Internet Statement 2014-12

 

              Ukraine: Massaker gestern und heute

 

Wassili Gerhard    04.05.2014         

In Odessa wurde ein Protestcamp gegen die gegenwärtige Regierung in Kiew überfallen und ein Gewerkschaftshaus in Brand gesetzt, in das sich die Insassen geflüchtet hatten. Dutzende kamen zu Tode. Wie berichtet wurde, wurden Menschen, die aus den Fenstern sprangen, unten von einer Meute umgebracht. Die Polizei hielt sich zurück.

Vorangegangen war eine Demonstration anläßlich eines Fußballspiels, die das gegenwärtige Putschregime feierte und in provokativer Weise durch Odessa paradierte, wo eine beträchtliche Zahl der Menschen wegen ihrer kulturellen Nähe zu Rußland nichts Gutes von einer Regierung erwartet, die sich bei ihrer Machtergreifung auf ultrarechte Kräfte als paramilitärische Speerspitze stützte und ihnen freie Bahn gibt. Die offiziöse Kyiv Post schreibt selbst:

„...1,000 football fans and supporters of Ukraine’s unity gathered at Sobornaya Square. 

Only several dozen members of the Maidan Self-Defense Units, a paramilitary patriotic organization formed during EuroMaidan to support the revolution, were equipped to defend the crowd.“

(Interessant ist, daß hier von 1000 sogenannten „pro-Maidan-Demonstranten“ die Rede ist, daß aber dann an anderer Stelle von 2000 gesprochen wird, die das Protestcamp mit 200 Insassen angriffen.)

Und wenn das nun eine geplante Provokation war und der Überfall auf das Protestcamp von Anfang an eingeplant? Und diese “Mitglieder von patriotischen paramilitärischen Organisationen“ sind in der Hauptsache organisiert von ultrarechten Organisationen. Das sind diejenigen, die das Rückgrat der militanten „Maidan-Hundertschaften“ bilden. Nachdem dieser Marsch, wie nicht anders zu erwarten, von angeblich 200 Gegnern angegriffen worden war, einmal ist auch von „several hundred“ die Rede, haben diese friedlichen Demonstranten Bewaffnung bis hin zu Schußwaffen. In der „Kiyiv Post“ sind die anderen immer nur „Separatisten“ oder „pro-russische“ Kräfte. Die Kämpfe werden natürlich in grellen Farben ausgemalt.

Den Abschnitt, der die Stürmung und In-Brand-Setzung des Protestcamps behandelt, nachdem der Zug sich den Weitermarsch erkämpft hat, überschreibt die Kiyiv Post mit: „Pro-Russian crowd flees to Trade Unions building“. Daß das die gleichen Leute sind, die die Demonstration angegriffen haben, wird nicht einmal behauptet. Was denn nun, wenn die Stürmung dieses Protestcamps von Anfang an Ziel dieser Aktion war - und auf jeden Fall mußte man das befürchten - dann war es doch dringend geboten, diesen Zug vorher aufzuhalten und nicht bis dorthin weiterlaufen zu lassen. Und gerade auch die Polizei hätte sie nicht dort hingelangen lassen dürfen. Diesen Zug aufzuhalten kann also durchaus auch eine berechtigte Aktion gewesen sein. Natürlich wird von der Kyiv Post an keiner Stelle eine Überlegung in dieser Richtung angestellt. Wer hier „die Guten“ sind, steht von vornherein fest. Das gilt offenbar so als offizielle staatliche Meinung. (Oder ist das als Anweisung von amerikanischen Instrukteuren gekommen? Die Handschrift würde passen.) Über den Gouverneur des Gebietes Wladimir Nemirowski sagt „Spiegel Online“z.B.:

„Ausgerechnet die Brandstifter, deren Feuer Dutzende Menschen das Leben gekostet hat, nahm der Gouverneur ausdrücklich in Schutz: Um "bewaffnete Terroristen zu neutralisieren" sei das Vorgehen "legal" gewesen.

Es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, daß auch Putins Rußland ein Interesse an der Ausnutzung der Widersprüche im Lande hat und da verdeckt mitmischt an der Schürung der Widersprüche, doch der größte Teil der Bevölkerung im Osten will dem Vernehmen nach gar keine Abtrennung von der Ukraine. Jedoch hat der russischsprachige und der russischen Kultur verbundene Bevölkerungsteil durchaus einen berechtigten Grund, dem neuen Regime in Kiew zu mißtrauen und ein größeres Maß an Autonomie zu fordern, um z.B. nicht russophobe Rechtsradikale als Polizei oder dergleichen zu bekommen, was im Westteil des Landes bereits stellenweise Wirklichkeit wird. Es gab sogar Meldungen, daß sog. „Maidan-Aktivisten“ ausgebildet werden als Stoßtruppe für Aktionen im Osten des Landes, war das hier schon die Umsetzung davon? Dieser teilweise bewaffnete Zug, der ein Camp von Befürwortern einer Föderalisierung überfällt und seine Insassen zu massakrieren versucht, wird immerhin als „pro-ukrainian activists“ bezeichnet von der Kyiv Post.

