Internet Statement 2006-65

 

Alles wie gehabt:  Keinerlei Kritik an Israel

               -  Die Situation nach dem Waffenstillstand

17.8.06          

Am Montag, 14. August, ist der Waffenstillstand im Libanon, der so lange weltweit gefordert wurde, festgelegt durch die UN-Resolution 1701, in Kraft getreten. Die grundsätzlichen Züge dieses Waffenstillstands-Verfahrens lassen sich sehr schnell erfassen: alles wie gehabt, es gibt keinerlei Kritik an Israel. Der Verlauf der militärischen Auseinandersetzung wie auch die weltweite Zunahme der Kritik am israelischen Zionismus hatten Israel in eine schwierige Lage gebracht – durch diesen Waffenstillstand wird seine Lage wieder entlastet.

Über 4 Wochen eines pausenlosen Bombardements des Libanon, verbunden mit der Zerstörung infrastruktureller Bauten, die für dieses Land lebenswichtig sind, mit der Zerstörung ganzer Stadtteile von Beirut und kleinerer Städte - diesen Angriff mit zwei entführten Soldaten zu begründen, war von vornherein lächerlich. Es ging auch nicht vorwiegend um die Bekämpfung der Hisbollah, sondern um die Demütigung und Zerstörung des Libanon.

Nimmt man die UN beim Wort, so hätte sie schärfste Sanktionen gegen Israel ergreifen und Folgerungen aus diesem massiven Aggressionskrieg ziehen müssen. Reparationen, Ersetzung der mehrere Milliarden umfassenden Schäden sind das Mindeste, Rückkehr der Flüchtlinge und Ersetzung auch ihrer Schäden die nächste unvermeidliche Aufgabe. Von alledem ist nicht die Rede. Damit sanktioniert die UN erneut einen solchen massiven zerstörerischen Angriffskrieg reaktionärsten Charakters.

Israel hat im Vorfeld dieses Krieges die gewählte Regierung des palästinensischen Staates in der Westbank einfach einkassiert und gekidnappt, was hundertfach schwerer wiegt als die Entführung zweier Soldaten. Von alledem, was ebenfalls zur Schuld des israelischen zionistischen Staates gehört, ist nicht die Rede. Solche Situationen, daß Israel nach seinen brutalen Handlungen von Sanktionen freigestellt wird und damit den Freibrief  für das nächste Massaker erhält, haben wir in der Geschichte schon mehrfach gehabt. So ist auch jetzt wieder für die Zukunft mit weiteren solchen Handlungen zu rechnen. Ein Staat, der damit durchkommt, wird damit auch zu zukünftigen Handlungen dieser Art ermuntert.

Klare Verurteilung Israels als Aggressor!“ lautete hier eine Forderung. Aber wer soll denn Israel verurteilen? Es ist doch die Struktur der UNO selbst, die das im wesentlichen unmöglich macht, denn der Sponsor und eigentliche Unterstützer Israels, die USA, verfügen über die größte Militärmacht der Welt und über ein einseitiges Vetorecht im Sicherheitsrat, mit dem sie jede wesentliche Einschränkung für die israelischen Zionisten blockieren können.

Damit sind wir wieder beim Thema, nämlich beim Thema der internationalen Ordnung, wie sie heute existiert, und wie sie namentlich nach 1945, im Grunde aber bereits nach 1918 geschaffen wurde. Durch den Nazifaschismus, die brutale Unterdrückung der Revolution in Deutschland, und schließlich das Ergebnis des Zweiten Weltkrieges in Europa wurden diese Verhältnisse weiter zementiert. Man kann es auch nicht als Zufall ansehen und darf es hier nicht auslassen, daß die zweite große Macht nach 1945, die Sowjetunion, die sich in Marmor meißeln ließ, daß sie für die Gleichberechtigung aller Menschen und aller ethnischen Gruppen kämpfe, direkt nach dem 2. Weltkrieg seit langem schon bekannte rassistische Gruppierungen erzreaktionären Charakters bei ihren Spaltungsbemühungen unterstützt hat. Auch dies gehört zur heutigen Situation, denn sie hat sich seither noch nicht geändert.

Immerhin sind im Laufe der letzten 60 Jahre mehrfach Anläufe unternommen worden, das UNO-Statut zu ändern und etwa eine Bevorrechtung bestimmter Staaten aufzuheben. Aber daran ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu denken, denn die USA sind die Hauptschutzmacht der internationalen kapitalistischen Entwicklung. Eher streben einige andere Staaten dahin, eine mit den USA vergleichbare privilegierte Stellung einnehmen zu können, um dann keine im Wesen verschiedene Politik zu machen. Es muß daher auch an einer Ordnung gerüttelt werden, die solchen Aggressoren, solchen brutalen Gewalttätern überhaupt das Handeln in dieser Weise ermöglicht.

