Internet Statement 2011-39

 

Bei der Opposition gegen das Timoschenko-Urteil in der Ukraine tun sich bemerkenswerte Koalitionen auf

Maria Weiß 12.10.2011   

Man sollte sich noch mal vergegenwärtigen, auf was für einem Hintergrund dieser Prozeß gegen die frühere Ministerpräsidentin der Ukraine, Julia Timoschenko, steht und was die jetzige ukrainische Regierung eigentlich hiermit erreichen will, mit was für Mitteln auch immer. Ob man die nun angemessen findet oder nicht ist dabei erstmal eine andere Frage.

Eine wesentliche Tatsache, die von den Medien hier komplett unterschlagen wird, ist, daß es Anfang 2009 eine ganz unverschämte und unverhohlene Erpressung durch die russische Regierung gegenüber der Ukraine in punkto Gaslieferungen und Gaspreisen gegeben hatte. Dies wird in den Medien gegenwärtig vollkommen unter den Teppich gekehrt, obwohl dies aus dem Zusammenhang gar nicht ausgeklammert werden kann. Und da fragt man sich allerdings, warum wird es gemacht? Wie kommt es, daß auf einmal die hiesigen Medien und europäische ebenso wie US-Politiker auf einmal mit dem russischen Ministerpräsidenten Putin zusammen in ein Horn stoßen gegen dieses Urteil? Das ist doch eine bemerkenswerte Koalition, die sich hier gebildet hat.

Dieser Umstand hat aber seinen Hintergrund. Und dieser liegt nicht nur in der Angelegenheit dieser o .g. Gaserpressung, die Anfang 2009 lief, sondern vor allem in der bereits von Schröder eingestilten Kooperation in punkto Gaslieferung aus Russland, deren Resultat die letztes Jahr eingeweihte Ostseepipeline (North Stream) gewesen ist, und eben nicht nur den lukrativen Aufstieg dieses „Altkanzlers“ zum Vorsitzenden dieser Einrichtung zur Folge hatte, sondern -was viel gravierender ist- die von der Bourgeoisie mittels der Grünen hierzulande betriebene Begrabung wesentlicher zukunftsweisender und kostengünstiger eigener Aktivitäten zur Energieversorgung des Landes (Kernenergie) unter dem Vorwand eben dieser Gasversorgung aus Rußland und das vollkommen einseitige Sich Stützen darauf als Konsequenz. Das ist ein wesentlicher Pfeiler auch des von Merkel im Mai beschleunigten endgültigen Ausstiegs aus der Kernenergie, wenn nicht sogar die (natürlich unausgesprochene) Inspiration hierfür gewesen.

Vor diesem Hintergrund bekommt diese jetzige auffällige Koalition im Fall Timoschenko einen ganz besonderen Geschmack. Die etwas spitze Äußerung gestern abend in den „Tagesthemen“, daß ja hierzulande auch keiner auf die Idee kommen würde, Frau Merkel beispielsweise wegen des Eurorettungsschirms vor Gericht zu bringen, ebenfalls.

Nun, wegen des ESFS vielleicht (noch) nicht, aber was die Energiepolitik in Deutschland betrifft wäre es sicherlich eine Überlegung wert.

Sicherlich ist etwas Derartiges hier nicht ohne weiteres möglich, weil die Gesetze so etwas nicht vorsehen. Allerdings wenn man sich ansieht, wie weit das hier inzwischen geht mit der Abhängigmachung vom Ausland, und insbesondere von Rußland, bereits durch die Politik von Schröder und jetzt eben auch von Merkel, dann kann man einen derartigen Gedanken keineswegs als vollkommen verwerflich betrachten. In der Tat sind unsere Gesetze nicht dergestalt, daß damit ein ökonomisch bemäntelter Landesverrat geahndet werden kann. Es wäre mal eine interessante Aufgabe für das Bundesverfassungsgericht, sich über ein Gesetz in dieser Hinsicht Gedanken zu machen.