Die rechten Kräfte, die das paramilitärische Rückgrat solcher Aktionen bilden, geben selbst Hinweise auf ihren Charakter, sie feiern offen ihr Vorbild Stefan Banderea und die UPA, eine offen faschistische paramilitärische Organisation, von der in der Vergangenheit unter anderem auch ethnische Säuberungen ausgingen, ausgeführt mit unglaublicher Bestialität, die sich noch an Säuglingen und kleinen Kindern sadistisch austobte. Im Westen der Ukraine wird diese Figur seit der „Orangenen Revolution“ überhaupt wieder in aller Öffentlichkeit gefeiert. Das müssen die russischsprachigen Menschen speziell im Osten der Ukraine, die auch kulturell der russischen Kultur nahe stehen, doch als Bedrohung ansehen. Wenn sie davon reden, daß sie nicht von Faschisten regiert werden wollen, ist das überhaupt nicht abwegig. Gerade gab es wieder ein bezeichnendes Beispiel, wes Geistes Kind diese Bandera-Verehrer sind:

 

Eine Meldung der letzten Tage:

Bestialische „Ethnische Säuberungen“ an Polen in Wolhynien in den 40er Jahren während deutscher Besatzung werden als Sieg gefeiert!


Begangen von der UPA (bewaffnete paramiltärische Organisation der Bandera-Richtung und Vorbild für „Swoboda, Rechten Sektor etc.)

Die unabhängige Nachrichtenseite
infoseite-polen.de   berichtete am 25.04.2014 unter der Überschrift „Ukrainische Nationalisten feiern Massaker“:

 

„Am 22. und 23. April 1943 wurden rund 600 Bewohner der polnischen Ortschaft Janowa Dolina in Wolhynien von der ukrainischen Untergrundarmee UPA ermordet.

Das Massaker von Janowa Dolina, das heute ukrainisch Bazaltowe heisst, gilt als Initial-Tat für die unter dem Schutz der deutschen Besatzung durchgeführten ethnischen Säuberungen in Wolhynien im Frühjahr und Sommer 1943, denen ca. 60.000 Polen, vor allem Frauen und Kinder, zum Opfer fielen.

Janowa Dolina war erst in der 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts als Siedlung für die Arbeiter des nahegelegenen Basaltsteinbruchs und ihre Familien angelegt worden. Die UPA drang in der Nacht in den Ort ein und setzte sogleich die meisten Häuser in Brand. Polnische Bewohner, die den Flammen entfliehen konnten, wurden zumeist mit Äxten und Messern massakriert. Nur aus einem Haus, in dem Schusswaffen vorhanden waren, gab es Widerstand, so dass bei dem Angriff auch 8 UPA-Kämpfer ums Leben kamen.

Anfang der Woche fand in Bazaltowe eine Gedenkfeier statt. Doch gedacht wurde nicht der Opfer des Massakers. Westukrainische Nationalisten, die vorwiegend in der paramilitärischen Organisation “Rechter Sektor” und der Svoboda-Partei organisiert sind, feierten an dem bereits früher errichteten Gedenkstein “einen der grössten Siege” der UPA. Man habe an diesem Tag eine “Bastion der polnisch-deutschen Okkupanten vernichtet”, heisst es in grober Verkehrung der historischen Tatsachen. Als “deutsche Okkupanten” gelten dabei die deutsche Siedler in Wolhynien, die in der Zeit der russischen Herrschaft unter Katharina II. ins Land gerufen wurden.“

(Hervorhebung von mir)

Und da sollen sich die russischsprachigen Ukrainer nicht bedroht fühlen? Man stelle sich vor, Deutsche, Österreicher oder Russen würden etwas Derartiges machen, was für ein Aufschrei durch die Medien ginge, aber hier: Einer kleine Aussenseiter-Webseite berichtet über diese empörenden Vorgänge. Die Webseite beschwert sich denn auch:

“Die politische Grosswetterlage erlaubt es den polnischen Mainstream-Medien nicht, über den Vorgang zu berichten. Berichte finden sich nur in randständigen Internet-Medien, wie dem der Galizien-und Wolhynien-Polen kresy.pl. Im geschichtsbewussten Polen, in dem der Ermordung polnischer Armeeangehöriger durch den sowjetischen KGB in Katyn häufig und auf vielfältige Weise gedacht wird, ist die Erinnerung an die Wolhynien-Massaker heute unerwünscht.“

Es ist offenbar in der Tat nicht erwünscht, den Charakter solcher Kräfte genauer darzustellen, die mit dem Begriff „Ukrainische Nationalisten“ unzureichend beschrieben werden. Das ist nicht nur in Polen so, aber dort ist das angesichts solcher Ereignisse ein noch größerer Skandal. Man trage z.B. das Stichwort „Dolina Janowka“ in einen Browser ein, um einen Eindruck zu bekommen.

Diese Kräfte waren jüngst hilfreich dabei, eine Nato-freundliche Regierung an die Macht zu bringen und in den engeren Einflußbereich Rußlands einzudringen, in ein Gebiet, das von Rußland seit Jahrhunderten als ur-russisch angesehen wird. Dafür wird in Osteuropa eine „Büchse der Pandora“ geöffnet und etwas losgelassen, das eigentlich schon geächtet war. Was das noch für Konsequenzen haben wird, ist nicht zu übersehen. Diesen Ultrarechten ist im Weiteren jede Schandtat zuzutrauen, so wie bei ihren historischen Vorbildern, wenn sie damit ihren großukrainischen Träumen einen Schritt näher zu kommen hofften.

 

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