Die Lakaiisierung kommt auch gerade in den bundesdeutschen Parteien zum Ausdruck, sei es in der CDU/CSU, die die Verbindung mit den USA und dem israelischen Staat zur Staatsräson erklären, sei es durch die SPD, die in der Praxis um so deutlicher auf Seiten der israelischen Zionisten und Rassisten Stellung nimmt. Und die Machthaber und Militärklüngel in Tel Aviv kennen diese Stellung und nutzen sie skrupellos aus. Von einigen einzelnen Vertretern in Israel kam auch die Stimme, daß die Gleichberechtigung aller Menschen ohne Ausnahme betont werden muß und daß ein Privilegierungsdenken nicht statthaft ist. In der Tat  muß hier auch die historische Quelle des Zionismus, der im Grunde diese rassistische Überheblichkeit weiter verkörpert, analysiert werden. Es ist für niemanden statthaft, seien es Nazi-Rassisten oder sonstige Imperialisten und Faschisten, noch für jüdische Rassisten, irgendeine Nation zum auserwählten, bevorzugten Volk der Entwicklung zu erklären. Solch eine Erklärung, die vielleicht vor fünftausend Jahren unter bestimmten Bedingungen eine gewisse Berechtigung hatte, ist heute nichts als stupide Reaktion. Die Welt strebt danach, alle Menschen zu emanzipieren und gleichberechtigt zu machen, rückständige Völker holen auf, und eine große Zahl von Völkern und Nationen, die eine führende Stellung in der kulturellen Entwicklung eingenommen haben, machen unter den heutigen internationalen Bedingungen rasche weitere Fortschritte.

Mit der UN-Resolution wird die Stellung der israelischen Zionisten entlastet, sie ziehen sich bisher zwar aus Teilen des südlibanesischen Gebietes zurück, aber sie haben jetzt den Vorteil in der Tasche, daß noch einmal Druck ausgeübt wird, daß die Hisbollah entwaffnet wird, und daß der Libanon keine wirkliche Handhabe gegen diese massive Zerstörungswut bekommen hat. In drei bis vier Monaten, so hofft man dort bei dem Militärklüngel in Tel Aviv, wird die Erinnerung an die brutalen Zerstörungen verblassen, wird man wieder von Israel als einer „fortschrittlichen“ Macht reden, ihre Bemäntelung als „bürgerlich-demokratisch“ gelten lassen und die wirklichen politischen Grundlagen dieses Staates in den Hintergrund rücken lassen – so meinen sie jedenfalls. Das ist dann die Vorbereitung für das nächste Massaker (zur historischen Rolle Israels s.a. die Erklärung vom 29.07.2006, Der Krieg Israels in dem Libanon - und seine Konsequenzen).

Vor drei Tagen hat Syriens Präsident Assad eine Rede gehalten, in der er die Schwäche und Teilnahmslosigkeit wichtiger arabischer Staaten beklagt hat. Was er angeprangert hat, ist allerdings Tatsache. Nur: was will Syrien dagegen unternehmen? Nur wenn die Strukturen angegriffen werden, daß sich die arabische Welt weitgehend auf die Öleinkommen stützt und auf diese Weise mit den Interessen der USA und denen anderer rohstoffproduzierender Mächte eng verbandelt ist, wird es auch eine wirkliche Entwicklung des Widerstands geben. Das ist das Problem. Nur wenn die inneren Strukturen angegriffen werden, kann es zu einer Änderung kommen. Die USA und der ganze Imperialismus sitzen nicht nur in Israel, wo es jeder sehen kann, sondern sie sitzen auch in der arabischen Seite drin. Das ist der Grund, warum die Zustände so existieren können, wie sie existieren.


Gegen jegliche Entsendung bewaffneter Kräfte der Bundesrepublik in den Libanon

Es ist ein um so größeres Ärgernis, daß dieser Krieg jetzt benutzt wird, um erneut die Bundesrepublik tiefer in internationale Kriegswirren zu verstricken, diesmal in den für uns gefährlichsten Kriegsherd im Nahen Osten. Anfangs zögerte man, das in direkter Form zu fordern; da tritt der Vorsitzende derjenigen Partei, die sich gerne als Friedenspartei ausgibt, Beck von der SPD, hervor und fordert die Beteiligung deutscher Militäreinheiten in und um den Libanon. Dies ist die größte Provokation. Man sollte erwarten, daß ein Aufschrei über dieses Ansinnen von der angeblichen Linken durch das Land gehen würde. Das ist bisher nur in Ausnahmen der Fall. Es zeigt sich, wie sehr die sogenannte Friedensbewegung in ihrer Masse bisher das ganze staatliche Gefüge der Bundesrepublik Deutschland stützt. Es ist nämlich eine Sache, wenn eine Regierung schon Opposition gegen einen Irak-Krieg macht, dann auch größere Bewegungen im Lande zu entwickeln, oder ob man diese gegen eine Regierung entwickeln müßte, wie das jetzt der Fall ist. Die Fakten über den israelischen Zionismus und Rassismus sind schlagend, sie können nicht mit den  historischen Vorgängen in Deutschland gegenüber den Juden gerechtfertigt oder entschuldigt werden, zumal die Rolle der Zionisten selber dabei mehr als trübe ist und von ihrer Verwicklung in rassistische Verbrechen gesprochen werden muß.

