Internet Statement 2018-31

 

 

 

Was ist eigentlich heute die Europäische Union? Sie wird immer mehr zu einem neokolonialen Club mit neokolonialen Kriegen

Vor zehn Jahren starb Hartmut Dicke. Es gibt mehr Menschen in diesem Land, die ein Gedächtnis besitzen, welches anders ist als es der herrschenden Klasse lieb ist. Und es gibt noch viel mehr Menschen, die dieses Gedächtnis gar nicht brauchen, weil sie ihre eigene Erfahrung zu ganz ähnlichen Schlußfolgerungen führt wie uns.

Was tun, wenn der Atomschild reißt? Seinen eigenen Grips anstrengen und sich auf seine eigenen Kräfte und Fähigkeiten stützen - was denn sonst? 

 

 

Maria Weiß 31.03.2018

Was war denn vor 20 Jahren? Da begann der Bosnienkrieg, die Balkankriege. Der Kosovo-Krieg war der erste neokolonialen Krieg, der in dieser europäische Union geführt wurde. Und die waren verderblich und die Auswirkungen davon, die kann man bis heute spüren. Was hat es diesen Ländern gebracht, in denen damals Krieg geführt wurde? Nicht viel mehr als ein Katzentisch-Dasein innerhalb der europäischen Union hat es ihnen gebracht, sofern sie denn überhaupt aufgenommen wurden. Serbien ist bis zum heutigen Tag nicht aufgenommen, nebenbei bemerkt. Und diese neokolonialen Kriege haben bis zum heutigen Tag nicht aufgehört, nebenbei, im Gegenteil sie haben sich verschärft.

 

Es gab zwischendurch eine Periode, die Periode Schröder in Deutschland, da ging der Krieg eher nach innen. Da gab es Hartz IV, das heißt die völlige Drangsalierung und Unterprivilegierung der unteren Schichten in unserem Land, welche das bis zum heutigen Tag spüren und wo eine Verbesserung überhaupt nicht in Sicht ist.

 

Das einzige, was wirklich hochgekommen ist, in diesen zwanzig Jahren, das sind Merkel und die Grünen. Die können sich in der Tat beglückwünschen, denn sie haben eine Erfolgsdekade nach der anderen zu verzeichnen. Die damalige Oppositionsbewegung in Deutschland gegen die Schröderschen Reformen ist stecken geblieben. Im Gegenteil, sie haben sich arrangiert. Und Kräfte, die das heute wieder neu ins Leben rufen wollen? Welche Chance hat das denn? Mal abgesehen davon daß diese Kräfte heute total verbürgerlichte Kräfte sind, gut integriert in das bürgerliche System. Man nehme nur Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine. Was ist das denn? Wo soll denn bei denen irgendein revolutionärer Impuls herauskommen? Daran glaubt sowieso keiner. Es ist eine einzige Lachnummer. Aber die verarmten Schichten, die gibt es natürlich immer noch, sie sind zur Dauer-Erscheinung in diesem Land geworden. Ab und zu wird das auch mal erwähnt, aber das reicht natürlich überhaupt nicht für eine Veränderung. Aber daran denken die Herrschenden natürlich auch gar nicht, solange sie derartig prosperieren, wie augenblicklich in Deutschland. Und solange da von unten sich nicht wirklich etwas tut an Aufstand, der sich auch nicht zu Schade ist, eine eigene soziale Einschätzung und Perspektive zu entwickeln, solange wird sich auch nichts wesentliches ändern. Eine Neuauflage der Anti-Hartz-Bewegung wird es nicht geben. Das ist Schnee von gestern.

