Internet Statement 2005-73

 

Internationale Bankmanager favorisieren "Schwarz-Grün-Gelb"

21.09.05            

In zugespitzten Zeiten kommen interessante Tatsachen und Verbindungen an den Tag. Das war schon immer so. Jetzt geht bekanntlich die große Koalitionsrechnerei durch das Land. Verschiedene bürgerliche Kreise versuchen, die Möglichkeiten der Regierungsbildung zu ermessen. Die Lage ist in der Tat katastrophal, die Kassen im Zusammenbruch befindlich, die Staatsschulden enorm, und mit weiteren Angriffen auf die Lebenslage der Arbeitenden wie der Arbeitslosen ist zu rechnen.

Naturgemäß wird von vielen Kräften die Große Koalition propagiert. Das überrascht niemanden; das Kapital ist dabei ja auch nicht die einzige Kraft, denn es gibt auch sog. Linke, die sich mit lobenden Erklärungen für die Große Koalition hervorgetan haben. [s.Lafontaine deckt erklärtermaßen Große Koalition]

Wenn man die Zeitungen oberflächlich durchsah, konnte man der Ansicht sein, daß die „Financial Times Deutschland“ vielleicht eine unbedingte Merkel-Anhängerin ist, da ja doch die schwarz-gelbe Koalition die Interessen des Kapitals hier vertritt, so die landläufige Meinung. Damit wird übersehen, daß die anderen natürlich ebenso Interessenvertreter des Kapitals sind.

Aber im jetzigen Moment kommt noch deutlicher heraus, wer wo steht.

Es ist schon erstaunlich, wie schnell die eigentlich bisher als äußerst unwahrscheinlich und merkwürdig betrachtete Koalition schwarz-gelb-grün favorisiert wird. Was soll eine solche Koalition in der angespannten Lage lösen? Das kann keiner verraten. Und dennoch hat sie ihre Anhänger, und zwar bei Leuten, wo man sie zunächst nicht vermutet.

In der Ausgabe des „Handelsblatt“ vom 20.9.2005 kommen die verschiedensten Kapitalvertreter zu Wort. Und wieder ist es auffällig, wie Vertreter der Banken und der internationalen Finanzoligarchie diese Koalition und sogar die „Grünen“ speziell loben. Wir haben auf diesen Zusammenhang schon viel früher hingewiesen, so im Jahre 2000 auf die Verbindung zwischen Deutscher Bank und Grünen. Jetzt spricht die internationale Bankenwelt. In Zitaten in verschiedenen Artikeln des „Handelsblatt“ kommt das zum Ausdruck.

Die „Financial Times Deutschland“ hat schon immer unter der Hand die schwarz-grüne Koalition lanciert. So versuchte sie noch vor der Wahl, diese Koalition in Baden-Württemberg als brauchbare Lösung zu empfehlen.

„Bei den Themen Wirtschafts-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik sind die Schnittmengen von CDU/CSU, FDP und Grünen sicher größer als bei Schwarz-Rot.“

sagt nun Siegfried Jaschinski, Vorstandschef der Landesbank Baden-Württemberg, zur schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene.

Aber es geht auch noch deutlicher. In einem Artikel „Wahlausgang enttäuscht Börsianer“ kommen auch wieder britische Vertreter zu Wort:

„Nach Ansicht des Europa-Chefökonomen der Royal Bank of Scotland, Jonathan Hoffman, könnte eine ’Jamaica-Koalition’ aus Union, FDP und Grünen dem Euro wieder Auftrieb geben. Auch andere Experten würden das Bündnis einer großen Koalition vorziehen. ’In der Summe glauben wir, dass eine große Koalition die Reformen nicht beschleunigen würde. Das Risiko ist daher, dass eine große Koalition ineffizient und politisch instabil wäre’, schreibt Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Barclays Capital in Deutschland. Spieltheoretisch betrachtet, könne die Union in Verbindung mit der SPD nur auf eine Beschleunigung des Reformkurses drängen, für die Sozialdemokraten gebe es dagegen Anreize, sich als soziales Gewissen und Reformbremser zu profilieren. Daher könne ein Bündnis der großen Parteien nicht so erfolgreich wie die Alternativen sein. Von der ’Jamaica-Koalition’, erwarten die Experten dagegen eine Fortführung des Reformkurses, wenn auch in geringerem Tempo.“