Kritik an Israel geht auch an die Substanz wesentlicher taktischer und strategischer Vorgehensweisen des Imperialismus, da der Mittlere Osten eine große strategische Bedeutung hat und die ganze Bewegung der Herausziehung der Juden aus den Nationen im 20. Jahrhundert, die gezielt vom Zionismus als reaktionäres Manöver betrieben wurde, selbst auch eine Sache ist, die ständig neu gerechtfertigt werden soll.

Es war auch sehr bezeichnend, daß direkt vor dem Zustandekommen des Waffenstillstandsabkommens bei der Demonstration gegen den imperialistischen Krieg in Berlin die bestehende Absprache über klare Losungen zum Rückzug der israelischen Zionisten aus dem Libanon durch Intervention der Bundeszentrale der PDS über den Haufen geworfen wurde. Mit massiven organistorischen Mitteln wurde eine Änderung des politischen Kurses dieser Demonstrationslosungen erzwungen, was wir – leider als einzige – unmißverständlich und deutlich angegriffen haben. An die Stelle der Forderung „Keine deutschen Waffen an Israel“ wurde die Forderung gesetzt „Keinerlei Waffenlieferungen in die Region“, was angesichts der Hochrüstung Israels, der riesigen Waffenarsenale, eine Benachteiligung derjenigen Kräfte darstellt, die über solche Waffenarsenale nicht verfügen. Und jetzt kommt die Forderung des Herrn Beck, man solle die Bundespolizei (früher „Bundesgrenzschutz“) an der Grenze zwischen Libanon und Syrien stationieren, um dort eventuellen Waffennnachschub zu verhindern. Die Demonstration forderte das, was gleichzeitig in diesen Parteien wie der SPD selbst ausgebrütet wurde und kurze Zeit später herauskam. Das kann man wohl nicht als Zufall sehen, und das wirft auch ein Licht auf die Rolle der sogenannten Linken.PDS, die sich hier als Lumpenverein zur Unterstützung imperialistischer Machenschaften betätigt. Man kann Kräfte in der PDS, die dagegen opponieren, nur auffordern, dies auch lautstark zu tun oder noch härtere Maßnahmen wie Austritte oder organisatorische Maßnahmen im Inneren der PDS zu veranlassen. Wer dem tatenlos zusieht, macht sich jedenfalls mitschuldig.

Auf den Beratungssitzungen für die Demonstration in Berlin entfuhr es einem Vertreter der arabischen Vereine am 2.8. 06 spontan: „Die Linke in Deutschland existiert überhaupt nicht.“ Es gibt eine angebliche Friedensbewegung gegen den imperialistischen Krieg, und wir haben hier einen imperialistischen ungerechten Krieg, aber die Bewegung will dagegen nichts tun.
Diese zu Recht bestehende Feststellung sollte man aber auch erklären. In der Tat ist ja die revolutionäre Linke in Deutschland unterwandert und mit allen Mitteln zerstört worden. Es wurden an ihre Stelle die Grünen und die sogenannte Friedensbewegung gesetzt, und diese Bewegungen sind nicht imstande, die Strukturen der internationalen Herrschaft der Ausbeutung anzugreifen. Bekanntlich gibt es einige wenige Kräfte unter den Linken, die andere Positionen vertreten. Eine solche Isolierung revolutionärer Kräfte ist heute auch keineswegs ungewöhnlich, sie ist in vielen anderen Ländern vorhanden. Sie hängt auch mit der ökonomischen Umstrukturierung in diesen Ländern, namentlich in Deutschland, zusammen. Wenn Vertreter von Ländern, die wie die Palästinenser und Libanesen von Zionismus und Imperialismus mißhandelt werden, hier das Bedürfnis nach Änderungen spüren, sollten sie sich auch mit diesen Kräften prononcierter auseinandersetzen, mit ihnen zusammengehen und die leeren Hoffnungen auf die parlamentarischen Kräfte mit ihren angeblich großen Zahlen und Mitteln erheblich reduzieren.
Man kann auch in keiner Weise von revolutionären Kräften in diesem Land erwarten, daß sie ihre geringen organisatorischen Kräfte zu einem größeren Teil in diese Auseinandersetzung einbringen, wenn gleichzeitig seitens der arabischen Vertreter der Kampf jederzeit wieder aufgegeben werden kann, wenn etwa die Positionen der UNO wieder eingenommen werden. Nur dann, wenn man selber einigermaßen konsequent auftritt, kann man auch konsequente Unterstützung erwarten.

