Internet Statement 2017-131

 

 

 

Libyen - Eine Form der Sklaverei durch eine andere ersetzen?

Mal wird das schreiende Unrecht ignoriert oder gar mit herbeigeführt und ein anderes Mal werden dann Krokodilstränen vergossen, wie es gerade paßt!

 

 

Wassili Gerhard  12.12.2017

In den Medien häufen sich derzeit Berichte, daß schwarze Afrikaner heute in Libyen bisweilen auf Sklavenmärkten verkauft und wie Vieh behandelt werden. Man tut so, als wenn man entdeckt, daß es bei dortigen sogenannten Milizen einen latenten Rassismus gegen schwarze Afrikaner gibt, und daß, als die sogenannten Milizen noch Freiheitskämpfer genannt wurden und in Libyen gegen Gaddafi kämpften, sie Ausschreitungen gegen schwarze Arbeiter verübten, die es unter Gaddafi in großer Zahl gab.

Aber warum hat man denn über diesen Rassismus und die Massaker, über den Charakter dieser Milizen 2011 hinweg gesehen, als die Nato-Flugzeuge diese Milizen unterstützt haben, sie zur Macht gebracht haben, als diese (und vielerlei islamistische Söldner von außerhalb) sozusagen die Rolle der Bodentruppen für die Nato-Luftwaffe gespielt haben? Auch zu jener Zeit gab es schon einzelne Berichte über Massaker und grausame Behandlung von schwarzen Arbeitern, die unter Gaddafi in großer Zahl für unangenehme und schwere Arbeiten beschäftigt wurdenAnm.1, seitens der damaligen „Freiheitskämpfer“, über brutale Lynchmorde, und daß regelrecht Jagd auf sie gemacht wurde. In der heutigen Zeit ist es meistens möglich, außer dem Haupttrend in den Medien auch Nachrichten zu bekommen, die dort ausgeblendet werden, wenn man besonders danach sucht. So brachte „Panorama“ am 8.9.2011 spät Abends einen Bericht dazu, wo es hieß:

„Auf den Straßen von Tripolis feiern die Aufständischen den Sieg über Gaddafi. Aber der Freudentaumel hat eine Kehrseite – ein gefährlicher Rassismus gegen Schwarzafrikaner, befeuert von dem absurden Pauschalurteil, alle Dunkelhäutigen seien Gaddafis Söldner gewesen. [...] Aufständischer: »Libyen ist doch eigentlich ein Land von Hellhäutigen und Gaddafi hat uns die Schwarzen hergebracht, aus Tschad, aus Mali.»“

Man zitiert einen gewissen Fred Abrahams von Human Rights Watch über schwarze Gefangene, die in großer Zahl unter brutalen Bedingungen bei den neuen Machthabern im Kerker saßen:

„Vielleicht ist unter den Festgenommenen der eine oder andere Söldner. Aber ich bin mir sehr sicher, dass die überwältigende Mehrheit dieser Leute keine Söldner sind. Das sind Arbeiter, die für einen Job nach Libyen gekommen sind. Sie haben oft die niedersten Arbeiten verrichtet, wie in der Müllabfuhr. Diese Leute wurden nur wegen ihrer Hautfarbe festgenommen.“ ( http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2011/panorama3551.pdf )

Wo wird denn heute bedauert, daß man das damals in den meisten Medien überwiegend unterschlagen hat? Was ist denn diese ganze Entrüstung überhaupt wert, wenn sie von den Gleichen kommt, die für die Herbeiführung dieser heutigen Zustände Propaganda gemacht haben? Und es ist ja keine späte Reue, die sie antreibt, sondern einfach eine pragmatische Anpassung an die gegenwärtigen Erfordernisse neokolonialistischer Politik gegenüber Afrika. Man will Druck machen, damit die Flüchtlingsbewegung besser nach den Bedürfnissen der Kapitalisten in westlichen kapitalistischen Ländern kanalisiert werden kann.

