Klaus Sender:   
Leninismus und Zivilisation
- Einführung zur Kritik
 
 
 
  • In dieser Schrift von Klaus Sender aus dem Jahre 1989 werden grundlegende Fragen zur Entwicklung der Zivilisation im allgemeinen und speziell Westeuropas und Rußlands behandelt.  Ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis und die Vorbemerkung des Autors verdeutlichen dies. 
  • Schon zu Zeiten von Marx und Engels wurde die Unterschiedlichkeit der russischen von der  westeuropäischen Zivilisation und der spezifische Charakter des Zarismus mit aller Leidenschaft von Intellektuellen und revolutionären Kräften in ganz Europa einschließlich Rußland diskutiert. Es waren und sind dies beileibe keine akademischen Fragen! Die Politik und Strategie der russischen Revolutionäre hing davon ab. Für eine erfolgreiche Bekämpfung des Zarismus mit  seiner Knebelung des russischen Volkes und für die Überwindung der Rückständigkeit und  Barbarei des damaligen Rußlands bedurfte es der Klärung dieser grundlegenden Fragen. Im Zentrum standen folgende: Lenin 
     

    • Würde auch Rußland eine kapitalistische Entwicklung analog der westeuropäischen durchzumachen haben? Könnte die Entwicklung des Kapitalismus  zum Sturz des Zarismus und zur sozialen Revolution führen? 
    • Und was würde mit der Dorfgemeinde geschehen, die sich im Unterschied zu Westeuropa in Russland über Jahrhunderte erhalten hatte und immer noch die soziale Grundeinheit der Mehrheit der russischen Bauern und selbst Arbeitern bildete? War  sie dem Untergang geweiht oder konnte sie die Keimzelle der sozialen Wiedergeburt  Rußlands werden, wie Marx das in einem Brief an Vera Sassulitsch formulierte?
    Wie sich nun Marx und Engels sowie Lenin und die russische Sozialdemokratie diesen Fragen stellten, wie sie sie beantworteten und welche Strategie sie einschlugen, welchen Einfluß das auf die russische Revolution und ihren Verlauf bis hin zu Gobatschow hatte - dies ist Thema dieser Schrift. Der Autor untersucht auch, inwieweit Lenin die Marxschen Anschauungen über Rußland berücksichtigt.

     
      Diese Schrift ist in deutscher, russischer und englischer Sprache erschienen.
     

 60 Seiten,   broschiert,    DIN A4,     Preis:  9,20 €      ISBN  3-926279-06-0
________________________ 
Russische Übersetzung:    68 Seiten,   DIN A4,   ISBN  3-926279-05-02 

 

 
 
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  Auszüge:
 
 
Inhalt: 
Vorbemerkung
Wesen und Bedeutung von Marx' und Engels' Lehre über die Zivilisation
Die Markgenossenschaft
Über einige prinzipielle Merkmale der Theorie der ursprünglichen Gemeinwesen
Weitere Einzelheiten zu dieser Frage in der Behandlung durch Karl Marx 
Lenins Anschauungen über den Kapitalismus in Rußland
Über die Entwicklung Rußlands nach 1861
Staat und Steuerfrage in Rußland
In der Gesamtheit  
 
 
 
Vorbemerkung 

"Die Herausbildung der Zivilisation unter unterschiedlichen Bedingungen der Geschichtsepoche und unter unterschiedlichen Naturbedingungen in den verschiedenen Regionen der Erde bildet selber einen wesentlichen Bestandteil aller gesellschaftlichen Untersuchung, so auch bei Marx und Engels. Die Art und Weise, wie die russische revolutionäre Bewegung und Revolution an die Frage der Zivilisation und Ihrer Entstehung gerade auch in Bezug auf Rußland herangeht, ist von großer Tragweite und hat sich auf ihre unmittelbare Theorie und Praxis, auf ihre Resultate ausgewirkt. Diese Revolution aber hat bestimmende Auswirkung auf die folgenden 60-70 Jahre gehabt. 

Der folgende Artikel knüpft an die Fragestellungen nach dem Entwicklungsweg Rußlands an, auf die wir im Zusammenhang mit unserer Untersuchung der Grundlagen immer wieder stoßen und die selbst Gegenstand vieler Grundsatzausführungen Lenins sind. 
 
Marx befaßte sich gegen Ende seines Lebens sehr intensiv mit der russischen Frage und kam am Schluß zu Anschauungen, die er so zusammenfaßte, daß die "Dorfgemeinde in Rußland" die Quelle der sozialen Wiedergeburt Rußlands sei. Diese Dorfgemeinde existierte noch auf Grund der besonderen historischen Bedingungen Rußlands. Ich werde hier versuchen darzulegen, wie sich diese Feststellung in der Gesamtheit der Lehre des Marxismus ausnimmt. Sie steht keineswegs isoliert da. 

Marx und Engels haben über die Springquellen der Kultur erheblich andere Anschauungen als etwa Lenin und die russische Sozialdemokratie überhaupt. 

Als einer der Zentralpunkte ergibt sich bei Marx, daß der Zarismus sich vom Feudalismus des Westens qualitativ erheblich unterscheidet. Marx und Engels heben bezüglich der Gesellschaften des Westens hervor, daß sie die Möglichkeit zur Zivilisiertheit, zur allmählichen Emanzipation der arbeitenden Klassen, schließlich zur Revolution beinhalten. 
Gerade das ist es, was sie für den Zarismus und auch und gerade für die Epoche Peters I., für die Marx hervorhebt, daß jener Rußland nur den "Firnis", den äußerlichen Anstrich, einer Zivilisation gab, bestreiten  oder zumindest in Frage stellen. Bis heute zu Gorbatschow hin spielt diese geschichtliche Frage über das Wesen des russischen Staates eine ganz wesentliche Rolle, sie liefert uns ein substantielles Mittel der Erkenntnis über Rolle und Vorgehensweise des heutigen revisionistischen, immer noch auf Expansion bedachten sozialimperialistischen Staates, das die bisherigen Anschauungen erheblich erweitert. 

Diese stützten sich auf die eigenen gesellschaftlichen Erfahrungen, den Marxismus-Leninismus, auf die Lehren, die die Volksrepublik China unter Mao Zedong (bis 1976) weitergeben konnte, sowie auf die eigene Analyse, die an all dies unmittelbar anknüpfte. 

Ich werde mich bei meinen Darlegungen maßgeblich auf Marx sowie auf Engels stützen, sie rekapitulieren und dabei durch Zitate ausgiebig zu Wort kommen lassen. Dies ist um so berechtigter, als Lenin selbst diese als seine Voraussetzung annimmt. Diese Lehren weisen aber auch nach heutigen Maßstäben ein ganz außerordentliches Maß an Geschlossenheit auf. Der Artikel setzt im großen und ganzen elementare Kenntnisse über die gesellschaftliche Entwicklung, über die Rolle der Produktivkräfte, der Revolutionen, des Überbaus und des Staates voraus. Auf jeden Fall ist Engels´ alte Grundlagenarbeit "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" als Begleittext zu empfehlen. 
Der Artikel knüpft auch an Feststellungen an, die ich in meiner Artikelfolge "Lenins Stellung zu Alexander I. Herzen" (Kapitel VII und IX) getroffen habe."