Internet Statement 2022-42

Der Gefahr eines globalen Krieges auf die richtige Weise begegnen

Wassili Gerhard 01.03.2022 


Die Gefahr eines neuen globalen Krieges ist durch den Krieg in der Ukraine anschaulicher geworden, was viele erschreckt hat und den großen Zulauf zu Friedensdemonstrationen erzeugt hat.  So waren in Berlin Hunderttausende, nach Angaben der Veranstalter 500.000, bei einer großen Demonstration, die als Anti-Kriegs-Demonstration angekündigt worden war. Manche davon mögen zuvor  – und zu Recht – die USA-Propaganda vom bevorstehenden Krieg als Kriegshetze gesehen haben und Putin in einer eher defensiven Position dem gegenüber. Nun ist man überrascht, wie brachial er jetzt seinerseits vorgeht. Das scheint offenbar für manchen die Vorhersagen der USA zu bestätigen. Eben noch wurde die Ukraine an der Seite der USA als Vorantreiber der Kriegshetze angegriffen, nun wird sie  mit einer Invasion überzogen, und Selensky behauptet, man habe immer nur die Verteidigung gegen den übermächtigen russischen Feind gewollt. Russland dagegen steht nun da als eine imperiale Macht, wenn auch eine erheblich schwächere als die imperiale Macht USA, was Russland ja auch schon die ganze Zeit war. Wie paßt das alles zusammen?
 
Grundlegende Hintergründe, die man nicht ausblenden darf
 
Zunächst einmal darf man die grundlegenden globalen Hintergründe dabei nicht ausblenden. Das findet statt vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen den größten imperialistischen Mächten heute, USA, China und Russland. Diese Mächte sind alle Drei imperialistische Mächte, die ihr Imperium verteidigen oder erweitern wollen. China strebt nach globaler Dominanz und die USA wollen vor allem mit allen Mitteln ihre heutige Dominanz erhalten, wollen verhindern, daß China ihnen bald über den Kopf wächst. Dieses Ringen um Dominanz kann am Ende nur in einen großen Krieg münden, solange im Inneren das kapitalistische System nicht wirksam bekämpft und letztlich beseitigt wird. Dieses System hat uns bereits zwei verheerende Weltkriege beschert und kann auch den nächsten hervorbringen, wenn ihm nicht in den Arm gefallen wird.
 
Russland will seinerseits seinen Einflussbereich und seine Geltung als Weltmacht bewahren und ist in einer Allianz mit China, um gegen den Druck der USA anzukämpfen, die sie immer enger mit Atomraketen und Nato-Stützpunkten einengen. Aus der Zeit der Sowjetunion haben sie ein großes Atomwaffenarsenal und überhaupt eine große Armee und einen unverhältnismäßig großen Militärapparat, der auf die Ökonomie drückt, was auch so schon seit den Zeiten des Zarismus so gewesen ist, in dessen Tradition sie in gewissem Sinne stehen. Aber sie profitieren dabei von einem riesigen Vorrat an Rohstoffen und Naturreichtümern in diesem flächenmäßig größten Land der Erde und versuchen sich gestützt darauf zu behaupten.
 
Den Weltkrieg leichter führbar machen?
 
Das Führen eines Weltkrieges ist in der heutigen international ökonomisch und kulturell vernetzten und vielfach von Arbeitsteilung und gegenseitigen Abhängigkeiten gezeichneten Welt seit langem erschwert, aber im Zusammenhang  mit dem jetzigen Krieg in der Ukraine – und vorher schon im Gefolge von Corona und im Rahmen der Klimapolitik – wird längst versucht, diese internationale Verknüpfung auf  ökonomischem und auch kulturellem Gebiet möglichst weitgehend zurückzufahren und so die Spaltung in verschiedene unversöhnliche Lager, die möglichst autark sind, voranzutreiben, was das Führen eines Krieges gegen den oder die Rivalen erleichtert. Das ist ein äußerst bedrohliches Warnzeichen, denn das ging so auch den beiden Weltkriegen voraus!   Es sind die USA, die vor allem in dieser Richtung aktiv sind und eine Propaganda in diese Richtung betreiben, verstärkt unter Biden, aber auch bei China gibt es entsprechende Tendenzen. Leider gab es auch in den Reden auf der Kundgebung in Berlin Töne in dieser Richtung, etwa sich einzuschränken, zur Not „kalt zu duschen“, um von Energieimporten unabhängig zu werden. Das ist eher im Sinne eines neuen globalen Krieges.
 