Was den imperialistischen Kräften, die hinter dem Krieg gegen Libyen standen, nicht gepaßt hat, war vor allem der Umstand, daß Gaddafi in der letzten Zeit sich verstärkt für eine unabhängige Entwicklung seines Landes und darüber hinaus auf dem afrikanischen Kontinent eingesetzt hatte, er vertrat innerhalb der Afrikanischen Union Bestrebungen zu einem großen Investitionsprogramm und einem eigenen Währungsfonds. Drei Monate vor Beginn des Krieges gegen Libyen wurden 97 Milliarden Dollar aus Libyens Öleinnahmen für einen Entwicklungsfonds der Afrikanischen Union zugesagt. Das war für imperialistische Kräfte, die in Afrika vor allem die Rohstoffe ausbeuten, billige Arbeitskräfte abschöpfen und dort möglichst wenig eigenständige wirtschaftliche Entwicklung zulassen wollen, natürlich eher ein Grund, warum Gaddafi weg mußte. Vorher hatten sie teilweise auch mit Libyen zusammengearbeitet. Auf einer Konferenz in Tripolis 2007 hatte man vereinbart, daß Gaddafi das Schleuserunwesen in den Griff bekommen und eine Massenimmigration schwarzer Migranten über Libyen unterbinden sollte, was auch einigermaßen funktionierte. Als er merkte, daß man ernsthaft gegen ihn vorgehen wollte, drohte er damit, die Schleusen zu öffnen, aber das hatte dann nicht die erhoffte Wirkung.

Natürlich hatte das Gaddafi-Regime auch seine Schattenseiten und Grund für Opposition gab es schon. Zwar sprudelten die Ölgelder und es gab ein System staatlicher Sozialleistungen, von kostenloser Bildung und medizinischer Versorgung bis hin zu staatlichen Zuwendungen an junge Paare für den Kauf einer Wohnung, das pro-Kopf-Einkommen war das Höchste oder mit das Höchste auf dem afrikanischen Kontinent - aber es gab auch eine paternalistische Gängelung, eine Arbeitslosigkeit von bis zu 30%, und die gut ausgebildeten Jugendlichen fanden vielfach keine passende Betätigung im eigenen Land - Parallelen zu den Zuständen in anderen Ländern auf dem afrikanischen Kontinent aber auch zu den Golfstaaten. Im sogenannten Arabischen Frühling war es ja auch gerade diese Jugend, die ihre Lage in einer globalen Welt mit modernen Kommunikationsmitteln nicht mehr nur mit der in ärmeren Ländern oder in früheren Zeiten vergleicht, die über das Internet mobilisiert wurde, auf die Straße zu gehen. Aber deren Forderungen nach einer modernen Entwicklung sollten natürlich nicht unterstützt werden.

Dafür hatten die USA und ihre Nato-Mitläufer keine Hemmungen, sich dann am Boden vor allem auf einen „gewendeten“ Teil der Repräsentanten des alten Regimes und auf islamistische und rückständige Stammes-Kräfte zu stützen, die die Fußtruppen der Nato-Luftwaffe bildeten, sowie auf, wie vielfach im sogenannten Arabischen Frühling, übernational vernetzte und durchorganisierte islamistische Kräfte, finanziert aus Katar und Saudi-Arabien, die sich an die Spitze der spontanen Bewegung setzten. Die USA wollten sich selbst nicht auf einen weiteren Bodenkrieg mit eigenen Truppen einlassen. Diese islamistischen Kräfte waren es vor allem, die rassistische und barbarische Massaker verübten bis hin zu Kräften à la Al Quaida oder IS, oder auch Boko HaramAnm.2. Die sind so lange die richtigen Bluthunde, wie sie die aus ihrer Sicht Richtigen beißen. In der Unterdrückung von Bestrebungen nach einer gesellschaftlichen Vorwärtsentwicklung ist man sich einig. Wo Gaddafis Kräfte vertrieben waren, wehten alsbald auch „Al Quaida“-Fahnen. Das alles konnte man auch schon 2011 erfahren, wenn man versuchte, hinter die Oberfläche der Schlagzeilen zu sehen. Aber zu dieser Zeit war es eben nicht opportun, das an die große Glocke zu hängen. Man verbreitete lieber Träume von großen Geschäften beim Wiederaufbau Libyens.

