegangen ist und diese sozialen Errungenschaften Stück für Stück, nicht zuletzt durch die rot-grüne Regierung zu Anfang dieses Jahrtausends, wieder abgebaut worden sind. Auf diesem Weg befindet sich unsere Gesellschaft nach wie vor. Und weiter haben sich die Widersprüche so verschärft, daß ein Modell eines „sozialen“ Kapitalismus heutzutage wirklich wie ein Mondmärchen anmutet, sieht man sich die internationalen Widersprüche an.

Was bedeutet „sozialer Kapitalismus“? Er bedeutet zugleich „soziale“ Ausbeutung. Eine solche kann es aber nicht geben, schon gar nicht, da der Kapitalismus auf Grund seiner innewohnenden Gesetze zu maximalem Profit gezwungen ist. Wenn also diese maximale Ausbeutung, die einen solchen Profit garantiert, hier nicht stattfindet, dann muß sie woanders stattfinden. Und das tut sie auch, und das seit langem. Man sieht daran, daß ein „sozialer Kapitalismus“ eine Illusion ist, die auf der maximalen Ausbeutung (wenn eben nicht hier) dann woanders auf der Welt beruht. Und genau das ist auch der Fall. Kann man aber als Sozialist die soziale Komponente auf ein Land oder eine Region beschränken und den Rest der Ausbeutung anheim fallen lassen? Es bedarf wohl kaum einer Überlegung, daß das unmöglich ist. Man sieht also daran, daß ein solches Konzept zu vertreten Arbeiteraristokratismus, d.h. Bestochenheit aus den Extraprofiten des Kapitals , welche woanders gemacht werden, bedeutet.

In dem Interview, welches Sahra Wagenknecht dem Tagesspiegel gegeben hat, rückt sie denn auch schließlich damit heraus, sie wolle einen „gebändigten“ Kapitalismus. Ja wenn man absolut nicht vorwärts gehen will, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als rückwärts zu gehen. Das funktioniert aber auch nicht, denn die Banken lassen sich nicht bändigen, der Kapitalismus insgesamt läßt sich auch nicht bändigen, es sei denn, er ist durch den Klassenkampf und durch die Existenz neuer wieder entstehender sozialistischer Systeme oder Staaten auf der Welt dazu gezwungen. Das aber erfordert erstmal Revolution, und das muß sich erstmal wieder entwickeln.

Das ist aber nicht das, was solche Leute wie Wagenknecht wollen. Das, was sich hier bei Wagenknecht zeigt, ist der alte Sozialdemokratismus und Revisionismus, der bei diesen Leuten von der früheren SED und der heutigen sogenannten Linkspartei immer wieder zum Vorschein kommt, und der im Grunde nichts anderes ausrichten kann, als den Volksmassen Sand in die Augen zu streuen und den Ausbeutern Luft zu verschaffen. Das stellt in der Tat keine Herausforderung gegenüber dem bestehenden Kapitalismus dar. Das einzige, was sich hier vielleicht in gewisser Weise indirekt widerspiegelt, ist die unterschiedliche Stellung der verschiedenen kapitalistischen Zonen auf der Welt. Es gibt durchaus einen Widerspruch zwischen den USA und Europa, der sich gegenwärtig verschärft. Und es gibt auch Widersprüche zwischen den alten und neuen asiatischen kapitalistischen oder auch revisionistischen sog. Schwellenländern, China, Indien und andere, natürlich auch das heutige Rußland, welches ebenfalls Ambitionen hegt. Diese Verschärfung spiegelt sich objektiv wider in solchen Wunschvorstellungen wie daß eben europäische Kapitalisten davon träumen, man könne diese Gegensätze eingrenzen und sozusagen wieder zurückfahren, indem man die Spekulation beschränkt, das Finanzkapital beschränkt, seine spekulativen Ambitionen, eben ihnen „Schranken anlegt“, wie es so schön heißt. Das ist eine kleinbürgerlich-bürgerliche Illusion, das kann nicht funktionieren. Und wenn jemand hierzulande als Vertreter einer angeblichen Linkspartei so etwas zum Besten gibt, dann ist es nicht nur illusionär, sondern auch lächerlich. Mehr noch, darin steckt ein nicht ungefährlicher Betrug.

 

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