Der Vorschlag von Grenzkontrollen durch deutsche Bundespolizei an der Grenze zwischen Libanon und Syrien  wird inzwischen schon von erfahrenen Leuten im Libanon wie dem Chef der bisherigen UNIFIL-Truppe lächerlich gemacht, da die Bundesrepublik diese Aufgabe gar nicht erfüllen könne, und es gibt viele politische Kräfte, zwar nicht bei der Linken, aber innerhalb der CDU/CSU und FDP, der Gewerkschaft der Polizei und diversen anderen gesellschaftlichen Institutionen, die die Unsinnigkeit eines solchen Vorschlags erkennen.

Die israelischen Zionisten werden auch nicht gezwungen, ihre Marine-Kontrolleinheiten vor der libanesischen Küste abzuziehen. Sie können sich weiterhin anmaßen, dieses Land zu umkreisen. Unter diesen Bedingungen macht Beck den Vorschlag, deutsche Marineeinheiten sollten die Kontrolle des Libanon mit übernehmen und gleichzeitig darauf verpflichtet werden, keinerlei Handlungen gegenüber den israelischen Zionisten zu unternehmen. Dies bedeutet, daß sie die Kontrolle, die Israel ausübt, im Grunde genommen unterstützen sollen.

Überhaupt ist festzustellen, daß dieser Vorschlag, die deutschen Militäreinheiten sollten sich in bestimmten Varianten an dieser Aktion im Libanon beteiligen und sich auf keinen Fall mit Israel konfrontieren, ein Vorschlag ist, der der Neutralität solcher Truppen grundsätzlich widerspricht. Mit solch einer Aussage darf überhaupt keine Truppe in den Libanon gehen. Sie heißt nichts anderes, als daß diese Truppen auf Araber schießen können, aber unter keinen Bedingungen auf Israelis. Das ist Parteinahme von Anfang an und widerspricht sogar formal dem UNO-Statut. Es ist Lakaienhaftigkeit, Servilität und beflissene Unterstützung von Hegemoniepolitik, die die SPD wieder einmal zur Schau trägt. Aber es ist nicht nur die SPD, sondern die ganze große Koalition. Die ganze große Koalition, die die Liquidationspolitik nach innen vorantreibt, die die Unterdrückung der Mehrheit der Bevölkerung massiv verschärft, ist gleichzeitig in diese miserable und gefährliche internationale Politik verwickelt, und man muß wohl annehmen: mit Absicht. Denn wenn immer es in diesem Lande kriseln wird, vielleicht ab dem Jahre 2007, haben sie Möglichkeiten, dann internationale Unruhe mit zu stiften, die gewissermaßen  quer in die Dinge im Lande einbricht. Deswegen:

  • Keinerlei Beteiligung militärischer und auch nicht polizeilicher Art im Libanon
  • Schluß mit den Versuchen, dieses Land vorsätzlich in Konflikte zu verstricken, wie es jetzt von der SPD und der ganzen großen Koalition betrieben wird!


Redaktion Neue Einheit
Hartmut Dicke

 

 

www.neue-einheit.com


neue-einheit.com

 

 

 

• Aktuelle Sonderseite zur Aggression Israels gegen den Libanon


Warum Beck (SPD) und Israel so großen Wert darauf legen, die Bundeswehr in den Libanon zu entsenden
IS 2006-64 - 15.8.06

Die UN-Resolution 1701: Waffenstillstand – und was noch?
IS 2006-63 - 14.8.06

Fakten zur Demonstration am 12.8.06 in Berlin Eigener Bericht, 13.8.06

Okkupation der Demo gegen die israelische Aggression durch die PDS
- Verfälschung der Forderungen!
Gruppe Neue Einheit 9.8.06


Der Krieg Israels in dem Libanon - und seine Konsequenzen

Hartmut Dicke, 29.Juli 2006
IS 2006-54
(Als Extrablatt in pdf-Format)



Die Bundesregierung - aktiver Komplize Israels und der USA bei der Zerbombung des Libanon
IS 2006-50 - 23.7.06

Terrorangriff gegen die Zivilbevölkerung Gazas - Was Israel wirklich will
IS 2006-45 - 1.7.06


Das Schicksal der Palästinenser und das Jahr 1982


Wie an die Frage des Islam herangehen


Über die Herkunft des Judentums - Entwicklung und Bedeutung
von HartmutDicke, 11.Mai 2003

 

Beiträge zum Thema:
Rassismus - Zionismus - Nazismus