Internet Statement 2006-51

 

Welcher Waffenstillstand?

Walter Grobe, 24.7.2006         

Nachdem die USA und auch die CDU/CSU und somit die Bundesregierung 12 Tage lang die israelische Aggression gegen den Libanon mit Erklärungen wie: 'Waffenstillstand erst, wenn die Hizbollah ausgeknockt ist' direkt begünstigt hatten, wurde mit dem 24. 7. ein taktischer Schwenk der USA vermeldet. Die Außenministerin Rice drängt jetzt den Berichten zufolge selbst auf einen möglichst raschen Waffenstillstand, und die israelische Regierung soll ihrerseits eine europäische Schutztruppe (!) im Libanon fordern.

Was mit dem Waffenstillstand angestrebt wird, machen Rice und Israel selbst hinreichend deutlich:

>Nach dem am 12. Juli begonnenen Militäreinsatz Israels gegen den Libanon hatten sich die USA zunächst geweigert, zu einem Waffenstillstand aufzurufen. Dies wurde als Geste gewertet, dass die USA ihrem Verbündeten Israel zunächst freie Hand bei seinem Vorgehen gegen den Libanon lassen wollten.

"Teil einer umfassenden politischen Lösung"
Rice betonte, dass ein Waffenstillstand Teil einer umfassenden politischen Lösung sein müsse: "Es ist wichtig, Rahmenbedingungen zu haben, die den Waffenstillstand dauerhaft machen.“ Dazu zählten insbesondere die Entwaffnung der Hisbollah im Libanon, die nicht länger als Staat im Staat bestehen dürfe "und den Libanon und die ganze Region in den Krieg stürzt“, sagte Rice. Die libanesische Regierung müsse wieder die volle Kontrolle über ihr gesamtes Staatsgebiet zurückerhalten. Dort dürfe es keinen Platz für "terroristische Gruppen und illegale Gruppen“ geben.

"Falsches Versprechen
Noch am Freitag hatte Rice einen Waffenstillstand als "falsches Versprechen“ bezeichnet, weil dadurch die ernsten politischen Probleme der Region nicht gelöst würden. Diese Zurückhaltung wurde als Zeichen gewertet, dass die USA ihrem Verbündeten Israel zunächst freie Hand bei seinem Vorgehen gegen den Libanon lassen wollten.< (AOL-Nachrichten 24.7.2006 aufgrund von sa/AFP/dpa)

Die EU darf selbstverständlich dem Ansinnen, im Libanon im Sinne Israels und der USA einzugreifen, keinesfalls nachkommen. Selbst in den Libanon zu gehen und die sog. Entwaffnung der Hizbollah durchzusetzen, die Israel selbst offensichtlich in keiner Weise gelingt, und sich als Hilfstruppe für die Ziele Israels und der USA einzusetzen, kann nur ein Desaster für die EU werden – das übrigens durchaus in den Kalkulationen der beiden Mächte eingeschlossen sein dürfte.

Die Hizbollah ist, wie man auch immer ihre Ideologie und Taktik beurteilt, eine libanesische politische Partei mit einem bewaffneten Arm. Sie wird anscheinend von erheblichen Teilen der schiitischen Bevölkerung, der größten Bevölkerungsgruppe, die etwa 40% der Bevölkerung des Landes ausmacht, unterstützt oder wenigstens toleriert und hat zudem ein Bündnis mit einem wichtigen Flügel der christlichen Parteien geschlossen. Daß die verschiedenen, meist mehr oder weniger religiös gebundenen, Parteien dieses Landes ihre eigenen bewaffneten Kräfte unterhalten, ist dort Teil der traditionellen politischen Struktur, und auch wenn, anders als die Hizbollah, einige Parteien in der letzten Zeit offiziell dies nicht mehr tun, so wird doch berichtet, daß auch sie ihre Waffenlager nicht aufgelöst haben. Dieses Problem kann nicht von außen gelöst werden.
Sollte ein eigener politischer Beitrag der EU erwogen werden, dann kann er nur in der Richtung gehen, daß die israelische Aggression vor allem mit politischen Mitteln geblockt wird. Eine militärische Stationierung im Libanon mit dem Auftrag, in das innenpolitische Geschehen des Landes im Sinne der Aggressoren einzugreifen, wäre das Letzte. Die Bevölkerung des Landes und ihre politischen Parteien müssen die Frage der Einbindung von Parteimilizen, wie sie die Hizbollah und andere unterhalten, in ein zukünftiges Gefüge eines tatsächlich souveräneren und zur Verteidigung seiner Grenzen fähigen Libanon selbst regeln. Das versteht sich wohl von selbst.

Die Bundesregierung wird sich wohl dem taktischen Schwenk der USA anschließen und ihrerseits jetzt mit dem Wort ‚Waffenstillstand sofort’ auftreten. Das schafft in keiner Weise aus der Welt, daß sie das direkte militärische Vorgehen Israels in komplizenhafter Weise bisher unterstützt hat und wahrscheinlich weiter in Israels Sinne zu agieren gedenkt. Alle Kräfte in unserem Land und in der EU, die sich gegen die Aggression Israels wenden, müssen genaustens darauf achten, was für Winkelzüge jetzt unter der Formel „Waffenstillstand“, den sie selbst verlangt haben, unternommen werden. Waffenstillstand ist nicht gleich Waffenstillstand, es gibt Waffenstillstände, unter denen die Ziele, die der Aggressor nicht direkt erreichen konnte, weiter verfolgt und unter Umständen dann sogar im wesentlichen verwirklicht werden.

Bemerkenswert jedenfalls aber ist der Schwenk schon. Wahrscheinlich sind die USA besorgt, daß jeder weitere Kriegstag die Kräfte im Libanon und anderswo gegen die israelische Zionisten mehr zusammenschweißt und das Gegenteil ihrer Absichten bewirkt: mehr nationale Einheit und mehr Widerstand im Libanon. Ein Artikel der FAZ von heute ist überschrieben: „Jeder Kriegstag sichert der Hizbollah ein Stück Zukunft“. Da der Bodenkrieg in den Süden Libanons hinein sich für die israelische Armee offenbar als riskant, verlustreich und, wenn überhaupt, erst auf längere Sicht zu gewinnen erweist, beginnt die Zeit bereits, gegen die Aggressoren zu arbeiten. Auch weltweit formiert sich Widerstand, politisch droht Israel den Krieg dramatisch zu verlieren. Man darf gespannt sein, wie Merkel und Steinmeier auf diesen Schwenk reagieren werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Die Bundesregierung - aktiver Komplize Israels und der USA bei der Zerbombung des Libanon
Walter Grobe 23.7.06

Die neue Aggression Israels gegen die Palästinenser im Gazastreifen und den Libanon muß völlig eindeutig verurteilt, gestoppt und zurück-geschlagen werden   Walter Grobe 15.7.06     
(Als Extrablatt in pdf-Format)

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