Das ist keine Einzelstimme. Auch aus den großen Bankhäusern der USA kommen immer lautere Stimmen. Neben der Sorge, daß die allgemeine Unsicherheit in Deutschland jetzt auch Auswirkungen auf die gesamte Ökonomie in der Welt haben könne, bringen die großen Bankhäuser politische Bekenntnisse zum Ausdruck:

„Die Wunsch-Koalition der Finanzprofis ist nach dem Wahlergebnis eindeutig ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen. Mit einer solchen ’Jamaika’-Konstellation ließe sich nach Ansicht von Ökonom Schmieding [Europachef der Bank of America] zum Beispiel die deutsche Rentenversicherung leichter reformieren als unter einer großen Koalition. Sein Kollege Baader [Europa-Volkswirt der New Yorker Investmentbank Merryll Lynch] weist darauf hin, dass die Grünen in der bisherigen Koalition mit der SPD in der Renten- und Arbeitsmarktpolitik äußerst flexibel agiert hätten. ’Die Grünen sind vielleicht die liberalste Wirtschaftspartei.’“ !!!

„Sorgen bereitet den angelsächsischen Finanzmarktprofis zudem die Frage, ob die SPD nach einem möglichen Rücktritt von Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder nach links abdriftet. HSBC-Volkswirt Prior-Wandesforde erinnert an den ’Heuschrecken-Vergleich’ von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering. Damit hat er sich keine Freunde in London und an der Wall Street gemacht.“

„Viele angelsächsische Beobachter erwarten indes, dass Deutschlands Unternehmen ihren Restrukturierungskurs beibehalten – egal, wie die nächste Bundesregierung aussieht. ’Die Konzerne spüren den Globalisierungsdruck, und sie können nach Polen und Tschechien ausweichen, wenn die Reformen in Deutschland längere Zeit stocken sollten’, sagt Peter Oppenheimer, Chefstratege der New Yorker Investmentbank Goldman Sachs, ’daran ändert das Wahlergebnis nichts’.“

(Zitate aus „US-Banker befürchten Phase der Unsicherheit“, „Handelsblatt“ 20.9.2005)

Hieran sieht man, welche Gedanken sich die Herrn Bankmanager in New York und London zur Unterdrückung der arbeitenden Klasse in Deutschland machen, und wie sie Arbeiterinteressen in Europa gegeneinander ausspielen wollen, wie sie auch dafür sorgen, daß die Entleerung des Landes immer weiter voranschreitet und in dieser Hinsicht durchaus die grüne Karte im Ärmel haben.
Wenn bestimmte Parteien jetzt vielleicht sagen, keine Sorge, wir können mit den Grünen koalieren, um sie hinterher abzuschütteln, dann irren sie sich. Wenn die Grünen jetzt noch einmal aufgewertet werden, dann werden sie endgültig auf allen Seiten hoffähig und auch in Zukunft weiter gestärkt werden, wird der Subjektivismus dieser Richtung sich verschlimmern. Diese Partei ist die Hauptpartei der Liquidation, die jahrelang die Prophetien einer „industriefreien“ Gesellschaft vertreten hat, die der Arbeitslosigkeit von heute direkt vorangingen.
Kein Wunder, daß sie ihre Bewunderer auf Seiten des Kapitals hat. Es ist Aufgabe Aller, die an der gesellschaftlichen Analyse, am Marxismus arbeiten, daß sie derartige Kräfte entlarven. Angebliche Linke, die grüne Theorien nicht entlarven, sind keine.

Red. NE -hd

 

 

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