 

Manchmal muß man eben in Dekaden denken. Wie oben erwähnt begannen vor zwanzig Jahren die Balkankriege, und vor zehn Jahren starb unser Vorsitzender, der Genosse Hartmut Dicke, welcher maßgeblich innerhalb der neuen Linken sich profiliert hat und versucht hat, eine revolutionäre Organisation in diesem Land aufzubauen. Schwierig genug, in einem Land, welches dermaßen von der internationalen Ausbeutung profitiert wie Deutschland, in dem linke, wirklich linke Kräfte zu ertrinken drohen, wie die Fliegen in der Milch. Unsere Organisation ist aber nicht ertrunken, sondern wir sind immer noch da und wir vertreten immer noch, daß der soziale Widerspruch nicht nur in diesem Land sondern auf der ganzen Welt der Hauptwiderspruch ist, welcher sich auf allen Kontinenten in jedem Land in einer verschieden gewichteten, unterschiedlichen Weise manifestiert.

 

Hartmut Dicke hat persönlich spätestens seit dem Jahr 1969/70 aktiv am Aufbau einer revolutionären, den Widersprüchen der Klassengesellschaft in Deutschland gerecht zu werden versuchenden Organisation mitgearbeitet, ja selbst führend daran (mit)gearbeitet, eine solche in diesem Land erneut auszubauen. Das ist nicht so einfach in einem Land, welches sich nicht nur in den Fängen der ehemaligen Siegermächte des zweiten Weltkriegs befand, welchem zugleich zunehmend von der internationalen Ausbeutung mit zu profitieren gestattet wurde, was vor allem den Absichten der Siegermächte im Westen entsprach und was das Land selbst, oder der entsprechende Teil des Landes, auch gerne als Geschenk für die Unterdrückung des eigenen Klassenwiderspruchs in Anspruch genommen hat.

 

Die revolutionäre Studentenbewegung und auch die Arbeiterbewegung, welche sich seit dem Ende der 1960er Jahre erneut zu entwickeln begann, die hatte es auch nicht leicht. Sie sind auf eben die gleichen Widersprüche gestoßen, und zwar auf den Widerspruch, einerseits von den Siegermächten okkupiert zu sein und unter deren Stiefel zu stehen, in einem besetzten Land oder richtiger einem Teilstaat, und auf der anderen Seite aber zugleich privilegiert zu sein, und zwar in einem zunehmenden Maß innerhalb der übrigen Staaten Europas, um sich von der Seite der herrschenden Klasse her sozusagen diesen Stiefel in Europa zu erhalten, sowohl vom Westen als auch vom Osten. Das ist eigentlich eine ganz einfache Kalkulation, was diese herrschenden Klassen betrifft, aber die Auswirkungen konkreter Art, vor allen Dingen in unserem Land, die sind nicht so einfach. Die sind weder einfach gewesen, damals zu erfassen und schon gar nicht ist es heute so. Aber was vor allen Dingen sämtliche Reaktionäre sich auf die Fahne geschrieben haben ist: eine erneute revolutionäre Bewegung in Deutschland, die darf es auf gar keinen Fall noch einmal geben. Das war und ist ihr Bemühen. Deswegen haben sie die Grünen großgezogen, als Ablenkung vom sozialen Widerspruch hin zu einem angeblichen Umweltgegensatz, damit haben wir bis heute zu tun. Dann haben sie die Wiedervereinigung beider Teile Deutschlands geschafft, mit Hilfe der Revisionisten, heute präsent in Form der Linkspartei, mit der wir es ebenfalls zu tun haben. Aber was ist mit eigenen Kräften, die sich Ende der 1960er und im weiteren entwickelt haben? Die Bewegung unter den Schülern, Studenten und auch innerhalb des Proletariats in den Betrieben? Die sind größtenteils aufgesogen worden in das ganze international bestochene System. Ihnen ist ein Winkel gelassen worden, wo sie sich intellektuell haben betätigen dürfen oder auch nicht, oder sie sind in anarchistische Kreise gewandert, was ebensowenig eine gesellschaftliche Perspektive hat, oder sie sind eben wie wir. Wir haben zwar an dem grundlegenden sozialen Widerspruch, an der grundsätzlichen gesellschaftlichen Theorie der fortgesetzten Revolution festgehalten, aber sie sind organisatorisch gewissermaßen versunken in dem ganzen korrumpierenden Sumpf wie die Fliege in der Milch. Nein, nicht alle. Es gibt uns immer noch, und wir greifen das an und werden es tun, solange wir existieren.