Aber Libyen ist heute eher ein „Failed State“, in großen Teilen von barbarischen Banden beherrscht, die Schmuggel und Menschenhandel betreiben, mit einer vom Westen anerkannten „Zentralregierung“, die sich kaum vor der eigenen Haustür durchsetzen kann. Daß alles kaputt gebombt ist, ist das für die USA-Imperialisten und die Imperialisten, die in ihrem Schlepptau agieren, wirklich ein Problem? Eine im Inneren so schwache Regierung ist umso mehr von ausländischer Unterstützung abhängig und erpressbar. Die USA greifen heute nach Belieben militärisch in dieses Land ein, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen. Das Land ist nicht mehr schuldenfrei, es hat heute einen stetig wachsenden, bald so großen Betrag an Schulden, wie es unter Gaddafi für Investitionen in der Afrikanischen Union aufbringen wollte. Große Teile des Staatsvermögens sind gestohlen und ins Ausland geschafft. Das ist doch bestens für die großen Banken, wo die Gelder liegen werden. Und Schuldscheine eines Landes mit reichen Bodenschätzen als Sicherheit sind wie Bargeld und können als Sicherheit für die Ausgabe weiterer Kredite in den Tresor gelegt werden.

 

So kann man mit Fug und Recht heute sagen, daß Menschenhandel, Versklavung, marodierende und mordende islamistische Banden und derartige Erscheinungen letztlich auch als Symptome der neokolonialistischen Politik zu werten sind, einer doppelzüngigen Politik, die Demokratie und Menschenrechte im Munde führt, aber das ganze Gegenteil in der Praxis betreibt, im Inneren der Länder gerade die rückständigen Kräfte hochkommen läßt. Man muß solche Länder heute nicht mehr zu Kolonien machen, das bringt auch Lasten mit sich und man muß im Lande etwas entwickeln, am Ende wird die Unabhängigkeit gefordert, so sind die historischen Erfahrungen. Neben der Rohstoffausbeutung ist heute die Ausbeutung der jungen afrikanischen Arbeitskräfte in den europäischen Ländern als Billigst-Arbeitskräfte eher das Geschäft, das manchen vorschwebt, und dazu sollen Auffanglager errichtet werden, aus denen man sich dann die Geeignetsten raussuchen kann, auch eine moderne Form der Sklaverei. Aber unter dem Banner des Kampfes gegen Sklaverei dann selbst Kolonialsklaverei zu betreiben, das ist wahrlich nicht neu.

 

 


Anmerkung 1  Eine Parallele zu den Scharen von ausländischen Arbeitern in den Golfstaaten, die dort allerdings mehr aus Asien stammen. Interessant wäre es, wie der rechtliche Status dieser schwarzen Arbeiter war. Dem Vernehmen nach war ihr Status unter Gaddafi auch nicht sehr gut.

 

Anmerkung 2  Hillary Clinton als Außenministerin der USA weigerte sich lange, die islamistische Boko Haram (der Name bedeutet „Bildung ist Sünde“) auf die Liste der terroristischen Organisationen zu setzen. Siehe z.B. „Warum setzte Hillary Clinton Boko Haram nicht auf die Terrorliste? von 2014 ( https://www.heise.de/tp/features/Warum-setzte-Hillary-Clinton-Boko-Haram-nicht-auf-die-Terrorliste-3365297.html ) Auch nicht, nach dem Bombenanschlag der Gruppe im August 2011 auf ein UN-Hauptquartier in Abuja (Nigeria). Erst Ende 2013, über vier Jahre nach Beginn ihres Unwesens, kam die Organisation unter ihrem Nachfolger auf die Liste. Da waren auf dem ganzen Kontinent solche Gruppen verstärkt worden durch Kräfte aus dem libyschen Krieg, die dort an modernste Waffen und Ausrüstung gelangt waren.

 

 

   

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