Auch wenn Putin nun aktuell als Angreifer in der Ukraine dasteht, ist das Ganze so schwarz-weiß nicht, wie das jetzt dargestellt wird. Man darf sich nicht täuschen lassen, wenn der Schwächere vom Stärkeren angegriffen wird, weil ein noch Stärkerer den Schwächeren vorschiebt, um seinerseits einen Vorwand für sich zu schaffen. Es wird so getan, als wenn es immer nur von einzelnen „guten oder bösen“ Menschen abhängt. Dabei ist es oft wie ein Schachspiel, bei dem jede Seite den Gegner auch zu Spielzügen zu verleiten sucht, die ihn in die Falle führen. Der aktuelle Krieg wurde auch dadurch verursacht, daß man Russland eine Bedrohung vor die Nase setzte, die immer größer zu werden droht, und ihn so zu seinen Handlungen herausforderte. Der Krieg ging auch nicht erst mit der jüngsten Invasion Russlands los, sondern schon Tage vorher, etwa ab dem 18. Februar, in der Ostukraine – wo schon seit 2014 Krieg herrscht. Bilder von dort bekommt man so gut wie nie zu sehen.  Ukrainische Faschisten Marke Svoboda oder Rechter Sektor, namentlich eine Einheit namens „Asov“, die den äußerst rechten Flügel der fanatischen Nationalisten bilden, haben dort mit eigenen Einheiten am Kampf teilgenommen, haben Faschisten aus aller Welt zur Teilnahme eingeladen, aber sind mittlerweile in die offiziellen Milizeinheiten integriert worden (wohl um sie unsichtbar zu machen?), was allerdings ein Fall für fällige Entfaschisierung ist. Die Armee und Milizen, durch Lieferung von Waffen und Munition gestärkt, haben dort Tage vorher eine große Offensive gegen die Separatistengebiete mit Millionen Einwohnern begonnen und waren bis direkt an die Städte Lugansk und Donezk herangerückt, so daß deren Eroberung offenbar bevorstand. Das geht aus den täglichen Berichten der ständigen OSZE-Mission hervor, die Verletzungen des offiziell bestehenden Waffenstillstands täglich dokumentiert. Die OSZE verzeichnete auf den Karten, die den Berichten beigefügt sind, eine enorme Steigerung der bewaffneten Auseinandersetzungen, sowie ihre örtliche Bewegung  bis direkt an die Stadtgrenzen von Donezk und Lugansk.
 
Putin konnte dem nicht zusehen, hätte auch in Russland selbst an Glaubwürdigkeit verloren, denn eine Terrorisierung und Vertreibung der Russen, die dort die überwiegende Mehrheit bilden, von denen sogar 860.000 auch den russischen Pass besitzen, war zu befürchten. Und so  wurden die „Volksrepubliken“ anerkannt, damit man sich von ihnen zur Hilfe rufen lassen konnte. Putin kündigte dazu das Minsker Abkommen, das er ja auch verletzt hätte durch den offiziellen Einsatz von russischem Militär. Die Frontlinie wurde wieder verschoben und gegenwärtig wird die Lage dort als ruhig bezeichnet. Diese Kündigung des Minsker Abkommens war der Gegenseite recht, denn sie haben es nicht ernsthaft umsetzen wollen. Selensky hatte zwar die Befriedung der Ostukraine vor der Wahl versprochen, was ihm Stimmen einbrachte, und begründete das „Normandie-Format“ mit,  durch das die Verhandlungen wieder in Gang kommen sollten, aber zeigte zunehmend weniger Interesse daran, forderte kürzlich sogar die Russen im Osten zum Verlassen der Ukraine auf. Nun mußte er es nicht selbst  kündigen und steht so besser da. Damit aber war Putin mit seinen Truppen in einen Krieg direkt mit der Ukraine verstrickt, die ihrerseits natürlich im weiteren verstärkt auf Aufrüstung durch die Nato dringen würde. Genau diese direkte Konfrontation mit Rückendeckung der USA, hatte Selensky offenbar die ganze Zeit angestrebt, und damit setzte er Putin unter Zugzwang.
 