 

Es ist auf der anderen Seite auch nicht so, daß hier gar keine gesellschaftlichen Erfolge zu verzeichnen sind. Wir haben die Grünen widerlegt und auf ihren imperialistisch- korruptiven Begriff gebracht, der ihnen heute noch anhängt und ihnen ewig anhängen wird. Wir haben den Revisionismus bekämpft, kritisiert und widerlegt und unsere eigene revolutionäre Theorie dagegen verteidigt. Die Ereignisse, die auf der gesamten Welt stattfinden, entsprechen eigentlich eher unserer Theorie als dem, was in diesem ach so reichen und von der internationalen Ausbeutung fett gewordenen Deutschland sich momentan darstellt. Das ist aber keineswegs von Dauer. Momentan spitzen sich die Widersprüche zwischen den verschiedenen imperialistischen Cliquen auf der Welt erneut zu. Vor allem die Entwicklung in den USA zeigt dies äußerst deutlich, aber auch im Osten entwickelt es sich. Die neue, kapitalistisch gewendete reaktionäre Macht China macht den übrigen Mächten, vor allen Dingen den USA, aber auch Rußland, der ehemals sozialistischen, sozialimperialistisch gewendeten Macht mit kapitalistischen Einlagen zu schaffen. Wie wollen sie das hinbekommen, ihr Glück ist vielleicht noch, daß es sich um eine Dreierkonstellation handelt, weshalb es nicht so einfach ist, für keine dieser Mächte, irgendwo eine Front für einen Krieg zusammen zu basteln. Aber das muß keineswegs so bleiben und wird es auch nicht, die ersten Anzeichen zeigen sich jetzt schon. Sie zeigen sich zum Beispiel daran, mit welch offenem, unverschämten Manöver gegenwärtig versucht wird, in Europa eine Konstellation für eine Konfrontation mit Rußland zustande zu basteln, indem irgendein Fall einer Vergiftung als Vorwand genommen wird, und zwar bevor überhaupt klar bewiesen ist, wer dahinter steckt und das zu verantworten hat. Offiziell wird posaunt, daß es kein anderer als Putin sein kann. Das muß aber gar nicht so sein, selbst wenn es in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen so gewesen sein mag. Das ist den Verantwortlichen hier aber egal, für sie zählt einzig ob damit heute in Europa eine Front gegen Rußland zustande zu bekommen ist.

 

Von den neuen Mittelostkriegen, die sich in dem neuen Jahrtausend, in den letzten Jahrzehnten vor allem entwickelt haben, mal ganz zu schweigen. Da wurden ganze Staaten liquidiert, Libyen zum Beispiel, vorher schon der Irak und jetzt wieder große Teile von Syrien wurden zerstört und von ihren Entstehungswurzeln abgeschnitten. Was man dort heute sieht ist ein einziges Chaos, aus dem reaktionäre Mächte wie die heutige Türkei zu profitieren versuchen. Europa, die EU, hängt mit an dieser Entwicklung dran, ist selbst zum Teil mit verantwortlich. Sie sollten lieber aufpassen, anstatt sich weiter hinein ziehen zu lassen, denn dann könnte diese ganze Zerstörungswut auf den europäischen Kontinent übergreifen und hier tatsächlich eine Situation zu provozieren, wie sie schon oft mit der des dreißigjährigen Kriegs verglichen worden ist. Das ist in der Tat gar nicht mehr so entfernt, wenn man sich mal vor Augen hält, wie weit die religiöse Beflissenheit verschiedener Kräfte hier, ob sie nun christlich sind oder islamisch oder jüdisch sind, schon gediehen ist. Seit wann ist denn hier die Religion gesellschaftsbestimmend? Das ist doch schon lange her, daß wir das hatten. Aber es scheint sich wieder zu entwickeln und da muß man sich fragen: warum? Es liegt eben daran, daß es bestimmten internationalen Kräften in den Kram paßt, und die USA spielen dabei eine vorantreibende Rolle. Schon unter Obama wurde das eingeleitet. Die gegenwärtige US-Regierung aber scheint diesen noch übertrumpfen zu wollen. Sie ist so ungefähr das letzte, was sich an der Spitze dieser einstigen Supermacht herausgebildet hat, und man muß dort aufpassen, vor der Weltöffentlichkeit nicht als Karikatur zu erscheinen, wenn das so weiter geht. Es kann allerdings auch dazu geeignet sein, die ganze Welt in ein zerstörerisches Chaos zu befördern. Das würde gewissermaßen dessen Kulturlosigkeit entsprechen. Daß man es möglichst verhindern sollte, liegt auf der Hand, ist aber nicht einfach. Daher sollten diejenigen Kräfte, die das sehen, egal in welcher Position sie sich befinden, dafür sorgen, daß das nicht zum Zuge kommt.