Die russische Regierung hat in der Tat gegenwärtig auch ein gewisses Interesse an der Stabilisierung des Euro-Raums, jedenfalls momentan, beispielsweise als lukrativen Absatzmarkt für Gas und Öl. Die Frage ist allerdings, um welchen Preis dies geschehen soll und wer diesen dann bezahlen soll. Letzteres ist eigentlich gar keine Frage. Daß die Masse der Bevölkerung in Europa diesen wird bezahlen müssen, wenn es nach diesen Herrschaften geht, steht sowieso fest. Die echte Frage ist nur, ob dieses Kalkül aufgeht, und vor allem was dagegen unternommen werden kann und muß. Schaut man sich die Entwicklung der letzten Jahre an, so konnte man seit längerem beobachten, daß die Behörden der EU nicht nur von den USA unterwandert werden, sondern auch aus der anderen Richtung, vor allem Rußland, gemäß einer - ich möchte es mal „Core“-Strategie nennen, was heißt, man besetzt das Herz (oder auch den Kern) des Gegners und entfaltet dort seine zerstörerische Wirkung. Die EU-Behörden, die ganze EU ist nicht heilig. Es kommt nämlich drauf an, auf welcher Grundlage sie steht und wessen Interessen sie vor allen Dingen nützt.

In der Ukraine geht es laut ausländischen Zeitungsberichten übrigens vor allem auch darum, den bestehenden Gasvertrag mit Rußland los zu werden. Vor allem den im April 2010 abgeschlossenen Folgevertrag, der die Gaslieferungen aus Rußland zu günstigeren Preisen an den Verbleib des russischen Militärstützpunkts im schwarzen Meer bis 2042 festgeschrieben hat. Das ist erklärtermaßen das Ziel der Regierung bei diesem Vorgehen. Ob das nun die richtigen Mittel sind oder nicht, darüber kann man sich sicher streiten. Aber diesen Zusammenhang derart auszuklammern, wie das in den hiesigen Medien als auch von Politikerseite her geschieht, spricht doch eine sehr deutliche Sprache.

Einen „optischen“ Unterschied gibt es allerdings dabei, und der ist ebenfalls sehr bezeichnend: Während in den westlichen Medien das Menschenrechtsgeflenne dominiert, nimmt Putin seinerseits kein solches Blatt vor den Mund, sondern redet unverblümt von einer „gegen Rußland gerichteten“ Entscheidung.

Ein weiterer Aspekt dieses Vorgehens ist sicherlich auch, osteuropäischen Staaten wie der Ukraine oder auch Weißrußland eine gewisse Aufmüpfigkeit gegenüber der Großmacht Rußland (oder auch der EU), die sich in letzter Zeit verstärkt bemerkbar macht, auf diese Weise wieder auszutreiben. Wer weiß, welches Ränkespiel im Fall Timoschenko im Hintergrund eine Rolle spielt? Immerhin soll diese sich mittels Gasgeschäften in der Vergangenheit zur Millionärin heraufgearbeitet haben. Und von wegen Exponentin der vielgepriesenen „orangenen Revolution“: das ist lange vorbei und dieser Frau wurde bekanntlich aufgrund von Mißwirtschaft und Korruption bei den vergangenen Wahlen in der Ukraine eine Niederlage verpaßt.

 

 

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Zu dem neuen Abkommen zwischen Rußland und der Ukraine - inkluive Nachtrag ("Update" vom 6.Mai 2010)
Maria Weiß 27.4.2010

Gasstreit zwischen Rußland und Ukraine eskaliert
Gasprom dreht Europa den Gashahn zu !
Uwe Müller   7. 1. 2009

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Über Lobbyismus -
Realitäten dieser Republik
Hartmut Dicke 22.1.08
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Die schnelle „Beendigung“ des ukrainisch-russischen Gasstreites
IS 2006-02 - 6.1.2006

Gasstreit zwischen Rußland und der Ukraine!
IS 2005-99 - 28.12.2005

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siehe auch die Rubrik von 2006/07:
Weißrußland wehrt sich gegen Energieerpressung durch Rußland