Und dann kommt die große Invasion
 
Und dann kommt die große Invasion durch die russische Armee, die  sich zunächst vor allem gegen militärische Potenzen der Ukraine und ihre Verstärkung durch die Nato richtet. Bis dahin konnte man noch von Selbstverteidigung und einer Hilfsaktion für die bedrängten Russen in der Ostukraine sprechen, und Russland hat überzeugend dargelegt, daß die dortigen Menschen russischer Abstammung auf eine Weise seit 2014 verfolgt werden, die mit der gegenwärtig gültigen Definition des Genozids übereinstimmt, wie sie im Westen und in der UN offiziell anerkannt ist. Wären die dortigen Russen Rohingya, würde man das hierzulande so sehen. Dort hätte man seit Jahren ganz andere Bilder vom Leid der Zivilbevölkerung zeigen können, als sie bisher im jetzigen  Krieg Russlands gegen die Ukraine zu sehen sind, aber die haben wir natürlich nicht Tag und Nacht zu sehen bekommen, denn so funktioniert eben die typische Schwarz-Weiß-Malerei, wie sie bei Kriegspropaganda üblich ist. Auf jeder Seite zeigt man das, was in die eigene Propaganda paßt und läßt das Nichtpassende weg. Da sieht man auch schon mal den Splitter im Auge des Anderen, aber  nicht den Balken im eigenen.
 
Aber wenn nun Russland eine Strafaktion zum Einsetzen einer anderen Regierung und nach eigenen Worten zur „Demilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ unternimmt, dann hat das den Charakter einer Invasion, wenn auch die Eroberung Kiews bisher nicht eindeutig das Ziel zu sein scheint, da sich rund um die Stadt eine Reihe von militärisch wichtigen Zielen befinden, um die es eher zu gehen scheint. Man hat eher den Eindruck, daß man Russland eher dazu provozieren will, indem man triumphierend verkündet, seit Tagen die Besetzung der Stadt zu vereiteln.  Falsch wird es aber ganz sicher, wenn man die USA als den Hort der Freiheit dagegen setzt, wie es Selensky tut, der sich offen den USA als ihr militärischer Vorposten gegen Russland anbietet und im Gegenzug dafür die Hochrüstung seines Landes und Investitionen zur Rettung der, abgesehen von der großen Landwirtschaft, maroden Wirtschaft erwartet. Die Kriege der USA seit dem zweiten Weltkrieg haben schon beinahe so viele Opfer gekostet, wie der zweite Weltkrieg selbst. Und der Kosovokrieg, bei dem Serbien bombardiert wurde, ein  Teil des Landes zur Gründung eines neuen Staates seitens des USA-Lagers abgetrennt wurde und in Serbien mit Erpressung und Versprechen von Geldern zum Wiederaufbau der Zerstörungen durch die Nato eine andere Regierung erzwungen wurde, ist im Grunde eine Vorlage für den jetzigen Krieg Russlands gegen die Ukraine, wobei Russland sogar noch mehr Berechtigung vorweisen kann, als die Nato damals.
 
Russland geht über das hinaus, was als Selbstverteidigung bezeichnet werden könnte
 
Grundsätzlich ist auch festzuhalten: Was das Ziel der „Demilitarisierung“ betrifft, ist das ganz eindeutig mehr als Selbstverteidigung. Ein Land, das an eine so sehr militärisch hochgerüstete Macht wie Russland angrenzt, kann nicht souverän sein, wenn es demilitarisiert ist, wenn es kein Militär hat, das wenigstens einen Angriff schmerzhaft  und verlustreich macht.  Das treibt sie doch noch mehr  den USA in die Arme. Es geht also darum, sich ein Land unterzuordnen. Das geht über das hinaus, was als Selbstverteidigung zu rechtfertigen ist. Berechtigt ist, daß die Nato nicht bis an die Grenze Russlands zu erweitern ist, denn die Nato ist nicht einfach nur ein defensives Bündnis, wie in lachhafter Weise behauptet wird. Die Nato ist militärisch ein Teil der USA-Militärstruktur und dieser untergeordnet. Und die USA als nur defensiv zu bezeichnen, ist wirklich lächerlich.
 