 

Unsere Gruppe arbeitet seit etlichen Jahren daran, eine Art von gemeinsamer Front dagegen zustande zu bekommen. Auch andere Kräfte in Europa arbeiten daran. Das Problem besteht darin, in Kontakt untereinander zu treten und eine gemeinsame Front dagegen aufzubauen.

 

Vor zehn Jahren starb Hartmut Dicke unter ungeklärten Umständen, sicherlich aber nicht aus den von den Ärzten vorgegebenen Gründen. Da ist nachgeholfen worden, dafür gibt es sehr viele Indizien und es erscheint mir immer noch als sehr wahrscheinlich, daß es so war. Er hatte den Überblick und ein solcher ist nicht so leicht fortzuführen für andere Kräfte. Wir haben es versucht und wir versuchen es weiter, weil die Situation uns keine andere Wahl läßt. Ein Mord alleine reicht nicht aus, um eine ganze gesellschaftliche Richtung und Kraft kaputt zu bekommen. Da müssen sie sich schon mehr einfallen lassen. Nur zu. Wir sind gespannt, was das nächste Opfer sein wird. Allerdings sollte verhindert werden, daß ein ganzer Kontinent dazu wird. Aber keine Bange. Noch nie in der gesamten Menschheitsgeschichte hat ein einzelner Mord dazu geführt, den gesellschaftlichen Fortschritt insgesamt zu verhindern.

 

 

 Für die Befreiung der ganzen Menschheit von Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen, das fand ich eben richtig und finde es immer noch. Und daß das nicht überall auf Gegenliebe stößt und man daher eben auch in Kauf nehmen muß, dafür umgebracht zu werden, auch das fand ich richtig oder anders ausgedrückt, in Kauf zu nehmen nötig.

 

Daß die Geschichte der Menschheit eine Entwicklung vom Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit ist, das wurde bereits festgestellt. Was die gegenwärtige Entwicklung an Ergebnissen und Notwendigkeiten noch alles hervorbringen wird, das wird man sehen. Eins ist aber klar: es lohnt sich weiter zu kämpfen. Immerhin sind wir schon so weit, daß heute Jemand, der sich in seinem individuellen Machtstreben verirrt, damit rechnen muß, von der gesamten übrigen Welt kritisiert zu werden.

 

„Vor zehn Jahren starb Hartmut Dicke – der Rest der Gruppe ist ohne Bedeutung“? So der Originalton eines ehemaligen Mitglieds. Über den Wahrheitsgehalt des letzten Teils dieser Aussage möge sich jeder selbst ein Bild machen. Interessant daran ist eigentlich nur, warum der Verfasser seinen Gedenkartikel ein halbes Jahr vorverlegt hat. Ein halbes Jahr vorher- das war November 2007, der Zeitpunkt, an dem gerade die letzte persönliche Intrige gegen Hartmut Dicke gescheitert ist.

 

 

 

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Grundsätzliches zur EU- und zur Euro-Problematik
Maria Weiß  16.07.2012