Was eine „Entnazifizierung“ angeht, ist der Vorwurf nicht völlig abwegig, aber das ist vor allem die Aufgabe der Ukrainer selbst, das kann nicht von Russland geleistet werden, das heute so astrein antifaschistisch auch nicht ist. Russland kann hier nicht einfach an den Krieg der Sowjetunion gegen Hitlerdeutschland vor über 70 Jahren anknüpfen. Es ist zwar kein falscher Vorwurf, daß  faschistische Kräfte dort ihr Unwesen treiben, und berechtigt, ein Ende davon zu fordern. Der Name Nazis meint natürlich die deutschen Nazifaschisten, um die es nicht geht, aber es gibt durchaus eine originär ukrainische faschistische Strömung am äußersten rechten Flügel des ukrainischen Nationalismus, deren Einfluß weit über ihren Stimmenanteil bei Wahlen hinausgeht. Sie spielten eine entscheidende Rolle im sogenannten Maidan. Ohne sie hätte es diesen Umsturz so nicht gegeben, und die Einflußnahme in der Ukraine durch die USA, an der auch Biden selbst teilnahm, stützte sich offenkundig in erheblichem Maße auf sie. Deren Wirken heute einfach abzustreiten und Vorwürfe als abstruse Desinformation abzutun, macht z.B. die ukrainischen Journalisten, die dies zur Zeit in unseren Massenmedien tun, selbst verdächtig, oder einen Bürgermeister Klitschko, der sogar mit ihnen zeitweilig eine Koalition einging. Sie sind präsent und obendrein bewaffnet. Dieser Ultranationalismus ist ein Chauvinismus, der auch auf Kosten anderer Völker den Aufstieg der Ukraine zur dominanten Regionalmacht anstrebt. Dabei stellen sich solche rechten Kräfte zum Teil offen in die Tradition der von Bandera vertretenen Richtung, die sich im zweiten Weltkrieg den Nazis als Verbündete anbot, um die Sowjetunion zu zerstören, und Pogrome gegen Juden und Polen verübte, um eine „rein ethnisch ukrainische“ Ukraine zu schaffen. Deren Einfluß muß auch im Interesse der Ukrainer selbst beseitigt werden. Informationen darüber werden gegenwärtig mit allen Mitteln unterschlagen, und es wird höchstens von „nationalkonservativen“ Kräften gesprochen, wie das auch bei den Mitbegründern der Grünen die teilweise einen äußersten rechten Hintergrund hatten, üblich ist. So ist also die Forderung nach „Entnazifizierung“ nicht einfach mit dem Hinweis auf Selenskys jüdische Herkunft abzutun.
 
Das alles mag kein Gemeingut heute sein, denn es prasselt ständig eine Propaganda auf die Menschen hier herunter, die ein Weltbild im Sinne der globalen USA-Interessen verbreitet und mit entsprechend gestalteten Bildern und Berichten vor allem Emotionen anspricht. Es ist nicht leicht, sich dem zu entziehen. Deshalb wurden hier auch eine Reihe von Informationen verlinkt. Aber insgesamt wird das, was hier jetzt im Zuge der jüngsten Entwicklung als angebliche Konsequenz passiert, einen neuen globalen Krieg eher führbarer machen, und es geht schon schon seit einiger Zeit in diese Richtung. Nur wenn dem imperialistischen System in den Arm gefallen wird, nicht indem man sich auf eine Seite dabei schlägt, kann der globale Krieg verhindert werden. Nachhaltig kann das nur durch die Beseitigung dieses Systems auf allen beteiligten Seiten verhindert werden.

   

www.neue-einheit.de     www.neue-einheit.com